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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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güter sind Zeitverlust; je weniger wir besitzen,
je mehr Zeit haben wir. Jener Weise lachte,
und jener Weise weinte. Das best' ist, we-
der lachen, noch weinen, den Richtsteig hal-
ten, und mit ernster Heiterkeit wandeln.
Gern leben und gern sterben, heißt, Gott ge-
fallen, denn unser Leben und Tod ist in seiner
Hand. Wer nichts mehr zu hoffen hat, stirbt
gern, und es käm' auf die Prob' an, daß uns
der Arzt allen Hoffnungsfaden abschnitte.
Vielleicht würden wir leichter sterben, als
jetzt, wo sich alles unsrer Lebensart oder Le-
bensgrille bequemet, und uns mit Hofnun-
gen schmeichelt. Wer hat Lust, die Probe
auszuhalten? Die Aerzte machen feig. Wenn
sie nichts thäten, als Todesurtel publiciren:
Du stirbst, du, auch du, auch du; wir wür-
den Helden haben, in jedem Flecken mehr,
als Tag' im Jahr. Ein Blindgebohrner denkt
noch sehend zu werden, und welch ein Un-
glücklicher hoft nicht auf Glück? Wir bringen
eine richtige Summe heraus, der Fehler steckt
nur in der Rubrik dieses und jenes Lebens!
So was allgemeines ist von Gottes Finger
in uns hinein geschrieben. Wir verstehen nur
diese göttliche Schrift nicht recht zu lesen. Ist
es ein so groß Wunder über Wunder, daß

sich

guͤter ſind Zeitverluſt; je weniger wir beſitzen,
je mehr Zeit haben wir. Jener Weiſe lachte,
und jener Weiſe weinte. Das beſt’ iſt, we-
der lachen, noch weinen, den Richtſteig hal-
ten, und mit ernſter Heiterkeit wandeln.
Gern leben und gern ſterben, heißt, Gott ge-
fallen, denn unſer Leben und Tod iſt in ſeiner
Hand. Wer nichts mehr zu hoffen hat, ſtirbt
gern, und es kaͤm’ auf die Prob’ an, daß uns
der Arzt allen Hoffnungsfaden abſchnitte.
Vielleicht wuͤrden wir leichter ſterben, als
jetzt, wo ſich alles unſrer Lebensart oder Le-
bensgrille bequemet, und uns mit Hofnun-
gen ſchmeichelt. Wer hat Luſt, die Probe
auszuhalten? Die Aerzte machen feig. Wenn
ſie nichts thaͤten, als Todesurtel publiciren:
Du ſtirbſt, du, auch du, auch du; wir wuͤr-
den Helden haben, in jedem Flecken mehr,
als Tag’ im Jahr. Ein Blindgebohrner denkt
noch ſehend zu werden, und welch ein Un-
gluͤcklicher hoft nicht auf Gluͤck? Wir bringen
eine richtige Summe heraus, der Fehler ſteckt
nur in der Rubrik dieſes und jenes Lebens!
So was allgemeines iſt von Gottes Finger
in uns hinein geſchrieben. Wir verſtehen nur
dieſe goͤttliche Schrift nicht recht zu leſen. Iſt
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[180/0186] guͤter ſind Zeitverluſt; je weniger wir beſitzen, je mehr Zeit haben wir. Jener Weiſe lachte, und jener Weiſe weinte. Das beſt’ iſt, we- der lachen, noch weinen, den Richtſteig hal- ten, und mit ernſter Heiterkeit wandeln. Gern leben und gern ſterben, heißt, Gott ge- fallen, denn unſer Leben und Tod iſt in ſeiner Hand. Wer nichts mehr zu hoffen hat, ſtirbt gern, und es kaͤm’ auf die Prob’ an, daß uns der Arzt allen Hoffnungsfaden abſchnitte. Vielleicht wuͤrden wir leichter ſterben, als jetzt, wo ſich alles unſrer Lebensart oder Le- bensgrille bequemet, und uns mit Hofnun- gen ſchmeichelt. Wer hat Luſt, die Probe auszuhalten? Die Aerzte machen feig. Wenn ſie nichts thaͤten, als Todesurtel publiciren: Du ſtirbſt, du, auch du, auch du; wir wuͤr- den Helden haben, in jedem Flecken mehr, als Tag’ im Jahr. Ein Blindgebohrner denkt noch ſehend zu werden, und welch ein Un- gluͤcklicher hoft nicht auf Gluͤck? Wir bringen eine richtige Summe heraus, der Fehler ſteckt nur in der Rubrik dieſes und jenes Lebens! So was allgemeines iſt von Gottes Finger in uns hinein geſchrieben. Wir verſtehen nur dieſe goͤttliche Schrift nicht recht zu leſen. Iſt es ein ſo groß Wunder uͤber Wunder, daß ſich

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/186>, abgerufen am 23.11.2024.