fer, und Eßig für Zucker. Der Königliche Rath liebte alles sehr süß. Gottfried hörte überhaupt mehr, als er sahe; war nicht et- wa ordentlich, sondern peinlich. Es verdroß ihn nichts mehr am Junker Gotthard, als daß er die Groschen und Pfenninge oft unbe- rechnet lies. Herzlich freut' er sich über meine Bemerkung: Bruder! zum Kaufmann und tiefen Gelehrten hast du keinen Beruf; die berechnen Pfennige. Dichter aber könn- test du werden -- Nach Noten, erwiederte Junker Gotthard! Gottfried lächelte und dachte vielleicht innerlich, zum tiefen Gelehr- ten mehr Anlage zu haben, als der gnädige Herr! --
Zuweilen übertrieb Gottfried diese An- lage. Wenn er Spielgeld wegtrug, bestand er auf eine Quittung, worüber er einmal bey einem Haare aus dem Regen in die Traufe gekommen wäre. Einen gastfreyen Aus- druck nahm sich Gottfried nicht übel, und kam immer mit heiler Haut davon, wenn gleich er zu weit gieng -- Seine Recht- schaffenheit blickte überall durch. Jeder nahm Parthey, so bald er ihm ins Gesicht sah. Da er sich im Schreiben zu üben Ge- legenheit hatte; glaubt' er auch im Denken
es
fer, und Eßig fuͤr Zucker. Der Koͤnigliche Rath liebte alles ſehr ſuͤß. Gottfried hoͤrte uͤberhaupt mehr, als er ſahe; war nicht et- wa ordentlich, ſondern peinlich. Es verdroß ihn nichts mehr am Junker Gotthard, als daß er die Groſchen und Pfenninge oft unbe- rechnet lies. Herzlich freut’ er ſich uͤber meine Bemerkung: Bruder! zum Kaufmann und tiefen Gelehrten haſt du keinen Beruf; die berechnen Pfennige. Dichter aber koͤnn- teſt du werden — Nach Noten, erwiederte Junker Gotthard! Gottfried laͤchelte und dachte vielleicht innerlich, zum tiefen Gelehr- ten mehr Anlage zu haben, als der gnaͤdige Herr! —
Zuweilen uͤbertrieb Gottfried dieſe An- lage. Wenn er Spielgeld wegtrug, beſtand er auf eine Quittung, woruͤber er einmal bey einem Haare aus dem Regen in die Traufe gekommen waͤre. Einen gaſtfreyen Aus- druck nahm ſich Gottfried nicht uͤbel, und kam immer mit heiler Haut davon, wenn gleich er zu weit gieng — Seine Recht- ſchaffenheit blickte uͤberall durch. Jeder nahm Parthey, ſo bald er ihm ins Geſicht ſah. Da er ſich im Schreiben zu uͤben Ge- legenheit hatte; glaubt’ er auch im Denken
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fer, und Eßig fuͤr Zucker. Der Koͤnigliche
Rath liebte alles ſehr ſuͤß. Gottfried hoͤrte
uͤberhaupt mehr, als er ſahe; war nicht et-
wa ordentlich, ſondern peinlich. Es verdroß
ihn nichts mehr am Junker Gotthard, als
daß er die Groſchen und Pfenninge oft unbe-
rechnet lies. Herzlich freut’ er ſich uͤber
meine Bemerkung: Bruder! zum Kaufmann
und tiefen Gelehrten haſt du keinen Beruf;
die berechnen Pfennige. Dichter aber koͤnn-
teſt du werden — Nach Noten, erwiederte
Junker Gotthard! Gottfried laͤchelte und
dachte vielleicht innerlich, zum tiefen Gelehr-
ten mehr Anlage zu haben, als der gnaͤdige
Herr! —
Zuweilen uͤbertrieb Gottfried dieſe An-
lage. Wenn er Spielgeld wegtrug, beſtand
er auf eine Quittung, woruͤber er einmal bey
einem Haare aus dem Regen in die Traufe
gekommen waͤre. Einen gaſtfreyen Aus-
druck nahm ſich Gottfried nicht uͤbel, und
kam immer mit heiler Haut davon, wenn
gleich er zu weit gieng — Seine Recht-
ſchaffenheit blickte uͤberall durch. Jeder
nahm Parthey, ſo bald er ihm ins Geſicht
ſah. Da er ſich im Schreiben zu uͤben Ge-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/312>, abgerufen am 25.11.2024.
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