war keine Freundin ihrer Nebenbuhlerin, und alle Reimlein fein waren ihr ein süßer Geruch. Was würde sie indeßen zu diesem Auswuchs gesagt haben? "So wie Chri- stus der Herr unter Mörder kam, so auch oft die Dichtkunst, dies' edle Gabe Gottes. Die Sonne gehet auf über Fromme und Gott- lose, und der Regen fällt über Gerechte und Ungerechte." Sie nannte sonst die Poesie Etwas, was der liebe Gott seinen Lieblingen in die Hand stecke, ohne, daß es andere mer- ken. -- Was kann der Geber dafür, setzte sie aber hinzu, wenn der Schlingel in der nächsten Schenke seine Gabe versäuft. -- Doch von allem dem ist schon sonst geprediget worden. --
Herrmann -- -- warum vor der Hand von ihm auch nur ein einzig Wort? --
Der Ritter erhielt vom Pastor L-- so viel als das Haus vermochte. Ein Schelm giebt mehr, als er hat. Der Pastor L-- that sich wehe seines Hochwohlgebohrnen Schwiegersohns halber. Seine andere Toch- ter litte Noth dabey. Sie starb im Hospital. Unser Ritter hatte nie Gelegenheit gehabt, Debet und Credit in seiner eigenen Angelegen- heit abzuschließen; indeßen verstand er doch
zu
war keine Freundin ihrer Nebenbuhlerin, und alle Reimlein fein waren ihr ein ſuͤßer Geruch. Was wuͤrde ſie indeßen zu dieſem Auswuchs geſagt haben? „So wie Chri- ſtus der Herr unter Moͤrder kam, ſo auch oft die Dichtkunſt, dieſ’ edle Gabe Gottes. Die Sonne gehet auf uͤber Fromme und Gott- loſe, und der Regen faͤllt uͤber Gerechte und Ungerechte.“ Sie nannte ſonſt die Poeſie Etwas, was der liebe Gott ſeinen Lieblingen in die Hand ſtecke, ohne, daß es andere mer- ken. — Was kann der Geber dafuͤr, ſetzte ſie aber hinzu, wenn der Schlingel in der naͤchſten Schenke ſeine Gabe verſaͤuft. — Doch von allem dem iſt ſchon ſonſt geprediget worden. —
Herrmann — — warum vor der Hand von ihm auch nur ein einzig Wort? —
Der Ritter erhielt vom Paſtor L— ſo viel als das Haus vermochte. Ein Schelm giebt mehr, als er hat. Der Paſtor L— that ſich wehe ſeines Hochwohlgebohrnen Schwiegerſohns halber. Seine andere Toch- ter litte Noth dabey. Sie ſtarb im Hoſpital. Unſer Ritter hatte nie Gelegenheit gehabt, Debet und Credit in ſeiner eigenen Angelegen- heit abzuſchließen; indeßen verſtand er doch
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war keine Freundin ihrer Nebenbuhlerin,
und alle Reimlein fein waren ihr ein ſuͤßer
Geruch. Was wuͤrde ſie indeßen zu dieſem
Auswuchs geſagt haben? „So wie Chri-
ſtus der Herr unter Moͤrder kam, ſo auch
oft die Dichtkunſt, dieſ’ edle Gabe Gottes.
Die Sonne gehet auf uͤber Fromme und Gott-
loſe, und der Regen faͤllt uͤber Gerechte und
Ungerechte.“ Sie nannte ſonſt die Poeſie
Etwas, was der liebe Gott ſeinen Lieblingen
in die Hand ſtecke, ohne, daß es andere mer-
ken. — Was kann der Geber dafuͤr, ſetzte
ſie aber hinzu, wenn der Schlingel in der
naͤchſten Schenke ſeine Gabe verſaͤuft. —
Doch von allem dem iſt ſchon ſonſt geprediget
worden. —
Herrmann — — warum vor der Hand
von ihm auch nur ein einzig Wort? —
Der Ritter erhielt vom Paſtor L— ſo
viel als das Haus vermochte. Ein Schelm
giebt mehr, als er hat. Der Paſtor L—
that ſich wehe ſeines Hochwohlgebohrnen
Schwiegerſohns halber. Seine andere Toch-
ter litte Noth dabey. Sie ſtarb im Hoſpital.
Unſer Ritter hatte nie Gelegenheit gehabt,
Debet und Credit in ſeiner eigenen Angelegen-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/117>, abgerufen am 23.11.2024.
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