vollbrachten Lebens! Der Deist, wenn ers recht, wenn ers genau nimmt, bankeroutirt, und sein Tod ist ein Prangertodt, ein Spekta- keltodt, als Christ? Alles bezahlt! Solte denn der Christ stärker in seinen Tugenden, fester in seinen Gesinnungen seyn? Solte! Halt! gelehrter Frager, der Christ ist überall kindli- cher. Er thut nichts aus Stolz, oder eitler Ehre. Gott ist Vater, er ist ein kleines Kind, das wo einmal ins Licht greift und sich ver- brennt, das -- --
Wer, Freunde, ist der Engelreine, der nichts auf seinem Herzen und Gewißen hätte? Solch ein Paar Gottes-Menschen, als wir beym Grafen erblickt, finden sich, glaub ich, nicht in vielen Jahren. Wir haben sie aber rühmlichst abgehandelt; indessen haben auch sie gewiß ein Pröbchen ausgehangen. Der Mensch, wenn er alles gethan hat, hat er al- les gedacht? und bleibt er nicht ein unnützer Knecht? Und wer macht das Blutrothe schneeweis, und das Rosinfarbne wie Wolle? Ich glaube nicht, daß Gott der Herr unmit- telbar beleidiget werden könne? Und die cri- mina laesae majestatis diuinae sind, wie schon be- merkt worden, so was menschlich gesagtes, als Gottes Hand, Gottes Fuß, Gottes Auge.
Wer
vollbrachten Lebens! Der Deiſt, wenn ers recht, wenn ers genau nimmt, bankeroutirt, und ſein Tod iſt ein Prangertodt, ein Spekta- keltodt, als Chriſt? Alles bezahlt! Solte denn der Chriſt ſtaͤrker in ſeinen Tugenden, feſter in ſeinen Geſinnungen ſeyn? Solte! Halt! gelehrter Frager, der Chriſt iſt uͤberall kindli- cher. Er thut nichts aus Stolz, oder eitler Ehre. Gott iſt Vater, er iſt ein kleines Kind, das wo einmal ins Licht greift und ſich ver- brennt, das — —
Wer, Freunde, iſt der Engelreine, der nichts auf ſeinem Herzen und Gewißen haͤtte? Solch ein Paar Gottes-Menſchen, als wir beym Grafen erblickt, finden ſich, glaub ich, nicht in vielen Jahren. Wir haben ſie aber ruͤhmlichſt abgehandelt; indeſſen haben auch ſie gewiß ein Proͤbchen ausgehangen. Der Menſch, wenn er alles gethan hat, hat er al- les gedacht? und bleibt er nicht ein unnuͤtzer Knecht? Und wer macht das Blutrothe ſchneeweis, und das Roſinfarbne wie Wolle? Ich glaube nicht, daß Gott der Herr unmit- telbar beleidiget werden koͤnne? Und die cri- mina læſæ majeſtatis diuinæ ſind, wie ſchon be- merkt worden, ſo was menſchlich geſagtes, als Gottes Hand, Gottes Fuß, Gottes Auge.
Wer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0090"n="84"/>
vollbrachten Lebens! Der Deiſt, wenn ers<lb/>
recht, wenn ers genau nimmt, bankeroutirt,<lb/>
und ſein Tod iſt ein Prangertodt, ein Spekta-<lb/>
keltodt, als Chriſt? Alles bezahlt! Solte denn<lb/>
der Chriſt ſtaͤrker in ſeinen Tugenden, feſter<lb/>
in ſeinen Geſinnungen ſeyn? Solte! Halt!<lb/>
gelehrter Frager, der Chriſt iſt uͤberall kindli-<lb/>
cher. Er thut nichts aus Stolz, oder eitler<lb/>
Ehre. Gott iſt Vater, er iſt ein kleines Kind,<lb/>
das wo einmal ins Licht greift und ſich ver-<lb/>
brennt, das ——</p><lb/><p>Wer, Freunde, iſt der Engelreine, der<lb/>
nichts auf ſeinem Herzen und Gewißen haͤtte?<lb/>
Solch ein Paar Gottes-Menſchen, als wir<lb/>
beym Grafen erblickt, finden ſich, glaub ich,<lb/>
nicht in vielen Jahren. Wir haben ſie aber<lb/>
ruͤhmlichſt abgehandelt; indeſſen haben auch<lb/>ſie gewiß ein Proͤbchen ausgehangen. Der<lb/>
Menſch, wenn er alles gethan hat, hat er al-<lb/>
les gedacht? und bleibt er nicht ein unnuͤtzer<lb/>
Knecht? Und wer macht das Blutrothe<lb/>ſchneeweis, und das Roſinfarbne wie Wolle?<lb/>
Ich glaube nicht, daß Gott der Herr unmit-<lb/>
telbar beleidiget werden koͤnne? Und die <hirendition="#aq">cri-<lb/>
mina læſæ majeſtatis diuinæ</hi>ſind, wie ſchon be-<lb/>
merkt worden, ſo was menſchlich geſagtes,<lb/>
als Gottes Hand, Gottes Fuß, Gottes Auge.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wer</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[84/0090]
vollbrachten Lebens! Der Deiſt, wenn ers
recht, wenn ers genau nimmt, bankeroutirt,
und ſein Tod iſt ein Prangertodt, ein Spekta-
keltodt, als Chriſt? Alles bezahlt! Solte denn
der Chriſt ſtaͤrker in ſeinen Tugenden, feſter
in ſeinen Geſinnungen ſeyn? Solte! Halt!
gelehrter Frager, der Chriſt iſt uͤberall kindli-
cher. Er thut nichts aus Stolz, oder eitler
Ehre. Gott iſt Vater, er iſt ein kleines Kind,
das wo einmal ins Licht greift und ſich ver-
brennt, das — —
Wer, Freunde, iſt der Engelreine, der
nichts auf ſeinem Herzen und Gewißen haͤtte?
Solch ein Paar Gottes-Menſchen, als wir
beym Grafen erblickt, finden ſich, glaub ich,
nicht in vielen Jahren. Wir haben ſie aber
ruͤhmlichſt abgehandelt; indeſſen haben auch
ſie gewiß ein Proͤbchen ausgehangen. Der
Menſch, wenn er alles gethan hat, hat er al-
les gedacht? und bleibt er nicht ein unnuͤtzer
Knecht? Und wer macht das Blutrothe
ſchneeweis, und das Roſinfarbne wie Wolle?
Ich glaube nicht, daß Gott der Herr unmit-
telbar beleidiget werden koͤnne? Und die cri-
mina læſæ majeſtatis diuinæ ſind, wie ſchon be-
merkt worden, ſo was menſchlich geſagtes,
als Gottes Hand, Gottes Fuß, Gottes Auge.
Wer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/90>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.