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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Ich will ihre Geschichte in tertia persona
geben, ohne zu bemerken, ob ich die Umstän-
de von ihr selbst, oder vom Grafen empfan-
gen. Ihre Schicksale waren höchst traurig.
Der Ritter hatte würklich Neigung zur jüng-
sten Tochter des Pastors L-- Die Ohrfeige
gab den Ausschlag. Er hatte in Curland
nichts zu verlieren, als mensam ambulatoriam,
zu deutsch, Krippenritt, und da Pastor L--
von je her seine Gebehrde so zu verstellen wuß-
te, daß man ihn reich hielt; kostete es dem
Krippenritter wenig Mühe, seinen Freunden
Tisch und Krippe aufzusagen. Ihre Anzüg-
lichkeiten gegen ihn, womit sie ihm alles ver-
salzten, was er genoß, nachdem er geschlagen
war, bestimmten ihn völlig. Der Weinstock
seiner Gönner war ihm des Weinstocks zu
Sodom und von dem Acker Gomorra. Ihre
Trauben waren ihm Galle, sie hatten bittere
Beeren. Ihr Wein war ihm Drachengift
und wütige Ottern Galle. Worte, über wel-
che der Casuist Pastor L-- seinem Schwie-
gersohn eine Abschiedspredigt hielt, und sich
wegen zeither genoßener Höflichkeiten im Na-
men deßelben bey seinen Tischfreunden be-
dankte; obgleich in Curland Weinstock und
Traube Etwas wildfremdes ist. Zu lesen im

5. B.

Ich will ihre Geſchichte in tertia perſona
geben, ohne zu bemerken, ob ich die Umſtaͤn-
de von ihr ſelbſt, oder vom Grafen empfan-
gen. Ihre Schickſale waren hoͤchſt traurig.
Der Ritter hatte wuͤrklich Neigung zur juͤng-
ſten Tochter des Paſtors L— Die Ohrfeige
gab den Ausſchlag. Er hatte in Curland
nichts zu verlieren, als menſam ambulatoriam,
zu deutſch, Krippenritt, und da Paſtor L—
von je her ſeine Gebehrde ſo zu verſtellen wuß-
te, daß man ihn reich hielt; koſtete es dem
Krippenritter wenig Muͤhe, ſeinen Freunden
Tiſch und Krippe aufzuſagen. Ihre Anzuͤg-
lichkeiten gegen ihn, womit ſie ihm alles ver-
ſalzten, was er genoß, nachdem er geſchlagen
war, beſtimmten ihn voͤllig. Der Weinſtock
ſeiner Goͤnner war ihm des Weinſtocks zu
Sodom und von dem Acker Gomorra. Ihre
Trauben waren ihm Galle, ſie hatten bittere
Beeren. Ihr Wein war ihm Drachengift
und wuͤtige Ottern Galle. Worte, uͤber wel-
che der Caſuiſt Paſtor L— ſeinem Schwie-
gerſohn eine Abſchiedspredigt hielt, und ſich
wegen zeither genoßener Hoͤflichkeiten im Na-
men deßelben bey ſeinen Tiſchfreunden be-
dankte; obgleich in Curland Weinſtock und
Traube Etwas wildfremdes iſt. Zu leſen im

5. B.
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[108/0114] Ich will ihre Geſchichte in tertia perſona geben, ohne zu bemerken, ob ich die Umſtaͤn- de von ihr ſelbſt, oder vom Grafen empfan- gen. Ihre Schickſale waren hoͤchſt traurig. Der Ritter hatte wuͤrklich Neigung zur juͤng- ſten Tochter des Paſtors L— Die Ohrfeige gab den Ausſchlag. Er hatte in Curland nichts zu verlieren, als menſam ambulatoriam, zu deutſch, Krippenritt, und da Paſtor L— von je her ſeine Gebehrde ſo zu verſtellen wuß- te, daß man ihn reich hielt; koſtete es dem Krippenritter wenig Muͤhe, ſeinen Freunden Tiſch und Krippe aufzuſagen. Ihre Anzuͤg- lichkeiten gegen ihn, womit ſie ihm alles ver- ſalzten, was er genoß, nachdem er geſchlagen war, beſtimmten ihn voͤllig. Der Weinſtock ſeiner Goͤnner war ihm des Weinſtocks zu Sodom und von dem Acker Gomorra. Ihre Trauben waren ihm Galle, ſie hatten bittere Beeren. Ihr Wein war ihm Drachengift und wuͤtige Ottern Galle. Worte, uͤber wel- che der Caſuiſt Paſtor L— ſeinem Schwie- gerſohn eine Abſchiedspredigt hielt, und ſich wegen zeither genoßener Hoͤflichkeiten im Na- men deßelben bey ſeinen Tiſchfreunden be- dankte; obgleich in Curland Weinſtock und Traube Etwas wildfremdes iſt. Zu leſen im 5. B.

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/114>, abgerufen am 27.11.2024.