Haupt geneigt. Sie hatten, das sah man ihnen an, schon das Seelentestament deponirt: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände, nimm meinen Geist auf! und nach diesem Testament neigten sie ihr Haupt und verschieden. Die Erde ist des Herrn! Nimm, liebe Mutter, diesen Leib, den du neu gebäh- ren solst -- ich fürchte nicht deinen verschlos- senen Leib -- ich weis, an welchen ich glaube, und bin gewis, daß er diese Beylage bewah- ren werde, bis zu meinem Geburtstage, bis an jenen Tag --
Der eine Mann da, solt' ich mich irren, wenn ich behaupte, daß etwas Zweifel in ihm läge? Eine edle Unruhe -- -- bald hätt' ich sokratische gesagt; allein sie war lange noch nicht sokratisch. -- Es war eine christliche. Baal, erhöre uns, hätte dieser Mann nim- mer und in Ewigkeit gerufen! -- Heute im Paradiese -- heute noch? wo liegt es? Gott von Angesicht zu Angesicht sehen? ein Geist den andern. Ewige Seeligkeit! ewige! in einem weg, ohne daß uns die Zeit, hätt ich
bald
Haupt geneigt. Sie hatten, das ſah man ihnen an, ſchon das Seelenteſtament deponirt: Vater, ich befehle meinen Geiſt in deine Haͤnde, nimm meinen Geiſt auf! und nach dieſem Teſtament neigten ſie ihr Haupt und verſchieden. Die Erde iſt des Herrn! Nimm, liebe Mutter, dieſen Leib, den du neu gebaͤh- ren ſolſt — ich fuͤrchte nicht deinen verſchloſ- ſenen Leib — ich weis, an welchen ich glaube, und bin gewis, daß er dieſe Beylage bewah- ren werde, bis zu meinem Geburtstage, bis an jenen Tag —
Der eine Mann da, ſolt’ ich mich irren, wenn ich behaupte, daß etwas Zweifel in ihm laͤge? Eine edle Unruhe — — bald haͤtt’ ich ſokratiſche geſagt; allein ſie war lange noch nicht ſokratiſch. — Es war eine chriſtliche. Baal, erhoͤre uns, haͤtte dieſer Mann nim- mer und in Ewigkeit gerufen! — Heute im Paradieſe — heute noch? wo liegt es? Gott von Angeſicht zu Angeſicht ſehen? ein Geiſt den andern. Ewige Seeligkeit! ewige! in einem weg, ohne daß uns die Zeit, haͤtt ich
bald
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Haupt geneigt. Sie hatten, das ſah man
ihnen an, ſchon das Seelenteſtament deponirt:
Vater, ich befehle meinen Geiſt in deine
Haͤnde, nimm meinen Geiſt auf! und nach
dieſem Teſtament neigten ſie ihr Haupt und
verſchieden. Die Erde iſt des Herrn! Nimm,
liebe Mutter, dieſen Leib, den du neu gebaͤh-
ren ſolſt — ich fuͤrchte nicht deinen verſchloſ-
ſenen Leib — ich weis, an welchen ich glaube,
und bin gewis, daß er dieſe Beylage bewah-
ren werde, bis zu meinem Geburtstage, bis
an jenen Tag —
Der eine Mann da, ſolt’ ich mich irren,
wenn ich behaupte, daß etwas Zweifel in ihm
laͤge? Eine edle Unruhe — — bald haͤtt’ ich
ſokratiſche geſagt; allein ſie war lange noch
nicht ſokratiſch. — Es war eine chriſtliche.
Baal, erhoͤre uns, haͤtte dieſer Mann nim-
mer und in Ewigkeit gerufen! — Heute im
Paradieſe — heute noch? wo liegt es? Gott
von Angeſicht zu Angeſicht ſehen? ein Geiſt
den andern. Ewige Seeligkeit! ewige! in
einem weg, ohne daß uns die Zeit, haͤtt ich
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/88>, abgerufen am 23.11.2024.
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