beinhäusern Sitt' ist, gestellt habe. -- -- Da ist nicht mehr Tempel und Saal.
Paulus kann unmöglich brünstiger den unbekannten Gottesaltar angesehen ha- ben, als ich den des Grafen, geweihet den Menschen, die Gott nicht als Vater, sondern als Herrn, als Alleinherrscher, anschauen. Ist denn, dacht' ich, Gott den Christen bekann- ter? Wohnet er nicht in einem Lichte, wozu niemand kommen kann? Ist er nicht ein We- sen, das Niemand gesehen hat, und sehen kann? Der Gottverehrer indessen sieht sich selbst im Spiegel, der Christ sieht Christum, wenn bey- de Gott sehen wollen. Ihm, dem Vater aller Dinge, sey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen!
Wir giengen durch mancherley Zimmer zur Capelle, durch viel Trübsal, sagte der Graf, zum Reiche Gottes. Es waren ihrer dreymal sieben. Der Graf liebte diese Zahl sehr, er nannte sie eine Offenbahrungs Johannis Zahl, eine biblische Zahl, und hatte gewiß ein Paar Zimmer (da wolt' ich drauf wetten) eingehen lassen, oder mehr angebauet, um nur die Zahl sieben herauszubringen! Man laß ihm doch die siebente Zahl! Meine Mutter pflegte zu sagen, jeder habe seine Zahl, die ihm am Her-
zen
beinhaͤuſern Sitt’ iſt, geſtellt habe. — — Da iſt nicht mehr Tempel und Saal.
Paulus kann unmoͤglich bruͤnſtiger den unbekannten Gottesaltar angeſehen ha- ben, als ich den des Grafen, geweihet den Menſchen, die Gott nicht als Vater, ſondern als Herrn, als Alleinherrſcher, anſchauen. Iſt denn, dacht’ ich, Gott den Chriſten bekann- ter? Wohnet er nicht in einem Lichte, wozu niemand kommen kann? Iſt er nicht ein We- ſen, das Niemand geſehen hat, und ſehen kann? Der Gottverehrer indeſſen ſieht ſich ſelbſt im Spiegel, der Chriſt ſieht Chriſtum, wenn bey- de Gott ſehen wollen. Ihm, dem Vater aller Dinge, ſey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen!
Wir giengen durch mancherley Zimmer zur Capelle, durch viel Truͤbſal, ſagte der Graf, zum Reiche Gottes. Es waren ihrer dreymal ſieben. Der Graf liebte dieſe Zahl ſehr, er nannte ſie eine Offenbahrungs Johannis Zahl, eine bibliſche Zahl, und hatte gewiß ein Paar Zimmer (da wolt’ ich drauf wetten) eingehen laſſen, oder mehr angebauet, um nur die Zahl ſieben herauszubringen! Man laß ihm doch die ſiebente Zahl! Meine Mutter pflegte zu ſagen, jeder habe ſeine Zahl, die ihm am Her-
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beinhaͤuſern Sitt’ iſt, geſtellt habe. — — Da
iſt nicht mehr Tempel und Saal.
Paulus kann unmoͤglich bruͤnſtiger den
unbekannten Gottesaltar angeſehen ha-
ben, als ich den des Grafen, geweihet den
Menſchen, die Gott nicht als Vater, ſondern
als Herrn, als Alleinherrſcher, anſchauen.
Iſt denn, dacht’ ich, Gott den Chriſten bekann-
ter? Wohnet er nicht in einem Lichte, wozu
niemand kommen kann? Iſt er nicht ein We-
ſen, das Niemand geſehen hat, und ſehen kann?
Der Gottverehrer indeſſen ſieht ſich ſelbſt im
Spiegel, der Chriſt ſieht Chriſtum, wenn bey-
de Gott ſehen wollen. Ihm, dem Vater aller
Dinge, ſey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit,
Amen!
Wir giengen durch mancherley Zimmer
zur Capelle, durch viel Truͤbſal, ſagte der Graf,
zum Reiche Gottes. Es waren ihrer dreymal
ſieben. Der Graf liebte dieſe Zahl ſehr, er
nannte ſie eine Offenbahrungs Johannis Zahl,
eine bibliſche Zahl, und hatte gewiß ein Paar
Zimmer (da wolt’ ich drauf wetten) eingehen
laſſen, oder mehr angebauet, um nur die Zahl
ſieben herauszubringen! Man laß ihm doch
die ſiebente Zahl! Meine Mutter pflegte zu
ſagen, jeder habe ſeine Zahl, die ihm am Her-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/60>, abgerufen am 23.11.2024.
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