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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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cinianer hier unsanft entschlafen; die meisten
haben sich zu einer der größten Classen ohne
meine Mitwürkung bekehret, und sind auf
Prima oder Secunda, oder zur Rechten oder
Linken gestorben. Ich selbst bin ein Christ,
mache mir eine Ehre draus, und alle recht-
schaffene Primaner erkennen mich dafür.

Ha, fieng der Graf, wie aus einer fri-
schen Champagner Bouteille, an. Meine
Mode ist vielen ein Geruch des Todes zum
Tode. Sie spotten mein, und belegen mich
mit apocryphischen Schandnahmen. Es sey
also, ich achte alles für Schaden gegen diese
überschwengliche Erkenntnis. Sterben ist
mein Gewinn, ich schätze mich selbst noch nicht,
daß ichs ergriffen hätte. Eins aber sag' ich,
ich vergesse was dahinten ist, und strecke mich
zu dem, was da vornen ist, und jage nach
dem vorgesteckten Ziel nach dem Kleinod. --
Zwar leugne ich nicht, daß die Kranken- und
Todeswärter auch Träger, von je her, eben
nicht in großen Ansehen gestanden, und daß
schwerlich so lange die Welt steht ein des heili-
gen Römischen Reichs-Graf und Herr sich
damit beschäftiget haben dürfte, aber dafür
hab' ich auch die Ehre, der Erste in dieser Art
zu seyn. Es ist wahrlich ein Stück von Adam

in

cinianer hier unſanft entſchlafen; die meiſten
haben ſich zu einer der groͤßten Claſſen ohne
meine Mitwuͤrkung bekehret, und ſind auf
Prima oder Secunda, oder zur Rechten oder
Linken geſtorben. Ich ſelbſt bin ein Chriſt,
mache mir eine Ehre draus, und alle recht-
ſchaffene Primaner erkennen mich dafuͤr.

Ha, fieng der Graf, wie aus einer fri-
ſchen Champagner Bouteille, an. Meine
Mode iſt vielen ein Geruch des Todes zum
Tode. Sie ſpotten mein, und belegen mich
mit apocryphiſchen Schandnahmen. Es ſey
alſo, ich achte alles fuͤr Schaden gegen dieſe
uͤberſchwengliche Erkenntnis. Sterben iſt
mein Gewinn, ich ſchaͤtze mich ſelbſt noch nicht,
daß ichs ergriffen haͤtte. Eins aber ſag’ ich,
ich vergeſſe was dahinten iſt, und ſtrecke mich
zu dem, was da vornen iſt, und jage nach
dem vorgeſteckten Ziel nach dem Kleinod. —
Zwar leugne ich nicht, daß die Kranken- und
Todeswaͤrter auch Traͤger, von je her, eben
nicht in großen Anſehen geſtanden, und daß
ſchwerlich ſo lange die Welt ſteht ein des heili-
gen Roͤmiſchen Reichs-Graf und Herr ſich
damit beſchaͤftiget haben duͤrfte, aber dafuͤr
hab’ ich auch die Ehre, der Erſte in dieſer Art
zu ſeyn. Es iſt wahrlich ein Stuͤck von Adam

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[31/0037] cinianer hier unſanft entſchlafen; die meiſten haben ſich zu einer der groͤßten Claſſen ohne meine Mitwuͤrkung bekehret, und ſind auf Prima oder Secunda, oder zur Rechten oder Linken geſtorben. Ich ſelbſt bin ein Chriſt, mache mir eine Ehre draus, und alle recht- ſchaffene Primaner erkennen mich dafuͤr. Ha, fieng der Graf, wie aus einer fri- ſchen Champagner Bouteille, an. Meine Mode iſt vielen ein Geruch des Todes zum Tode. Sie ſpotten mein, und belegen mich mit apocryphiſchen Schandnahmen. Es ſey alſo, ich achte alles fuͤr Schaden gegen dieſe uͤberſchwengliche Erkenntnis. Sterben iſt mein Gewinn, ich ſchaͤtze mich ſelbſt noch nicht, daß ichs ergriffen haͤtte. Eins aber ſag’ ich, ich vergeſſe was dahinten iſt, und ſtrecke mich zu dem, was da vornen iſt, und jage nach dem vorgeſteckten Ziel nach dem Kleinod. — Zwar leugne ich nicht, daß die Kranken- und Todeswaͤrter auch Traͤger, von je her, eben nicht in großen Anſehen geſtanden, und daß ſchwerlich ſo lange die Welt ſteht ein des heili- gen Roͤmiſchen Reichs-Graf und Herr ſich damit beſchaͤftiget haben duͤrfte, aber dafuͤr hab’ ich auch die Ehre, der Erſte in dieſer Art zu ſeyn. Es iſt wahrlich ein Stuͤck von Adam in

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/37>, abgerufen am 23.11.2024.