zu übersehen, daß die Mitgabe nicht Hochad- lich zugeschnitten wäre. Er entschlos sich al- so zum Incognito, wo es, wenn nur eine reiche Weste hervorsticht, aufs Kleid nicht an- kommt. Der Ritter beschonte seinen adlichen Namen, und legte sich wohlbedächtig einen unadlichen bey. Das junge Paar lebt' also in bürgerlichen Ueberkleidern in -- -- einem preußischen Städtchen, und verzehrte bey ei- ner friedlichen Ehe alles, was es hatte. Die Ritterin fand Ursache, ihren Gemahl für ein gut Spiel in der Hand zu halten, wobey es zwar noch immer auf den Spieler ankommt; da sie indeßen des Dafürhaltens war, daß sie sich schon in die Zeit zu schicken im Stande seyn würde; so lebte sie sorgenlos froh, das heißt, seeliglich. -- In diesem glücklichen Period hatte sie keine Kinder. Die Anzeige, daß ihr Vorrath zum Ende gienge, bracht' einen Nordwind zu Wege, der lange anhielt, wie die Nordwinde gewöhnlich zu thun pfle- gen. Was war zu thun? Unser Ehepaar entschloß sich zur Hauptstadt, und nach man- cherley Hin und Her und Ueberlegen, wollte der Ritter Französischer Sprach- oder Tanz- oder Fechtmeister werden, obgleich er sich schlüßlich als Sprach- und Tanzmeister bey
der
zu uͤberſehen, daß die Mitgabe nicht Hochad- lich zugeſchnitten waͤre. Er entſchlos ſich al- ſo zum Incognito, wo es, wenn nur eine reiche Weſte hervorſticht, aufs Kleid nicht an- kommt. Der Ritter beſchonte ſeinen adlichen Namen, und legte ſich wohlbedaͤchtig einen unadlichen bey. Das junge Paar lebt’ alſo in buͤrgerlichen Ueberkleidern in — — einem preußiſchen Staͤdtchen, und verzehrte bey ei- ner friedlichen Ehe alles, was es hatte. Die Ritterin fand Urſache, ihren Gemahl fuͤr ein gut Spiel in der Hand zu halten, wobey es zwar noch immer auf den Spieler ankommt; da ſie indeßen des Dafuͤrhaltens war, daß ſie ſich ſchon in die Zeit zu ſchicken im Stande ſeyn wuͤrde; ſo lebte ſie ſorgenlos froh, das heißt, ſeeliglich. — In dieſem gluͤcklichen Period hatte ſie keine Kinder. Die Anzeige, daß ihr Vorrath zum Ende gienge, bracht’ einen Nordwind zu Wege, der lange anhielt, wie die Nordwinde gewoͤhnlich zu thun pfle- gen. Was war zu thun? Unſer Ehepaar entſchloß ſich zur Hauptſtadt, und nach man- cherley Hin und Her und Ueberlegen, wollte der Ritter Franzoͤſiſcher Sprach- oder Tanz- oder Fechtmeiſter werden, obgleich er ſich ſchluͤßlich als Sprach- und Tanzmeiſter bey
der
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zu uͤberſehen, daß die Mitgabe nicht Hochad-
lich zugeſchnitten waͤre. Er entſchlos ſich al-
ſo zum Incognito, wo es, wenn nur eine
reiche Weſte hervorſticht, aufs Kleid nicht an-
kommt. Der Ritter beſchonte ſeinen adlichen
Namen, und legte ſich wohlbedaͤchtig einen
unadlichen bey. Das junge Paar lebt’ alſo
in buͤrgerlichen Ueberkleidern in — — einem
preußiſchen Staͤdtchen, und verzehrte bey ei-
ner friedlichen Ehe alles, was es hatte. Die
Ritterin fand Urſache, ihren Gemahl fuͤr ein
gut Spiel in der Hand zu halten, wobey es
zwar noch immer auf den Spieler ankommt;
da ſie indeßen des Dafuͤrhaltens war, daß
ſie ſich ſchon in die Zeit zu ſchicken im Stande
ſeyn wuͤrde; ſo lebte ſie ſorgenlos froh, das
heißt, ſeeliglich. — In dieſem gluͤcklichen
Period hatte ſie keine Kinder. Die Anzeige,
daß ihr Vorrath zum Ende gienge, bracht’
einen Nordwind zu Wege, der lange anhielt,
wie die Nordwinde gewoͤhnlich zu thun pfle-
gen. Was war zu thun? Unſer Ehepaar
entſchloß ſich zur Hauptſtadt, und nach man-
cherley Hin und Her und Ueberlegen, wollte
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/118>, abgerufen am 27.11.2024.
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