ist der Freyheit halber da, die dem menschli- chen Geschlecht ins Herz geschrieben ist. Der Monarch soll so lange grünen und blühen, und leben und hoch leben, bis die Untertha- nen zu ihm kommen und ihm sagen: nun sind wir alle so, daß, wenn uns Gott der Herr ins Paradies setzen wollte, wir nicht essen würden von der verbotnen Frucht. Jezt ist kein Mein und kein Dein mehr zu verzäunen nöthig, wir brauchen keine Besaz und Hypo- thekenbücher, und keinen rothbeschlagenen Richterstuhl weiter. Sey, lieber Herr Kö- nig, wie unser Einer. Sey mit uns, wie Engel Gottes im Himmel, wie Adam vor dem Fall! -- --
Hab ich dich nur von weitem verstanden, so schreib mir ja, Vater, sonst hilf mir zurecht mit einer autentischen Intrepretation.
Die meisten Menschen reden wider den Staat, wider den König. Dergleichen giebts in Preußen, so wie überall; indessen hilft der König sich mit seinen Augen. Sein Aug' ist sein Miniatür. Wenn die Berliner, seine nächste Nachbaren, politisch Kannengießen -- sieht er, und sieht alles rings umher treu und hold, folgsam und gehorsam. -- Er hat ein Gesicht, das man sehen muß, so oft es zu se-
hen
iſt der Freyheit halber da, die dem menſchli- chen Geſchlecht ins Herz geſchrieben iſt. Der Monarch ſoll ſo lange gruͤnen und bluͤhen, und leben und hoch leben, bis die Untertha- nen zu ihm kommen und ihm ſagen: nun ſind wir alle ſo, daß, wenn uns Gott der Herr ins Paradies ſetzen wollte, wir nicht eſſen wuͤrden von der verbotnen Frucht. Jezt iſt kein Mein und kein Dein mehr zu verzaͤunen noͤthig, wir brauchen keine Beſaz und Hypo- thekenbuͤcher, und keinen rothbeſchlagenen Richterſtuhl weiter. Sey, lieber Herr Koͤ- nig, wie unſer Einer. Sey mit uns, wie Engel Gottes im Himmel, wie Adam vor dem Fall! — —
Hab ich dich nur von weitem verſtanden, ſo ſchreib mir ja, Vater, ſonſt hilf mir zurecht mit einer autentiſchen Intrepretation.
Die meiſten Menſchen reden wider den Staat, wider den Koͤnig. Dergleichen giebts in Preußen, ſo wie uͤberall; indeſſen hilft der Koͤnig ſich mit ſeinen Augen. Sein Aug’ iſt ſein Miniatuͤr. Wenn die Berliner, ſeine naͤchſte Nachbaren, politiſch Kannengießen — ſieht er, und ſieht alles rings umher treu und hold, folgſam und gehorſam. — Er hat ein Geſicht, das man ſehen muß, ſo oft es zu ſe-
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iſt der Freyheit halber da, die dem menſchli-
chen Geſchlecht ins Herz geſchrieben iſt. Der
Monarch ſoll ſo lange gruͤnen und bluͤhen,
und leben und hoch leben, bis die Untertha-
nen zu ihm kommen und ihm ſagen: nun ſind
wir alle ſo, daß, wenn uns Gott der Herr
ins Paradies ſetzen wollte, wir nicht eſſen
wuͤrden von der verbotnen Frucht. Jezt iſt
kein Mein und kein Dein mehr zu verzaͤunen
noͤthig, wir brauchen keine Beſaz und Hypo-
thekenbuͤcher, und keinen rothbeſchlagenen
Richterſtuhl weiter. Sey, lieber Herr Koͤ-
nig, wie unſer Einer. Sey mit uns, wie
Engel Gottes im Himmel, wie Adam vor
dem Fall! — —
Hab ich dich nur von weitem verſtanden,
ſo ſchreib mir ja, Vater, ſonſt hilf mir zurecht
mit einer autentiſchen Intrepretation.
Die meiſten Menſchen reden wider den
Staat, wider den Koͤnig. Dergleichen giebts
in Preußen, ſo wie uͤberall; indeſſen hilft der
Koͤnig ſich mit ſeinen Augen. Sein Aug’ iſt
ſein Miniatuͤr. Wenn die Berliner, ſeine
naͤchſte Nachbaren, politiſch Kannengießen —
ſieht er, und ſieht alles rings umher treu und
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/438>, abgerufen am 22.11.2024.
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