erwies, und schüttelte also, es mochte Gefahr seyn oder nicht. Bey einem Manne, wie der Graf, und bey Krankenlägern, die von la- chenden Erben umgeben sind, haben die Her- ren Safts immer gewonnen Spiel, es stehe oder falle.
Der Prediger aus L --, der die Linden- krankheiten aus Erfahrungen kannte, hatte völlig recht, daß diesen Ober- und Untersafts meine Krankheit zu hoch wäre. Freylich steckt eine kranke Seele den gesundesten Leib an, alle Seelenkrankheiten sind ansteckend; allein es war Lebensekel, Lebenskummer -- Ue- berdruß, was mich ergriffen hatte. All die Gebeinhäuser, in die ich herumgeleitet wor- den, hatten meine Einbildungskraft so erhitzt, daß ich würklich nicht todtkrank war, nicht gefährlich krank -- aber beydes zu seyn herz- inniglich wünschte. O Gott! wie sehnte ich mich nach einem selgen Ende! Wie nach Mi- nen! Sie war der Mittelpunkt von allem. Ich suchte meinen Tod überall, auf allen und jeden Gesichtern, und wo ich ein Todeswort fand, wie sehr drückt' ichs ans Herz! Ich war eigentlich nicht krank; allein ich wünscht' es zu werden. Eine der gefährlichsten Ge- müthskrankheiten, wenn es nicht im Apostel-
sinn
K
erwies, und ſchuͤttelte alſo, es mochte Gefahr ſeyn oder nicht. Bey einem Manne, wie der Graf, und bey Krankenlaͤgern, die von la- chenden Erben umgeben ſind, haben die Her- ren Safts immer gewonnen Spiel, es ſtehe oder falle.
Der Prediger aus L —, der die Linden- krankheiten aus Erfahrungen kannte, hatte voͤllig recht, daß dieſen Ober- und Unterſafts meine Krankheit zu hoch waͤre. Freylich ſteckt eine kranke Seele den geſundeſten Leib an, alle Seelenkrankheiten ſind anſteckend; allein es war Lebensekel, Lebenskummer — Ue- berdruß, was mich ergriffen hatte. All die Gebeinhaͤuſer, in die ich herumgeleitet wor- den, hatten meine Einbildungskraft ſo erhitzt, daß ich wuͤrklich nicht todtkrank war, nicht gefaͤhrlich krank — aber beydes zu ſeyn herz- inniglich wuͤnſchte. O Gott! wie ſehnte ich mich nach einem ſelgen Ende! Wie nach Mi- nen! Sie war der Mittelpunkt von allem. Ich ſuchte meinen Tod uͤberall, auf allen und jeden Geſichtern, und wo ich ein Todeswort fand, wie ſehr druͤckt’ ichs ans Herz! Ich war eigentlich nicht krank; allein ich wuͤnſcht’ es zu werden. Eine der gefaͤhrlichſten Ge- muͤthskrankheiten, wenn es nicht im Apoſtel-
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erwies, und ſchuͤttelte alſo, es mochte Gefahr
ſeyn oder nicht. Bey einem Manne, wie der
Graf, und bey Krankenlaͤgern, die von la-
chenden Erben umgeben ſind, haben die Her-
ren Safts immer gewonnen Spiel, es ſtehe
oder falle.
Der Prediger aus L —, der die Linden-
krankheiten aus Erfahrungen kannte, hatte
voͤllig recht, daß dieſen Ober- und Unterſafts
meine Krankheit zu hoch waͤre. Freylich ſteckt
eine kranke Seele den geſundeſten Leib an,
alle Seelenkrankheiten ſind anſteckend; allein
es war Lebensekel, Lebenskummer — Ue-
berdruß, was mich ergriffen hatte. All die
Gebeinhaͤuſer, in die ich herumgeleitet wor-
den, hatten meine Einbildungskraft ſo erhitzt,
daß ich wuͤrklich nicht todtkrank war, nicht
gefaͤhrlich krank — aber beydes zu ſeyn herz-
inniglich wuͤnſchte. O Gott! wie ſehnte ich
mich nach einem ſelgen Ende! Wie nach Mi-
nen! Sie war der Mittelpunkt von allem.
Ich ſuchte meinen Tod uͤberall, auf allen und
jeden Geſichtern, und wo ich ein Todeswort
fand, wie ſehr druͤckt’ ichs ans Herz! Ich
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/151>, abgerufen am 23.11.2024.
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