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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Da Petrus Christum verleugnete --

Eben krähete auch jetzt ein Hahn, und
Herr v. G -- war still, kam aus dem Zu-
sammenhang und machte ein Gesicht, als
wolt' er sagen: du hättest auch nicht krähen
dürfen --

Mein Vater that, obgleich es schien, daß
er wider den Sokrates war, ihm die bün-
digste Ehrenerklärung, so bald Herr v. G --
nur nicht auf Kosten des Christenthums dem
Sokrates lobredete. Es war unmöglich, daß
Sokrates und mein Vater nicht gute Freunde
seyn solten.

Cicero, sagte er, nannt' ihn den Adam
der Philosophie, den Vater der Weisen, und
das mit Recht, weil er die Sophisten seiner
Zeit, die mit einem Wortkram von Schola-
lastik geziert waren, so treflich durch gemei-
nes Leben, durch edle Einfalt in die Enge
trieb. Gehts denn unsern Philosophen an-
ders? Sind denn nicht die meisten, den Pro-
fessor Grosvater
nicht ausgenommen, in
Wortsünden empfangen und gebohren? Ha-
ben sie nicht alle sophistische Erbsünde? So-
krates war ein Volksphilosoph, und so ist die
Einfalt zu nehmen, die er frey von sich be-
kannte. Er fieng nicht Fliegen in einem

Spinn-
R 2

Da Petrus Chriſtum verleugnete —

Eben kraͤhete auch jetzt ein Hahn, und
Herr v. G — war ſtill, kam aus dem Zu-
ſammenhang und machte ein Geſicht, als
wolt’ er ſagen: du haͤtteſt auch nicht kraͤhen
duͤrfen —

Mein Vater that, obgleich es ſchien, daß
er wider den Sokrates war, ihm die buͤn-
digſte Ehrenerklaͤrung, ſo bald Herr v. G —
nur nicht auf Koſten des Chriſtenthums dem
Sokrates lobredete. Es war unmoͤglich, daß
Sokrates und mein Vater nicht gute Freunde
ſeyn ſolten.

Cicero, ſagte er, nannt’ ihn den Adam
der Philoſophie, den Vater der Weiſen, und
das mit Recht, weil er die Sophiſten ſeiner
Zeit, die mit einem Wortkram von Schola-
laſtik geziert waren, ſo treflich durch gemei-
nes Leben, durch edle Einfalt in die Enge
trieb. Gehts denn unſern Philoſophen an-
ders? Sind denn nicht die meiſten, den Pro-
feſſor Grosvater
nicht ausgenommen, in
Wortſuͤnden empfangen und gebohren? Ha-
ben ſie nicht alle ſophiſtiſche Erbſuͤnde? So-
krates war ein Volksphiloſoph, und ſo iſt die
Einfalt zu nehmen, die er frey von ſich be-
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[259/0265] Da Petrus Chriſtum verleugnete — Eben kraͤhete auch jetzt ein Hahn, und Herr v. G — war ſtill, kam aus dem Zu- ſammenhang und machte ein Geſicht, als wolt’ er ſagen: du haͤtteſt auch nicht kraͤhen duͤrfen — Mein Vater that, obgleich es ſchien, daß er wider den Sokrates war, ihm die buͤn- digſte Ehrenerklaͤrung, ſo bald Herr v. G — nur nicht auf Koſten des Chriſtenthums dem Sokrates lobredete. Es war unmoͤglich, daß Sokrates und mein Vater nicht gute Freunde ſeyn ſolten. Cicero, ſagte er, nannt’ ihn den Adam der Philoſophie, den Vater der Weiſen, und das mit Recht, weil er die Sophiſten ſeiner Zeit, die mit einem Wortkram von Schola- laſtik geziert waren, ſo treflich durch gemei- nes Leben, durch edle Einfalt in die Enge trieb. Gehts denn unſern Philoſophen an- ders? Sind denn nicht die meiſten, den Pro- feſſor Grosvater nicht ausgenommen, in Wortſuͤnden empfangen und gebohren? Ha- ben ſie nicht alle ſophiſtiſche Erbſuͤnde? So- krates war ein Volksphiloſoph, und ſo iſt die Einfalt zu nehmen, die er frey von ſich be- kannte. Er fieng nicht Fliegen in einem Spinn- R 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/265>, abgerufen am 28.11.2024.