Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

bis zur Stunde, da es heißt: Steht auf!
Du warst zur Wiedergeburt gewöhnt, wahr-
lich, du wirst wiederkommen! Ey, du from-
me und getreue! du bist über wenig treu ge-
wesen! Du wirst zu vielem kommen! Du
warst reines Herzens, du wirst Gott schauen,
du preisest Gott mit deinem Leibe und deinem
Geiste, welche sind Gottes -- Was gesäet
war in Schwachheit, wird auferstehn in
Kraft! -- Eva aß, und gab ihrem Mann
auch davon, und er aß, und doch war Eva
das Weib aller Weiber, die Mutter aller Le-
bendigen. Gute einfältige fromme Seele!
Gott gesegne dich! Vergeß ich dein; so ver-
gesse mein Herz Meiner! Mein Vertrauter,
der aus einem Becher mit mir trinkt, sey
ein Judas, der Gift unter meinen Kuß mi-
sche! In meiner Rechtssache spreche ein
schielender kleiner Bube aus einem Oberge-
richt! Der in der Curländerin Sache sprach,
richte auch meine Sache, wenn von Ehr und
gutem Namen die Red ist! Mit Thränen will
ich erndten, was ich mit Freuden säete! --
Dein Mann, mein Vater, versplitterte oft
das beste Stück Bauholz, woraus ein andrer
eine Kirchenstütze gehauen hätte, wenn ers
im gemeinen Leben brauchte. Er wechselte

ein
K 3

bis zur Stunde, da es heißt: Steht auf!
Du warſt zur Wiedergeburt gewoͤhnt, wahr-
lich, du wirſt wiederkommen! Ey, du from-
me und getreue! du biſt uͤber wenig treu ge-
weſen! Du wirſt zu vielem kommen! Du
warſt reines Herzens, du wirſt Gott ſchauen,
du preiſeſt Gott mit deinem Leibe und deinem
Geiſte, welche ſind Gottes — Was geſaͤet
war in Schwachheit, wird auferſtehn in
Kraft! — Eva aß, und gab ihrem Mann
auch davon, und er aß, und doch war Eva
das Weib aller Weiber, die Mutter aller Le-
bendigen. Gute einfaͤltige fromme Seele!
Gott geſegne dich! Vergeß ich dein; ſo ver-
geſſe mein Herz Meiner! Mein Vertrauter,
der aus einem Becher mit mir trinkt, ſey
ein Judas, der Gift unter meinen Kuß mi-
ſche! In meiner Rechtsſache ſpreche ein
ſchielender kleiner Bube aus einem Oberge-
richt! Der in der Curlaͤnderin Sache ſprach,
richte auch meine Sache, wenn von Ehr und
gutem Namen die Red iſt! Mit Thraͤnen will
ich erndten, was ich mit Freuden ſaͤete! —
Dein Mann, mein Vater, verſplitterte oft
das beſte Stuͤck Bauholz, woraus ein andrer
eine Kirchenſtuͤtze gehauen haͤtte, wenn ers
im gemeinen Leben brauchte. Er wechſelte

ein
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0155" n="149"/>
bis zur Stunde, da es heißt: <hi rendition="#fr">Steht auf!</hi><lb/>
Du war&#x017F;t zur Wiedergeburt gewo&#x0364;hnt, wahr-<lb/>
lich, du wir&#x017F;t wiederkommen! Ey, du from-<lb/>
me und getreue! du bi&#x017F;t u&#x0364;ber wenig treu ge-<lb/>
we&#x017F;en! Du wir&#x017F;t zu vielem kommen! Du<lb/>
war&#x017F;t reines Herzens, du wir&#x017F;t Gott &#x017F;chauen,<lb/>
du prei&#x017F;e&#x017F;t Gott mit deinem Leibe und deinem<lb/>
Gei&#x017F;te, welche &#x017F;ind Gottes &#x2014; Was ge&#x017F;a&#x0364;et<lb/>
war in Schwachheit, wird aufer&#x017F;tehn in<lb/>
Kraft! &#x2014; Eva aß, und gab ihrem Mann<lb/>
auch davon, und er aß, und doch war Eva<lb/>
das Weib aller Weiber, die Mutter aller Le-<lb/>
bendigen. Gute einfa&#x0364;ltige fromme Seele!<lb/>
Gott ge&#x017F;egne dich! Vergeß ich dein; &#x017F;o ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;e mein Herz Meiner! Mein Vertrauter,<lb/>
der aus einem Becher mit mir trinkt, &#x017F;ey<lb/>
ein Judas, der Gift unter meinen Kuß mi-<lb/>
&#x017F;che! In meiner Rechts&#x017F;ache &#x017F;preche ein<lb/>
&#x017F;chielender kleiner Bube aus einem Oberge-<lb/>
richt! Der in der Curla&#x0364;nderin Sache &#x017F;prach,<lb/>
richte auch meine Sache, wenn von Ehr und<lb/>
gutem Namen die Red i&#x017F;t! Mit Thra&#x0364;nen will<lb/>
ich erndten, was ich mit Freuden &#x017F;a&#x0364;ete! &#x2014;<lb/>
Dein Mann, mein Vater, ver&#x017F;plitterte oft<lb/>
das be&#x017F;te Stu&#x0364;ck Bauholz, woraus ein andrer<lb/>
eine Kirchen&#x017F;tu&#x0364;tze gehauen ha&#x0364;tte, wenn ers<lb/>
im gemeinen Leben brauchte. Er wech&#x017F;elte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0155] bis zur Stunde, da es heißt: Steht auf! Du warſt zur Wiedergeburt gewoͤhnt, wahr- lich, du wirſt wiederkommen! Ey, du from- me und getreue! du biſt uͤber wenig treu ge- weſen! Du wirſt zu vielem kommen! Du warſt reines Herzens, du wirſt Gott ſchauen, du preiſeſt Gott mit deinem Leibe und deinem Geiſte, welche ſind Gottes — Was geſaͤet war in Schwachheit, wird auferſtehn in Kraft! — Eva aß, und gab ihrem Mann auch davon, und er aß, und doch war Eva das Weib aller Weiber, die Mutter aller Le- bendigen. Gute einfaͤltige fromme Seele! Gott geſegne dich! Vergeß ich dein; ſo ver- geſſe mein Herz Meiner! Mein Vertrauter, der aus einem Becher mit mir trinkt, ſey ein Judas, der Gift unter meinen Kuß mi- ſche! In meiner Rechtsſache ſpreche ein ſchielender kleiner Bube aus einem Oberge- richt! Der in der Curlaͤnderin Sache ſprach, richte auch meine Sache, wenn von Ehr und gutem Namen die Red iſt! Mit Thraͤnen will ich erndten, was ich mit Freuden ſaͤete! — Dein Mann, mein Vater, verſplitterte oft das beſte Stuͤck Bauholz, woraus ein andrer eine Kirchenſtuͤtze gehauen haͤtte, wenn ers im gemeinen Leben brauchte. Er wechſelte ein K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/155
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/155>, abgerufen am 27.11.2024.