Den Saal, fieng der Graf an, haben die Weltliche, so nenn ich die Gottgläubige, in Beziehung der Christen, die ich in dieser schnur- geraden Linie Geistliche heiße. Verzeihung, Gevatter, sagte der Graf, indem er zum Pre- diger sich wandte, der tief in Gedanken dar- nieder lag, und unfehlbar mit dem Verleger wegen der zweyten Auflage im Streit war -- Gerne, erwiederte der Prediger. Das Wort Gern war immer seine Antwort, wenn Ver- zeihung die Frage war, er mochte wachen oder träumen. Christen, fuhr der Graf fort, sind allzumahl geistliche Priester! Ja wohl, er- wiederte der Prediger. Der Geistliche konnte den Verleger nicht los werden. Der Graf fuhr weiter fort --
Ob nun gleich Christus, der Erzpriester, kein Altarredner und Kanzelprediger war; sondern statt auf die Kanzel auf einen Berg stieg, wo er eine Predigt hielt, die er drucken laßen; -- der Prediger wie aus der Pistole: von der Sünde wider den heiligen Geist. Ey, Freund! fiel' der Graf ein: in der Bergpre- digt keine Sylbe von der Sünde wider den heiligen Geist. Math. versetzte der Prediger. Recht! endigte der Graf, der während der Zeit das Ob nun gleich verlohren hatte; so
daß
Den Saal, fieng der Graf an, haben die Weltliche, ſo nenn ich die Gottglaͤubige, in Beziehung der Chriſten, die ich in dieſer ſchnur- geraden Linie Geiſtliche heiße. Verzeihung, Gevatter, ſagte der Graf, indem er zum Pre- diger ſich wandte, der tief in Gedanken dar- nieder lag, und unfehlbar mit dem Verleger wegen der zweyten Auflage im Streit war — Gerne, erwiederte der Prediger. Das Wort Gern war immer ſeine Antwort, wenn Ver- zeihung die Frage war, er mochte wachen oder traͤumen. Chriſten, fuhr der Graf fort, ſind allzumahl geiſtliche Prieſter! Ja wohl, er- wiederte der Prediger. Der Geiſtliche konnte den Verleger nicht los werden. Der Graf fuhr weiter fort —
Ob nun gleich Chriſtus, der Erzprieſter, kein Altarredner und Kanzelprediger war; ſondern ſtatt auf die Kanzel auf einen Berg ſtieg, wo er eine Predigt hielt, die er drucken laßen; — der Prediger wie aus der Piſtole: von der Suͤnde wider den heiligen Geiſt. Ey, Freund! fiel’ der Graf ein: in der Bergpre- digt keine Sylbe von der Suͤnde wider den heiligen Geiſt. Math. verſetzte der Prediger. Recht! endigte der Graf, der waͤhrend der Zeit das Ob nun gleich verlohren hatte; ſo
daß
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Den Saal, fieng der Graf an, haben die
Weltliche, ſo nenn ich die Gottglaͤubige, in
Beziehung der Chriſten, die ich in dieſer ſchnur-
geraden Linie Geiſtliche heiße. Verzeihung,
Gevatter, ſagte der Graf, indem er zum Pre-
diger ſich wandte, der tief in Gedanken dar-
nieder lag, und unfehlbar mit dem Verleger
wegen der zweyten Auflage im Streit war —
Gerne, erwiederte der Prediger. Das Wort
Gern war immer ſeine Antwort, wenn Ver-
zeihung die Frage war, er mochte wachen oder
traͤumen. Chriſten, fuhr der Graf fort, ſind
allzumahl geiſtliche Prieſter! Ja wohl, er-
wiederte der Prediger. Der Geiſtliche konnte
den Verleger nicht los werden. Der Graf
fuhr weiter fort —
Ob nun gleich Chriſtus, der Erzprieſter,
kein Altarredner und Kanzelprediger war;
ſondern ſtatt auf die Kanzel auf einen Berg
ſtieg, wo er eine Predigt hielt, die er drucken
laßen; — der Prediger wie aus der Piſtole:
von der Suͤnde wider den heiligen Geiſt. Ey,
Freund! fiel’ der Graf ein: in der Bergpre-
digt keine Sylbe von der Suͤnde wider den
heiligen Geiſt. Math. verſetzte der Prediger.
Recht! endigte der Graf, der waͤhrend der
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/53>, abgerufen am 23.11.2024.
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