wohl einer Seele, die so schlecht wehnt, Ge- schmack zu --? Niemand hat uns Christi Gestalt rein und lauter beschrieben, weder Lueas, noch die heilige Veronica, und ich ärgre mich, wenn die Mahler und Zeichen- meister sich um die Wette bemühen, einen Christus-Kopf darzustellen. Den werdet ihr nicht treffen, lieben Leutlein! Ein Marien- gesicht, das laß ich gelten, da wolt' ich schwören, daß mein Weib einen Zug von ihr hat. Mein Sohn lag in seinem vierzehnten Jahre ohne Hofnung danieder, und mein Weib, wie Maria des Herrn Mutter: ich bin des Herrn Magd, mir geschehe, wie du gesagt hast -- ich ehre den Sokrates. nicht so wie ich! -- kann seyn, weil ich ein Christ bin --
Und wenn es Sokrates auch gewesen? Christus war er nicht; warum wollen Sie ihm aber den christlichen Glauben absprechen? weil sie ihm die Hand nicht auf seinen Mond- kalbskopf gelegt -- Sie spötteln, und sie predigen! Das that Sokrates auch, und schrieb nicht, so wie wir alle beyde
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wohl einer Seele, die ſo ſchlecht wehnt, Ge- ſchmack zu —? Niemand hat uns Chriſti Geſtalt rein und lauter beſchrieben, weder Lueas, noch die heilige Veronica, und ich aͤrgre mich, wenn die Mahler und Zeichen- meiſter ſich um die Wette bemuͤhen, einen Chriſtus-Kopf darzuſtellen. Den werdet ihr nicht treffen, lieben Leutlein! Ein Marien- geſicht, das laß ich gelten, da wolt’ ich ſchwoͤren, daß mein Weib einen Zug von ihr hat. Mein Sohn lag in ſeinem vierzehnten Jahre ohne Hofnung danieder, und mein Weib, wie Maria des Herrn Mutter: ich bin des Herrn Magd, mir geſchehe, wie du geſagt haſt — ich ehre den Sokrates. nicht ſo wie ich! — kann ſeyn, weil ich ein Chriſt bin —
Und wenn es Sokrates auch geweſen? Chriſtus war er nicht; warum wollen Sie ihm aber den chriſtlichen Glauben abſprechen? weil ſie ihm die Hand nicht auf ſeinen Mond- kalbskopf gelegt — Sie ſpoͤtteln, und ſie predigen! Das that Sokrates auch, und ſchrieb nicht, ſo wie wir alle beyde
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wohl einer Seele, die ſo ſchlecht wehnt, Ge-
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Geſtalt rein und lauter beſchrieben, weder
Lueas, noch die heilige Veronica, und ich
aͤrgre mich, wenn die Mahler und Zeichen-
meiſter ſich um die Wette bemuͤhen, einen
Chriſtus-Kopf darzuſtellen. Den werdet ihr
nicht treffen, lieben Leutlein! Ein Marien-
geſicht, das laß ich gelten, da wolt’ ich
ſchwoͤren, daß mein Weib einen Zug von ihr
hat. Mein Sohn lag in ſeinem vierzehnten
Jahre ohne Hofnung danieder, und mein
Weib, wie Maria des Herrn Mutter: ich
bin des Herrn Magd, mir geſchehe, wie du
geſagt haſt — ich ehre den Sokrates.
nicht ſo wie ich! —
kann ſeyn, weil ich ein Chriſt bin —
Und wenn es Sokrates auch geweſen?
Chriſtus war er nicht; warum wollen Sie
ihm aber den chriſtlichen Glauben abſprechen?
weil ſie ihm die Hand nicht auf ſeinen Mond-
kalbskopf gelegt —
Sie ſpoͤtteln,
und ſie predigen!
Das that Sokrates auch,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/263>, abgerufen am 28.11.2024.
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