schen offen, und da hat er ganz recht. Man fühlt solch eine Freude durch alle Organe. Ich fliege zwar nicht an allen meinen Glie- dern, wiewohl diese Freudenflügel bey einigen im Gebrauch sind; allein alles ist in Bewe- gung an mir. Wo ist aber diese Freudenson- ne blieben? Sie ist hin -- ihre Stäte ist nicht mehr. Eben war es bey mir so schön Maygrün an der Erde, und Mayweiß auf den Bäumen, und siehe da die Bothschaft: Mine ist todt, zertrat jedes Gras, das sein Haupt heben wollte, und zog den Bäumen das weiße Hemd' aus, so daß alles wüst' und leer steht! -- Alles ward so eilig in einem Nu, in einem einzigen, alles so kurz und klein, so verheert und zerstört, alles so bettelarm entkleidet, daß es auch den Kaltherzigen jam- merte. Deinem Vater, das sah ich, geh ich so nah, daß ich ihn drob liebe, als könnt' er hebräisch, wie Wasser. -- Der gute Mann seines Weibes, der gute Vater seines Soh- nes! Alles übrige, was ein jeder Christ und jede Christinn auf seinem und ihrem Herzen und Gewissen hat, die Noth der ganzen Chri- stenheit, besonders das gegenwärtige und zu- künftige Gewitter, fasse ich zusammen in die schönen Worte: Leben wir, so leben wir dem
Herrn,
ſchen offen, und da hat er ganz recht. Man fuͤhlt ſolch eine Freude durch alle Organe. Ich fliege zwar nicht an allen meinen Glie- dern, wiewohl dieſe Freudenfluͤgel bey einigen im Gebrauch ſind; allein alles iſt in Bewe- gung an mir. Wo iſt aber dieſe Freudenſon- ne blieben? Sie iſt hin — ihre Staͤte iſt nicht mehr. Eben war es bey mir ſo ſchoͤn Maygruͤn an der Erde, und Mayweiß auf den Baͤumen, und ſiehe da die Bothſchaft: Mine iſt todt, zertrat jedes Gras, das ſein Haupt heben wollte, und zog den Baͤumen das weiße Hemd’ aus, ſo daß alles wuͤſt’ und leer ſteht! — Alles ward ſo eilig in einem Nu, in einem einzigen, alles ſo kurz und klein, ſo verheert und zerſtoͤrt, alles ſo bettelarm entkleidet, daß es auch den Kaltherzigen jam- merte. Deinem Vater, das ſah ich, geh ich ſo nah, daß ich ihn drob liebe, als koͤnnt’ er hebraͤiſch, wie Waſſer. — Der gute Mann ſeines Weibes, der gute Vater ſeines Soh- nes! Alles uͤbrige, was ein jeder Chriſt und jede Chriſtinn auf ſeinem und ihrem Herzen und Gewiſſen hat, die Noth der ganzen Chri- ſtenheit, beſonders das gegenwaͤrtige und zu- kuͤnftige Gewitter, faſſe ich zuſammen in die ſchoͤnen Worte: Leben wir, ſo leben wir dem
Herrn,
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ſchen offen, und da hat er ganz recht. Man
fuͤhlt ſolch eine Freude durch alle Organe.
Ich fliege zwar nicht an allen meinen Glie-
dern, wiewohl dieſe Freudenfluͤgel bey einigen
im Gebrauch ſind; allein alles iſt in Bewe-
gung an mir. Wo iſt aber dieſe Freudenſon-
ne blieben? Sie iſt hin — ihre Staͤte iſt
nicht mehr. Eben war es bey mir ſo ſchoͤn
Maygruͤn an der Erde, und Mayweiß auf
den Baͤumen, und ſiehe da die Bothſchaft:
Mine iſt todt, zertrat jedes Gras, das ſein
Haupt heben wollte, und zog den Baͤumen
das weiße Hemd’ aus, ſo daß alles wuͤſt’ und
leer ſteht! — Alles ward ſo eilig in einem
Nu, in einem einzigen, alles ſo kurz und klein,
ſo verheert und zerſtoͤrt, alles ſo bettelarm
entkleidet, daß es auch den Kaltherzigen jam-
merte. Deinem Vater, das ſah ich, geh ich
ſo nah, daß ich ihn drob liebe, als koͤnnt’ er
hebraͤiſch, wie Waſſer. — Der gute Mann
ſeines Weibes, der gute Vater ſeines Soh-
nes! Alles uͤbrige, was ein jeder Chriſt und
jede Chriſtinn auf ſeinem und ihrem Herzen
und Gewiſſen hat, die Noth der ganzen Chri-
ſtenheit, beſonders das gegenwaͤrtige und zu-
kuͤnftige Gewitter, faſſe ich zuſammen in die
ſchoͤnen Worte: Leben wir, ſo leben wir dem
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/414>, abgerufen am 22.11.2024.
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