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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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ben, sollte eine Nachfolge des Originals seyn,
ich wollte nicht den Hauch der Natur von der
Pflaume wegwischen, sondern so, wie sie da
ist, mit diesem Naturathem, der mir wie ein
Heiligenschein vorkommt, wolt ich sie -- da
ist die rothbackigte Birne ohngescheelt, die
Baumwolle auf der Pfirsich, der Sammet
auf der Apricose. Blatt und Stengel oben
ein. -- Was meynt ihr, Freunde! hätt' ich
beßer gethan, alles in Ordnung zu stellen,
und zu nehmen und zu geben, mit Allerseits
anzuheben, mit Dixi zu schlüßen -- ich mag
nicht, sagte mein Vater, freie Gedanken in
die Festung bringen, obgleich er ein König-
scher ein Monarchenfreund war. -- Doch!
ich bin außer dieser Rede noch eine reine Leh-
re schuldig. Und freylich hätt' ich diesen
Pfirsichen-Apricosen- und rothbackigten Bir-
nen-Nachtisch weit füglicher bis ans Ende
versparen, und da erst zum besten geben kön-
nen und sollen. Wer kann sich aber helfen?
Dafür werd ich auch nichts nach diesem christ-
lichen Exercitio exploratorio abkanzeln, noch ei-
ne Kinderlehre für die Kunstrichter anstellen. --

Es trat ein Mädchen auf. Allerliebst!
Nicht mit fliegendem Haar, als stünden sie
ihr zu Berge, nicht mit einem Gewande, als

wär'
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ben, ſollte eine Nachfolge des Originals ſeyn,
ich wollte nicht den Hauch der Natur von der
Pflaume wegwiſchen, ſondern ſo, wie ſie da
iſt, mit dieſem Naturathem, der mir wie ein
Heiligenſchein vorkommt, wolt ich ſie — da
iſt die rothbackigte Birne ohngeſcheelt, die
Baumwolle auf der Pfirſich, der Sammet
auf der Apricoſe. Blatt und Stengel oben
ein. — Was meynt ihr, Freunde! haͤtt’ ich
beßer gethan, alles in Ordnung zu ſtellen,
und zu nehmen und zu geben, mit Allerſeits
anzuheben, mit Dixi zu ſchluͤßen — ich mag
nicht, ſagte mein Vater, freie Gedanken in
die Feſtung bringen, obgleich er ein Koͤnig-
ſcher ein Monarchenfreund war. — Doch!
ich bin außer dieſer Rede noch eine reine Leh-
re ſchuldig. Und freylich haͤtt’ ich dieſen
Pfirſichen-Apricoſen- und rothbackigten Bir-
nen-Nachtiſch weit fuͤglicher bis ans Ende
verſparen, und da erſt zum beſten geben koͤn-
nen und ſollen. Wer kann ſich aber helfen?
Dafuͤr werd ich auch nichts nach dieſem chriſt-
lichen Exercitio exploratorio abkanzeln, noch ei-
ne Kinderlehre fuͤr die Kunſtrichter anſtellen. —

Es trat ein Maͤdchen auf. Allerliebſt!
Nicht mit fliegendem Haar, als ſtuͤnden ſie
ihr zu Berge, nicht mit einem Gewande, als

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[201/0207] ben, ſollte eine Nachfolge des Originals ſeyn, ich wollte nicht den Hauch der Natur von der Pflaume wegwiſchen, ſondern ſo, wie ſie da iſt, mit dieſem Naturathem, der mir wie ein Heiligenſchein vorkommt, wolt ich ſie — da iſt die rothbackigte Birne ohngeſcheelt, die Baumwolle auf der Pfirſich, der Sammet auf der Apricoſe. Blatt und Stengel oben ein. — Was meynt ihr, Freunde! haͤtt’ ich beßer gethan, alles in Ordnung zu ſtellen, und zu nehmen und zu geben, mit Allerſeits anzuheben, mit Dixi zu ſchluͤßen — ich mag nicht, ſagte mein Vater, freie Gedanken in die Feſtung bringen, obgleich er ein Koͤnig- ſcher ein Monarchenfreund war. — Doch! ich bin außer dieſer Rede noch eine reine Leh- re ſchuldig. Und freylich haͤtt’ ich dieſen Pfirſichen-Apricoſen- und rothbackigten Bir- nen-Nachtiſch weit fuͤglicher bis ans Ende verſparen, und da erſt zum beſten geben koͤn- nen und ſollen. Wer kann ſich aber helfen? Dafuͤr werd ich auch nichts nach dieſem chriſt- lichen Exercitio exploratorio abkanzeln, noch ei- ne Kinderlehre fuͤr die Kunſtrichter anſtellen. — Es trat ein Maͤdchen auf. Allerliebſt! Nicht mit fliegendem Haar, als ſtuͤnden ſie ihr zu Berge, nicht mit einem Gewande, als waͤr’ N 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/207>, abgerufen am 24.11.2024.