Herr, Herr! des Morgens, des Abends und vor und nach Tische sangen und beteten; nicht die Vater unsers, nicht die das Walts ma- chens aus, sondern die den Willen thun des Vaters Jesu Christi im Himmel, sind hier auf gutem, auf ewigem Wege. Da bekamen in die Länge und in die Quer, die sich über den Herrn v. G -- aufgehalten, weil er lange nicht communicirt, und kein Kirchengänger gewesen. Es war deinem Vater nicht anzu- sehen, daß er sein ganzes hebräisch vom Con- versus hatte, und das heißt, eben nicht weit her. Er sagte uns Christenleuten so manches theure werthe Wort, und wahrlich, mein Sohn, er hatt' nicht Unrecht. Die Ortodoxie des Herrn v. G -- will ich an seinen Ort stel- len. Gott gebe, wenn es nicht zur Rechten ist, es wenigstens nicht ganz zur Linken, son- dern von der Seite sey. Der Herr von G -- bekannte und leugnete nicht. Ich bin keiner, sagt er rein heraus, und ohne Sprüchwort. Wenn man aber die jetzige neue Mode, Chri- sten zu seyn, erweget, die unsere junge Herrn (Gott nehm dich in seinen Schutz) von eini- gen Akademien mitbringen; (Heil mit Kö- nigsberg und Göttingen für und für!) so könnt' es wohl heißen: dein Silber, zu re-
den
Herr, Herr! des Morgens, des Abends und vor und nach Tiſche ſangen und beteten; nicht die Vater unſers, nicht die das Walts ma- chens aus, ſondern die den Willen thun des Vaters Jeſu Chriſti im Himmel, ſind hier auf gutem, auf ewigem Wege. Da bekamen in die Laͤnge und in die Quer, die ſich uͤber den Herrn v. G — aufgehalten, weil er lange nicht communicirt, und kein Kirchengaͤnger geweſen. Es war deinem Vater nicht anzu- ſehen, daß er ſein ganzes hebraͤiſch vom Con- verſus hatte, und das heißt, eben nicht weit her. Er ſagte uns Chriſtenleuten ſo manches theure werthe Wort, und wahrlich, mein Sohn, er hatt’ nicht Unrecht. Die Ortodoxie des Herrn v. G — will ich an ſeinen Ort ſtel- len. Gott gebe, wenn es nicht zur Rechten iſt, es wenigſtens nicht ganz zur Linken, ſon- dern von der Seite ſey. Der Herr von G — bekannte und leugnete nicht. Ich bin keiner, ſagt er rein heraus, und ohne Spruͤchwort. Wenn man aber die jetzige neue Mode, Chri- ſten zu ſeyn, erweget, die unſere junge Herrn (Gott nehm dich in ſeinen Schutz) von eini- gen Akademien mitbringen; (Heil mit Koͤ- nigsberg und Goͤttingen fuͤr und fuͤr!) ſo koͤnnt’ es wohl heißen: dein Silber, zu re-
den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0160"n="154"/>
Herr, Herr! des Morgens, des Abends und<lb/>
vor und nach Tiſche ſangen und beteten; nicht<lb/>
die <hirendition="#fr">Vater unſers,</hi> nicht die <hirendition="#fr">das Walts</hi> ma-<lb/>
chens aus, ſondern die den Willen thun des<lb/>
Vaters Jeſu Chriſti im Himmel, ſind hier auf<lb/>
gutem, auf ewigem Wege. Da bekamen in<lb/>
die Laͤnge und in die Quer, die ſich uͤber den<lb/>
Herrn v. G — aufgehalten, weil er lange<lb/>
nicht communicirt, und kein Kirchengaͤnger<lb/>
geweſen. Es war deinem Vater nicht anzu-<lb/>ſehen, daß er ſein ganzes hebraͤiſch vom Con-<lb/>
verſus hatte, und das heißt, eben nicht weit<lb/>
her. Er ſagte uns Chriſtenleuten ſo manches<lb/>
theure werthe Wort, und wahrlich, mein<lb/>
Sohn, er hatt’ nicht Unrecht. Die Ortodoxie<lb/>
des Herrn v. G — will ich an ſeinen Ort ſtel-<lb/>
len. Gott gebe, wenn es nicht zur Rechten<lb/>
iſt, es wenigſtens nicht ganz zur Linken, ſon-<lb/>
dern von der Seite ſey. Der Herr von G —<lb/>
bekannte und leugnete nicht. <hirendition="#fr">Ich bin keiner,</hi><lb/>ſagt er rein heraus, und ohne Spruͤchwort.<lb/>
Wenn man aber die jetzige neue Mode, Chri-<lb/>ſten zu ſeyn, erweget, die unſere junge Herrn<lb/>
(Gott nehm dich in ſeinen Schutz) von eini-<lb/>
gen Akademien mitbringen; (Heil mit Koͤ-<lb/>
nigsberg und Goͤttingen fuͤr und fuͤr!) ſo<lb/>
koͤnnt’ es wohl heißen: <hirendition="#fr">dein Silber,</hi> zu re-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[154/0160]
Herr, Herr! des Morgens, des Abends und
vor und nach Tiſche ſangen und beteten; nicht
die Vater unſers, nicht die das Walts ma-
chens aus, ſondern die den Willen thun des
Vaters Jeſu Chriſti im Himmel, ſind hier auf
gutem, auf ewigem Wege. Da bekamen in
die Laͤnge und in die Quer, die ſich uͤber den
Herrn v. G — aufgehalten, weil er lange
nicht communicirt, und kein Kirchengaͤnger
geweſen. Es war deinem Vater nicht anzu-
ſehen, daß er ſein ganzes hebraͤiſch vom Con-
verſus hatte, und das heißt, eben nicht weit
her. Er ſagte uns Chriſtenleuten ſo manches
theure werthe Wort, und wahrlich, mein
Sohn, er hatt’ nicht Unrecht. Die Ortodoxie
des Herrn v. G — will ich an ſeinen Ort ſtel-
len. Gott gebe, wenn es nicht zur Rechten
iſt, es wenigſtens nicht ganz zur Linken, ſon-
dern von der Seite ſey. Der Herr von G —
bekannte und leugnete nicht. Ich bin keiner,
ſagt er rein heraus, und ohne Spruͤchwort.
Wenn man aber die jetzige neue Mode, Chri-
ſten zu ſeyn, erweget, die unſere junge Herrn
(Gott nehm dich in ſeinen Schutz) von eini-
gen Akademien mitbringen; (Heil mit Koͤ-
nigsberg und Goͤttingen fuͤr und fuͤr!) ſo
koͤnnt’ es wohl heißen: dein Silber, zu re-
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/160>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.