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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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daß dieser Period ungerundet blieb. Chri-
sten, hub er vom frischen an, verwandelten ih-
re Höhlen in Capellen, bis Tempel daraus
wurden, und warum nicht? Wohnt gleich
Gott der Herr hier nicht ausschlusweise; woh-
net er doch auch hier. Christus gieng in den
Tempel und nannt' ihn ein Bethaus, das man
zur Mördergrube gemacht hätte. -- Christen
in die Kirche -- Gottgläubige in den Saal.

Wir billigten alle die Gewißenhaftigkeit,
die Peinlichkeit des Grafen, der Christenthum
von Heidenthum, selbst bis auf die Mobilien,
trennte. Werden, fieng ich an, werden doch
unsere christliche Helden in römischen Or-
nat gesteckt, wenn man sie aufhängen, auf-
stellen, und also der Ewigkeit zubringen, und,
wenn ich so frey seyn darf, schon für die Ewig-
keit über die Taufe halten will. Scheint es
gleich überhaupt, daß der Kleiderschnitt, den
wir angenommen haben, nur ein Schlafrock
wäre, und daß, so bald wir zu Ehren gebeten
werden, es römisch seyn müste; so ist es doch
nicht recht und löblich!

Ich stelle, sagte der Graf, alles an seinen
Ort. Wahrlich denn würde wenig zu lehren
und zu lernen seyn, wenn alles so gestellt
wäre. Jezt ist der Haufe blos darum so hoch,

weil

daß dieſer Period ungerundet blieb. Chri-
ſten, hub er vom friſchen an, verwandelten ih-
re Hoͤhlen in Capellen, bis Tempel daraus
wurden, und warum nicht? Wohnt gleich
Gott der Herr hier nicht ausſchlusweiſe; woh-
net er doch auch hier. Chriſtus gieng in den
Tempel und nannt’ ihn ein Bethaus, das man
zur Moͤrdergrube gemacht haͤtte. — Chriſten
in die Kirche — Gottglaͤubige in den Saal.

Wir billigten alle die Gewißenhaftigkeit,
die Peinlichkeit des Grafen, der Chriſtenthum
von Heidenthum, ſelbſt bis auf die Mobilien,
trennte. Werden, fieng ich an, werden doch
unſere chriſtliche Helden in roͤmiſchen Or-
nat geſteckt, wenn man ſie aufhaͤngen, auf-
ſtellen, und alſo der Ewigkeit zubringen, und,
wenn ich ſo frey ſeyn darf, ſchon fuͤr die Ewig-
keit uͤber die Taufe halten will. Scheint es
gleich uͤberhaupt, daß der Kleiderſchnitt, den
wir angenommen haben, nur ein Schlafrock
waͤre, und daß, ſo bald wir zu Ehren gebeten
werden, es roͤmiſch ſeyn muͤſte; ſo iſt es doch
nicht recht und loͤblich!

Ich ſtelle, ſagte der Graf, alles an ſeinen
Ort. Wahrlich denn wuͤrde wenig zu lehren
und zu lernen ſeyn, wenn alles ſo geſtellt
waͤre. Jezt iſt der Haufe blos darum ſo hoch,

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[48/0054] daß dieſer Period ungerundet blieb. Chri- ſten, hub er vom friſchen an, verwandelten ih- re Hoͤhlen in Capellen, bis Tempel daraus wurden, und warum nicht? Wohnt gleich Gott der Herr hier nicht ausſchlusweiſe; woh- net er doch auch hier. Chriſtus gieng in den Tempel und nannt’ ihn ein Bethaus, das man zur Moͤrdergrube gemacht haͤtte. — Chriſten in die Kirche — Gottglaͤubige in den Saal. Wir billigten alle die Gewißenhaftigkeit, die Peinlichkeit des Grafen, der Chriſtenthum von Heidenthum, ſelbſt bis auf die Mobilien, trennte. Werden, fieng ich an, werden doch unſere chriſtliche Helden in roͤmiſchen Or- nat geſteckt, wenn man ſie aufhaͤngen, auf- ſtellen, und alſo der Ewigkeit zubringen, und, wenn ich ſo frey ſeyn darf, ſchon fuͤr die Ewig- keit uͤber die Taufe halten will. Scheint es gleich uͤberhaupt, daß der Kleiderſchnitt, den wir angenommen haben, nur ein Schlafrock waͤre, und daß, ſo bald wir zu Ehren gebeten werden, es roͤmiſch ſeyn muͤſte; ſo iſt es doch nicht recht und loͤblich! Ich ſtelle, ſagte der Graf, alles an ſeinen Ort. Wahrlich denn wuͤrde wenig zu lehren und zu lernen ſeyn, wenn alles ſo geſtellt waͤre. Jezt iſt der Haufe blos darum ſo hoch, weil

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/54>, abgerufen am 23.11.2024.