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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Geendeten und Vollendeten eingeschlagen!
Durch gute und böse Gerüchte, durch man-
cherley Kummer und Leiden, ist sie zu deinen
Freuden eingegangen. -- In Unfrieden gieng
sie aus ihrem Vaterland, in Frieden fuhr sie
zu deiner Herrlichkeit, wo sie ihr französisches
Bündel nicht mehr nöthig hat, den Bettel-
sack. Sie hat mich vielleicht nur im Traum
beleidigt, und hätte sie es auch im Wachen
gethan; hätt' ich den Schlag bekommen, den
ihr Ritter bekam, was nun mehr? Wir sind
hier nicht zu schlagen, sondern geschlagen zu
werden. Verzeih mir, lieber Gott! wenn
ich im Wachen den Traum ihr übel nahm.
Ihrer Seele sey wohl, unter denen, die ge-
kommen sind aus großem Trübsal, und haben
ihre Kleider gewaschen und sie helle gemacht.
Heil ihr, wenn sie im Namen des starb, des,
der unschuldig lebte auf Erden und auch ein
Fremdling war, und in Gottes Hand im
Himmel seine Wohnung bestellte! Nimm
auch ihren Geist in deine Hände, du allge-
meiner Vater! Du Preußens und Curlands
Vater! Ihrem Leibe Ruhe! Er bedarf ih-
rer! -- Ein weiches ungestärktes Sterbtuch
für ihr thränendes Aug! -- Ein stilles
Grab! vollbracht -- Uns alle lehre beden-

ken,

Geendeten und Vollendeten eingeſchlagen!
Durch gute und boͤſe Geruͤchte, durch man-
cherley Kummer und Leiden, iſt ſie zu deinen
Freuden eingegangen. — In Unfrieden gieng
ſie aus ihrem Vaterland, in Frieden fuhr ſie
zu deiner Herrlichkeit, wo ſie ihr franzoͤſiſches
Buͤndel nicht mehr noͤthig hat, den Bettel-
ſack. Sie hat mich vielleicht nur im Traum
beleidigt, und haͤtte ſie es auch im Wachen
gethan; haͤtt’ ich den Schlag bekommen, den
ihr Ritter bekam, was nun mehr? Wir ſind
hier nicht zu ſchlagen, ſondern geſchlagen zu
werden. Verzeih mir, lieber Gott! wenn
ich im Wachen den Traum ihr uͤbel nahm.
Ihrer Seele ſey wohl, unter denen, die ge-
kommen ſind aus großem Truͤbſal, und haben
ihre Kleider gewaſchen und ſie helle gemacht.
Heil ihr, wenn ſie im Namen des ſtarb, des,
der unſchuldig lebte auf Erden und auch ein
Fremdling war, und in Gottes Hand im
Himmel ſeine Wohnung beſtellte! Nimm
auch ihren Geiſt in deine Haͤnde, du allge-
meiner Vater! Du Preußens und Curlands
Vater! Ihrem Leibe Ruhe! Er bedarf ih-
rer! — Ein weiches ungeſtaͤrktes Sterbtuch
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[139/0145] Geendeten und Vollendeten eingeſchlagen! Durch gute und boͤſe Geruͤchte, durch man- cherley Kummer und Leiden, iſt ſie zu deinen Freuden eingegangen. — In Unfrieden gieng ſie aus ihrem Vaterland, in Frieden fuhr ſie zu deiner Herrlichkeit, wo ſie ihr franzoͤſiſches Buͤndel nicht mehr noͤthig hat, den Bettel- ſack. Sie hat mich vielleicht nur im Traum beleidigt, und haͤtte ſie es auch im Wachen gethan; haͤtt’ ich den Schlag bekommen, den ihr Ritter bekam, was nun mehr? Wir ſind hier nicht zu ſchlagen, ſondern geſchlagen zu werden. Verzeih mir, lieber Gott! wenn ich im Wachen den Traum ihr uͤbel nahm. Ihrer Seele ſey wohl, unter denen, die ge- kommen ſind aus großem Truͤbſal, und haben ihre Kleider gewaſchen und ſie helle gemacht. Heil ihr, wenn ſie im Namen des ſtarb, des, der unſchuldig lebte auf Erden und auch ein Fremdling war, und in Gottes Hand im Himmel ſeine Wohnung beſtellte! Nimm auch ihren Geiſt in deine Haͤnde, du allge- meiner Vater! Du Preußens und Curlands Vater! Ihrem Leibe Ruhe! Er bedarf ih- rer! — Ein weiches ungeſtaͤrktes Sterbtuch fuͤr ihr thraͤnendes Aug! — Ein ſtilles Grab! vollbracht — Uns alle lehre beden- ken,

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/145>, abgerufen am 27.11.2024.