sitze im Sammetrok, oder im Kittel. Schmerz ist ein Präludium zur Freude. Freude ein Präludium zum Schmerz. Es geht in der Welt alles aus Einem Ton, aus Bdur. Freylich leiden wir oft des Ganzen wegen, so wie der Gerechte durchs Gesetz, das eigent- lich nur dem Ungerechten gegeben ist; allein leiden nicht auch viele für uns? Es geht immer mit einander auf. Wie viel Hände sind nicht unsertwegen, eben da ich dies schrei- be, in Bewegung. Die Menschen haben schon einen angebohrnen Trieb zur Hülfsam- keit, sich einander förderlich und dienstlich zu seyn. Du empfindest die Sonne, weist du aber ihre Natur und Wesen, weist du, ob drinn gegessen oder getrunken wird? Das sey dir eine Warnung! Ueber Gott und seine Wege meistre nicht! Dein Standort ist dir nicht recht; weist du aber auch, wo du stehest, und wenn du es weist, siehe wohl zu, daß du nicht fällst. Willst du gerechter, gütiger seyn, als der Allgütige, der Allgerechte? Die Na- tur des Menschen hilft sich durch die Krank- heit; so wie die große Hauptnatur durch Don- ner und Blitz, Hagel und Stürme. Wenn sie sich den Magen verdorben hat, muß es heraus. So lange dir der liebe Gott die
zwey
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ſitze im Sammetrok, oder im Kittel. Schmerz iſt ein Praͤludium zur Freude. Freude ein Praͤludium zum Schmerz. Es geht in der Welt alles aus Einem Ton, aus Bdur. Freylich leiden wir oft des Ganzen wegen, ſo wie der Gerechte durchs Geſetz, das eigent- lich nur dem Ungerechten gegeben iſt; allein leiden nicht auch viele fuͤr uns? Es geht immer mit einander auf. Wie viel Haͤnde ſind nicht unſertwegen, eben da ich dies ſchrei- be, in Bewegung. Die Menſchen haben ſchon einen angebohrnen Trieb zur Huͤlfſam- keit, ſich einander foͤrderlich und dienſtlich zu ſeyn. Du empfindeſt die Sonne, weiſt du aber ihre Natur und Weſen, weiſt du, ob drinn gegeſſen oder getrunken wird? Das ſey dir eine Warnung! Ueber Gott und ſeine Wege meiſtre nicht! Dein Standort iſt dir nicht recht; weiſt du aber auch, wo du ſteheſt, und wenn du es weiſt, ſiehe wohl zu, daß du nicht faͤllſt. Willſt du gerechter, guͤtiger ſeyn, als der Allguͤtige, der Allgerechte? Die Na- tur des Menſchen hilft ſich durch die Krank- heit; ſo wie die große Hauptnatur durch Don- ner und Blitz, Hagel und Stuͤrme. Wenn ſie ſich den Magen verdorben hat, muß es heraus. So lange dir der liebe Gott die
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ſitze im Sammetrok, oder im Kittel. Schmerz
iſt ein Praͤludium zur Freude. Freude ein
Praͤludium zum Schmerz. Es geht in der
Welt alles aus Einem Ton, aus Bdur.
Freylich leiden wir oft des Ganzen wegen, ſo
wie der Gerechte durchs Geſetz, das eigent-
lich nur dem Ungerechten gegeben iſt; allein
leiden nicht auch viele fuͤr uns? Es geht
immer mit einander auf. Wie viel Haͤnde
ſind nicht unſertwegen, eben da ich dies ſchrei-
be, in Bewegung. Die Menſchen haben
ſchon einen angebohrnen Trieb zur Huͤlfſam-
keit, ſich einander foͤrderlich und dienſtlich zu
ſeyn. Du empfindeſt die Sonne, weiſt du
aber ihre Natur und Weſen, weiſt du, ob
drinn gegeſſen oder getrunken wird? Das ſey
dir eine Warnung! Ueber Gott und ſeine
Wege meiſtre nicht! Dein Standort iſt dir
nicht recht; weiſt du aber auch, wo du ſteheſt,
und wenn du es weiſt, ſiehe wohl zu, daß du
nicht faͤllſt. Willſt du gerechter, guͤtiger ſeyn,
als der Allguͤtige, der Allgerechte? Die Na-
tur des Menſchen hilft ſich durch die Krank-
heit; ſo wie die große Hauptnatur durch Don-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/393>, abgerufen am 22.11.2024.
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