Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

fer, und Eßig für Zucker. Der Königliche
Rath liebte alles sehr süß. Gottfried hörte
überhaupt mehr, als er sahe; war nicht et-
wa ordentlich, sondern peinlich. Es verdroß
ihn nichts mehr am Junker Gotthard, als
daß er die Groschen und Pfenninge oft unbe-
rechnet lies. Herzlich freut' er sich über
meine Bemerkung: Bruder! zum Kaufmann
und tiefen Gelehrten hast du keinen Beruf;
die berechnen Pfennige. Dichter aber könn-
test du werden -- Nach Noten, erwiederte
Junker Gotthard! Gottfried lächelte und
dachte vielleicht innerlich, zum tiefen Gelehr-
ten mehr Anlage zu haben, als der gnädige
Herr! --

Zuweilen übertrieb Gottfried diese An-
lage. Wenn er Spielgeld wegtrug, bestand
er auf eine Quittung, worüber er einmal bey
einem Haare aus dem Regen in die Traufe
gekommen wäre. Einen gastfreyen Aus-
druck nahm sich Gottfried nicht übel, und
kam immer mit heiler Haut davon, wenn
gleich er zu weit gieng -- Seine Recht-
schaffenheit blickte überall durch. Jeder
nahm Parthey, so bald er ihm ins Gesicht
sah. Da er sich im Schreiben zu üben Ge-
legenheit hatte; glaubt' er auch im Denken

es

fer, und Eßig fuͤr Zucker. Der Koͤnigliche
Rath liebte alles ſehr ſuͤß. Gottfried hoͤrte
uͤberhaupt mehr, als er ſahe; war nicht et-
wa ordentlich, ſondern peinlich. Es verdroß
ihn nichts mehr am Junker Gotthard, als
daß er die Groſchen und Pfenninge oft unbe-
rechnet lies. Herzlich freut’ er ſich uͤber
meine Bemerkung: Bruder! zum Kaufmann
und tiefen Gelehrten haſt du keinen Beruf;
die berechnen Pfennige. Dichter aber koͤnn-
teſt du werden — Nach Noten, erwiederte
Junker Gotthard! Gottfried laͤchelte und
dachte vielleicht innerlich, zum tiefen Gelehr-
ten mehr Anlage zu haben, als der gnaͤdige
Herr! —

Zuweilen uͤbertrieb Gottfried dieſe An-
lage. Wenn er Spielgeld wegtrug, beſtand
er auf eine Quittung, woruͤber er einmal bey
einem Haare aus dem Regen in die Traufe
gekommen waͤre. Einen gaſtfreyen Aus-
druck nahm ſich Gottfried nicht uͤbel, und
kam immer mit heiler Haut davon, wenn
gleich er zu weit gieng — Seine Recht-
ſchaffenheit blickte uͤberall durch. Jeder
nahm Parthey, ſo bald er ihm ins Geſicht
ſah. Da er ſich im Schreiben zu uͤben Ge-
legenheit hatte; glaubt’ er auch im Denken

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0312" n="306"/>
fer, und Eßig fu&#x0364;r Zucker. Der Ko&#x0364;nigliche<lb/>
Rath liebte alles &#x017F;ehr &#x017F;u&#x0364;ß. Gottfried ho&#x0364;rte<lb/>
u&#x0364;berhaupt mehr, als er &#x017F;ahe; war nicht et-<lb/>
wa ordentlich, &#x017F;ondern peinlich. Es verdroß<lb/>
ihn nichts mehr am <hi rendition="#fr">Junker Gotthard,</hi> als<lb/>
daß er die Gro&#x017F;chen und Pfenninge oft unbe-<lb/>
rechnet lies. Herzlich freut&#x2019; er &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
meine Bemerkung: Bruder! zum Kaufmann<lb/>
und tiefen Gelehrten ha&#x017F;t du keinen Beruf;<lb/>
die berechnen Pfennige. Dichter aber ko&#x0364;nn-<lb/>
te&#x017F;t du werden &#x2014; Nach Noten, erwiederte<lb/>
Junker Gotthard! Gottfried la&#x0364;chelte und<lb/>
dachte vielleicht innerlich, zum tiefen Gelehr-<lb/>
ten mehr Anlage zu haben, als der gna&#x0364;dige<lb/>
Herr! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Zuweilen u&#x0364;bertrieb Gottfried die&#x017F;e An-<lb/>
lage. Wenn er Spielgeld wegtrug, be&#x017F;tand<lb/>
er auf eine Quittung, woru&#x0364;ber er einmal bey<lb/>
einem Haare aus dem Regen in die Traufe<lb/>
gekommen wa&#x0364;re. Einen ga&#x017F;tfreyen Aus-<lb/>
druck nahm &#x017F;ich Gottfried nicht u&#x0364;bel, und<lb/>
kam immer mit heiler Haut davon, wenn<lb/>
gleich er zu weit gieng &#x2014; Seine Recht-<lb/>
&#x017F;chaffenheit blickte u&#x0364;berall durch. Jeder<lb/>
nahm Parthey, &#x017F;o bald er ihm ins Ge&#x017F;icht<lb/>
&#x017F;ah. Da er &#x017F;ich im Schreiben zu u&#x0364;ben Ge-<lb/>
legenheit hatte; glaubt&#x2019; er auch im Denken<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0312] fer, und Eßig fuͤr Zucker. Der Koͤnigliche Rath liebte alles ſehr ſuͤß. Gottfried hoͤrte uͤberhaupt mehr, als er ſahe; war nicht et- wa ordentlich, ſondern peinlich. Es verdroß ihn nichts mehr am Junker Gotthard, als daß er die Groſchen und Pfenninge oft unbe- rechnet lies. Herzlich freut’ er ſich uͤber meine Bemerkung: Bruder! zum Kaufmann und tiefen Gelehrten haſt du keinen Beruf; die berechnen Pfennige. Dichter aber koͤnn- teſt du werden — Nach Noten, erwiederte Junker Gotthard! Gottfried laͤchelte und dachte vielleicht innerlich, zum tiefen Gelehr- ten mehr Anlage zu haben, als der gnaͤdige Herr! — Zuweilen uͤbertrieb Gottfried dieſe An- lage. Wenn er Spielgeld wegtrug, beſtand er auf eine Quittung, woruͤber er einmal bey einem Haare aus dem Regen in die Traufe gekommen waͤre. Einen gaſtfreyen Aus- druck nahm ſich Gottfried nicht uͤbel, und kam immer mit heiler Haut davon, wenn gleich er zu weit gieng — Seine Recht- ſchaffenheit blickte uͤberall durch. Jeder nahm Parthey, ſo bald er ihm ins Geſicht ſah. Da er ſich im Schreiben zu uͤben Ge- legenheit hatte; glaubt’ er auch im Denken es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/312
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/312>, abgerufen am 25.11.2024.