Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Wunder, daß, des Königs von Spanien un-
erachtet, alles mit dem Hieronymo a sancta
fide
so gut beygelegt, und ein für den Con-
versus so vortheilhafter Friede eingegangen
ward.

Wenn meine Mutter zuweilen im heili-
gen Eifer war, sprach sie, wie sie selbst be-
merkte, nach Prophetenart, die es auch, wie
sie glaubte, so böse nicht gemeynt hätten.
Den folgenden Fluch hatte sie aus den Pro-
pheten ausgezogen; nie hat sie ein Glied da-
von gebraucht -- "In der Stadt soll keine
Mühle mehr gehen. Keine Braut soll sich
thres Lieblings freuen. Kein Richter soll ei-
nen Mord rügen, jede Erstgeburt verunglü-
cken. Nie werde gesungen und gesprungen.
Hülle und Fülle sey nirgend, weder im Tem-
pel, noch beym Schmause. Lang wer-
de den Tischgästen die Zeit, wie den Tage-
löhnern, und kein Mark sey auf ihrem Tische;
in ihren Häusern rieche es nach eitel todten
Leichnamen, die den Weyhrauch nicht auf-
kommen laßen, wenn gleich ihn Aarons
Hand wölbt. Wenn es donnert, ergreife
den Einwohner eine Angst, wie eine Gebäh-
rerin, und niemand finde hier volle Gnüge.
Keine Creatur freue sich hier ihres Seyns.

Der

Wunder, daß, des Koͤnigs von Spanien un-
erachtet, alles mit dem Hieronymo a ſancta
fide
ſo gut beygelegt, und ein fuͤr den Con-
verſus ſo vortheilhafter Friede eingegangen
ward.

Wenn meine Mutter zuweilen im heili-
gen Eifer war, ſprach ſie, wie ſie ſelbſt be-
merkte, nach Prophetenart, die es auch, wie
ſie glaubte, ſo boͤſe nicht gemeynt haͤtten.
Den folgenden Fluch hatte ſie aus den Pro-
pheten ausgezogen; nie hat ſie ein Glied da-
von gebraucht — „In der Stadt ſoll keine
Muͤhle mehr gehen. Keine Braut ſoll ſich
thres Lieblings freuen. Kein Richter ſoll ei-
nen Mord ruͤgen, jede Erſtgeburt verungluͤ-
cken. Nie werde geſungen und geſprungen.
Huͤlle und Fuͤlle ſey nirgend, weder im Tem-
pel, noch beym Schmauſe. Lang wer-
de den Tiſchgaͤſten die Zeit, wie den Tage-
loͤhnern, und kein Mark ſey auf ihrem Tiſche;
in ihren Haͤuſern rieche es nach eitel todten
Leichnamen, die den Weyhrauch nicht auf-
kommen laßen, wenn gleich ihn Aarons
Hand woͤlbt. Wenn es donnert, ergreife
den Einwohner eine Angſt, wie eine Gebaͤh-
rerin, und niemand finde hier volle Gnuͤge.
Keine Creatur freue ſich hier ihres Seyns.

Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0146" n="140"/>
Wunder, daß, des Ko&#x0364;nigs von Spanien un-<lb/>
erachtet, alles mit dem <hi rendition="#aq">Hieronymo a &#x017F;ancta<lb/>
fide</hi> &#x017F;o gut beygelegt, und ein fu&#x0364;r den Con-<lb/>
ver&#x017F;us &#x017F;o vortheilhafter Friede eingegangen<lb/>
ward.</p><lb/>
        <p>Wenn meine Mutter zuweilen im heili-<lb/>
gen Eifer war, &#x017F;prach &#x017F;ie, wie &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t be-<lb/>
merkte, nach Prophetenart, die es auch, wie<lb/>
&#x017F;ie glaubte, &#x017F;o bo&#x0364;&#x017F;e nicht gemeynt ha&#x0364;tten.<lb/>
Den <hi rendition="#fr">folgenden</hi> Fluch hatte &#x017F;ie aus den Pro-<lb/>
pheten ausgezogen; nie hat &#x017F;ie ein Glied da-<lb/>
von gebraucht &#x2014; &#x201E;In der Stadt &#x017F;oll keine<lb/>
Mu&#x0364;hle mehr gehen. Keine Braut &#x017F;oll &#x017F;ich<lb/>
thres Lieblings freuen. Kein Richter &#x017F;oll ei-<lb/>
nen Mord ru&#x0364;gen, jede Er&#x017F;tgeburt verunglu&#x0364;-<lb/>
cken. Nie werde ge&#x017F;ungen und ge&#x017F;prungen.<lb/>
Hu&#x0364;lle und Fu&#x0364;lle &#x017F;ey nirgend, weder im Tem-<lb/>
pel, noch beym Schmau&#x017F;e. Lang wer-<lb/>
de den Ti&#x017F;chga&#x0364;&#x017F;ten die Zeit, wie den Tage-<lb/>
lo&#x0364;hnern, und kein Mark &#x017F;ey auf ihrem Ti&#x017F;che;<lb/>
in ihren Ha&#x0364;u&#x017F;ern rieche es nach eitel todten<lb/>
Leichnamen, die den Weyhrauch nicht auf-<lb/>
kommen laßen, wenn gleich ihn <hi rendition="#fr">Aarons</hi><lb/>
Hand wo&#x0364;lbt. Wenn es donnert, ergreife<lb/>
den Einwohner eine Ang&#x017F;t, wie eine Geba&#x0364;h-<lb/>
rerin, und niemand finde hier volle Gnu&#x0364;ge.<lb/>
Keine Creatur freue &#x017F;ich hier ihres Seyns.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0146] Wunder, daß, des Koͤnigs von Spanien un- erachtet, alles mit dem Hieronymo a ſancta fide ſo gut beygelegt, und ein fuͤr den Con- verſus ſo vortheilhafter Friede eingegangen ward. Wenn meine Mutter zuweilen im heili- gen Eifer war, ſprach ſie, wie ſie ſelbſt be- merkte, nach Prophetenart, die es auch, wie ſie glaubte, ſo boͤſe nicht gemeynt haͤtten. Den folgenden Fluch hatte ſie aus den Pro- pheten ausgezogen; nie hat ſie ein Glied da- von gebraucht — „In der Stadt ſoll keine Muͤhle mehr gehen. Keine Braut ſoll ſich thres Lieblings freuen. Kein Richter ſoll ei- nen Mord ruͤgen, jede Erſtgeburt verungluͤ- cken. Nie werde geſungen und geſprungen. Huͤlle und Fuͤlle ſey nirgend, weder im Tem- pel, noch beym Schmauſe. Lang wer- de den Tiſchgaͤſten die Zeit, wie den Tage- loͤhnern, und kein Mark ſey auf ihrem Tiſche; in ihren Haͤuſern rieche es nach eitel todten Leichnamen, die den Weyhrauch nicht auf- kommen laßen, wenn gleich ihn Aarons Hand woͤlbt. Wenn es donnert, ergreife den Einwohner eine Angſt, wie eine Gebaͤh- rerin, und niemand finde hier volle Gnuͤge. Keine Creatur freue ſich hier ihres Seyns. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/146
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/146>, abgerufen am 24.11.2024.