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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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lichen Gefängnisstrafe befreyet, indessen fürs
künftige angewiesen, sich eines christlichen ein-
gezogenen Lebenswandels zu befleißigen. -- --
O du sanftes Kopfküssen im Sterben! --
Soll ich appelliren? Fragte der Advokat,
und eine Thräne fiel ihm auf die Abschrift,
die er in Händen hielt. (Er war nur im ersten
Jahr in der Praxi). Nein, sagte sie, Sie
nicht, ich werde appelliren, ich, und sah gen
Himmel! Wenn der arme Schelm vom Ad-
vokaten doch ein ander Handwerk gewählt
hätte. Ich habe nichts, sagte die Curlände-
rin, was ich Ihnen anbieten kann, als hier
diese Bibel von meinem Vater (sie hatte sil-
berne Clausuren --). Wäre sie nicht in Sil-
ber, wie willkommen solte sie mir aus Ihren
Händen seyn, erwiderte der Advokat. Nun
hatte die Curländerin nichts, was einen Rück-
blick nach Sodom veranlaßen können, wenn
sie auch Madam Lot gewesen wäre. Sie war
sicher, daß sie keine Salzsäule werden würde.
Der Weg nach der heiligen Geistgasse, den sie
dreymahl auf- und abgieng, war ihr letzter
in Königsberg. Sie weinte bey diesem Auf-
und Abgang dankbare Thränen! Die besten,
die man weinen kann, und nun? wohin Gott
wolte! Mine gieng in ein Land, das Gott

ihr

lichen Gefaͤngnisſtrafe befreyet, indeſſen fuͤrs
kuͤnftige angewieſen, ſich eines chriſtlichen ein-
gezogenen Lebenswandels zu befleißigen. — —
O du ſanftes Kopfkuͤſſen im Sterben! —
Soll ich appelliren? Fragte der Advokat,
und eine Thraͤne fiel ihm auf die Abſchrift,
die er in Haͤnden hielt. (Er war nur im erſten
Jahr in der Praxi). Nein, ſagte ſie, Sie
nicht, ich werde appelliren, ich, und ſah gen
Himmel! Wenn der arme Schelm vom Ad-
vokaten doch ein ander Handwerk gewaͤhlt
haͤtte. Ich habe nichts, ſagte die Curlaͤnde-
rin, was ich Ihnen anbieten kann, als hier
dieſe Bibel von meinem Vater (ſie hatte ſil-
berne Clauſuren —). Waͤre ſie nicht in Sil-
ber, wie willkommen ſolte ſie mir aus Ihren
Haͤnden ſeyn, erwiderte der Advokat. Nun
hatte die Curlaͤnderin nichts, was einen Ruͤck-
blick nach Sodom veranlaßen koͤnnen, wenn
ſie auch Madam Lot geweſen waͤre. Sie war
ſicher, daß ſie keine Salzſaͤule werden wuͤrde.
Der Weg nach der heiligen Geiſtgaſſe, den ſie
dreymahl auf- und abgieng, war ihr letzter
in Koͤnigsberg. Sie weinte bey dieſem Auf-
und Abgang dankbare Thraͤnen! Die beſten,
die man weinen kann, und nun? wohin Gott
wolte! Mine gieng in ein Land, das Gott

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[134/0140] lichen Gefaͤngnisſtrafe befreyet, indeſſen fuͤrs kuͤnftige angewieſen, ſich eines chriſtlichen ein- gezogenen Lebenswandels zu befleißigen. — — O du ſanftes Kopfkuͤſſen im Sterben! — Soll ich appelliren? Fragte der Advokat, und eine Thraͤne fiel ihm auf die Abſchrift, die er in Haͤnden hielt. (Er war nur im erſten Jahr in der Praxi). Nein, ſagte ſie, Sie nicht, ich werde appelliren, ich, und ſah gen Himmel! Wenn der arme Schelm vom Ad- vokaten doch ein ander Handwerk gewaͤhlt haͤtte. Ich habe nichts, ſagte die Curlaͤnde- rin, was ich Ihnen anbieten kann, als hier dieſe Bibel von meinem Vater (ſie hatte ſil- berne Clauſuren —). Waͤre ſie nicht in Sil- ber, wie willkommen ſolte ſie mir aus Ihren Haͤnden ſeyn, erwiderte der Advokat. Nun hatte die Curlaͤnderin nichts, was einen Ruͤck- blick nach Sodom veranlaßen koͤnnen, wenn ſie auch Madam Lot geweſen waͤre. Sie war ſicher, daß ſie keine Salzſaͤule werden wuͤrde. Der Weg nach der heiligen Geiſtgaſſe, den ſie dreymahl auf- und abgieng, war ihr letzter in Koͤnigsberg. Sie weinte bey dieſem Auf- und Abgang dankbare Thraͤnen! Die beſten, die man weinen kann, und nun? wohin Gott wolte! Mine gieng in ein Land, das Gott ihr

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/140>, abgerufen am 23.11.2024.