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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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chen, ihn zu grüssen. Mich? fragte sie.
Sagen Sie ihm, ich wendete mich zum Pre-
diger, daß Mine ihm von Herzen vergeben
habe. -- Gretchen hat das Testament. --

Und so kam ich mit dem künstlich gewin-
delten mir auf die Seel gebundenen Werk-
lein von der Sünde wider den heiligen Geist
nach Königsberg. Mein Gefehrter sprang
mir um den Hals, da er mich sahe, und herz-
te und küßte mich. Zu Hause? fieng ich an.
Seit ehegestern, erwiederte er, hause ich, ich
hab es der Blonden in einem schwachen Stünd-
lein versprochen, weil eben heut ein Lauten-
concert, dem Vater zu Ehren, aufgeführet
wird. Gestern war die Probe. Es ward
bey der Probe alles durchs Fenster gespielt.
Heut bin ich in bester Form gebeten -- aber
du kommst mit, wenn nicht, so soll auch heu-
te die würkliche Aufführung durchs Fenster
geschehen. Aber? fieng ich an, ohn' aufs
Mitkommen ein Wort zu geben, und sahe ei-
nen Stoß Bücher und Schriften. Beym
Scherz muß Ernst seyn, beym Zeitvertreib
Arbeit, dic, cur hic! Schön, dacht' ich, und
v. G. (er hies Gotthard mit dem Vornamen)
fuhr fort, da hab' ich mir einige Bücher über
Jagdgerechtigkeit und Jagdungerechtigkeit,

über

chen, ihn zu gruͤſſen. Mich? fragte ſie.
Sagen Sie ihm, ich wendete mich zum Pre-
diger, daß Mine ihm von Herzen vergeben
habe. — Gretchen hat das Teſtament. —

Und ſo kam ich mit dem kuͤnſtlich gewin-
delten mir auf die Seel gebundenen Werk-
lein von der Suͤnde wider den heiligen Geiſt
nach Koͤnigsberg. Mein Gefehrter ſprang
mir um den Hals, da er mich ſahe, und herz-
te und kuͤßte mich. Zu Hauſe? fieng ich an.
Seit ehegeſtern, erwiederte er, hauſe ich, ich
hab es der Blonden in einem ſchwachen Stuͤnd-
lein verſprochen, weil eben heut ein Lauten-
concert, dem Vater zu Ehren, aufgefuͤhret
wird. Geſtern war die Probe. Es ward
bey der Probe alles durchs Fenſter geſpielt.
Heut bin ich in beſter Form gebeten — aber
du kommſt mit, wenn nicht, ſo ſoll auch heu-
te die wuͤrkliche Auffuͤhrung durchs Fenſter
geſchehen. Aber? fieng ich an, ohn’ aufs
Mitkommen ein Wort zu geben, und ſahe ei-
nen Stoß Buͤcher und Schriften. Beym
Scherz muß Ernſt ſeyn, beym Zeitvertreib
Arbeit, dic, cur hic! Schoͤn, dacht’ ich, und
v. G. (er hies Gotthard mit dem Vornamen)
fuhr fort, da hab’ ich mir einige Buͤcher uͤber
Jagdgerechtigkeit und Jagdungerechtigkeit,

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[252/0258] chen, ihn zu gruͤſſen. Mich? fragte ſie. Sagen Sie ihm, ich wendete mich zum Pre- diger, daß Mine ihm von Herzen vergeben habe. — Gretchen hat das Teſtament. — Und ſo kam ich mit dem kuͤnſtlich gewin- delten mir auf die Seel gebundenen Werk- lein von der Suͤnde wider den heiligen Geiſt nach Koͤnigsberg. Mein Gefehrter ſprang mir um den Hals, da er mich ſahe, und herz- te und kuͤßte mich. Zu Hauſe? fieng ich an. Seit ehegeſtern, erwiederte er, hauſe ich, ich hab es der Blonden in einem ſchwachen Stuͤnd- lein verſprochen, weil eben heut ein Lauten- concert, dem Vater zu Ehren, aufgefuͤhret wird. Geſtern war die Probe. Es ward bey der Probe alles durchs Fenſter geſpielt. Heut bin ich in beſter Form gebeten — aber du kommſt mit, wenn nicht, ſo ſoll auch heu- te die wuͤrkliche Auffuͤhrung durchs Fenſter geſchehen. Aber? fieng ich an, ohn’ aufs Mitkommen ein Wort zu geben, und ſahe ei- nen Stoß Buͤcher und Schriften. Beym Scherz muß Ernſt ſeyn, beym Zeitvertreib Arbeit, dic, cur hic! Schoͤn, dacht’ ich, und v. G. (er hies Gotthard mit dem Vornamen) fuhr fort, da hab’ ich mir einige Buͤcher uͤber Jagdgerechtigkeit und Jagdungerechtigkeit, uͤber

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/258>, abgerufen am 23.11.2024.