hat, alles zu Einem einzulenken, und kein Rad zu viel und keins zu wenig in seinem Buch zu uhrmachen, je mehr Ganzes ist da. Man sagt: Ein Apostel Paulus, Ein Rath, Eine christliche Gemeine wolle mit gebühren- der Andacht verlesen hören. -- -- Gott schuf nur einen Menschen! sein Bild! und wenn ihr Herren Präadamiten in die Kreuz und in die Queere euch dagegen bäumet. In dem Gedanken: Ein Mensch und sein Weib von ihm genommen, liegt was Göttliches, was Großes! was -- Ein System, wenn es so ganz da liegt, so ganz, wie Thier und Mensch, ist Arbeit eines Halbgottes. Wo ist ein System dieser Art? Wenn es ja fer- tig werden kann, wird es das Werk eines Deutschen seyn. -- Im System geht man vom Ganzen zu den Theilen. Man sieht den Menschen ganz. Ein Blick ist genug hiezu, und sodann anatomirt man ihn. -- Sonst geht man von den Theilen zum Ganzen. Ein System heißt nicht Compendium, und ist nicht ein auf Drat gezogenes Gerippe. Seht die Welt! Sie ist ein Mensch im Großen. So ganz wie ein Mensch. Gott sieht sie, wie ich meinen Haushahn, meinen Philax, meinen Leopold; wir aber finden sie so in
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hat, alles zu Einem einzulenken, und kein Rad zu viel und keins zu wenig in ſeinem Buch zu uhrmachen, je mehr Ganzes iſt da. Man ſagt: Ein Apoſtel Paulus, Ein Rath, Eine chriſtliche Gemeine wolle mit gebuͤhren- der Andacht verleſen hoͤren. — — Gott ſchuf nur einen Menſchen! ſein Bild! und wenn ihr Herren Praͤadamiten in die Kreuz und in die Queere euch dagegen baͤumet. In dem Gedanken: Ein Menſch und ſein Weib von ihm genommen, liegt was Goͤttliches, was Großes! was — Ein Syſtem, wenn es ſo ganz da liegt, ſo ganz, wie Thier und Menſch, iſt Arbeit eines Halbgottes. Wo iſt ein Syſtem dieſer Art? Wenn es ja fer- tig werden kann, wird es das Werk eines Deutſchen ſeyn. — Im Syſtem geht man vom Ganzen zu den Theilen. Man ſieht den Menſchen ganz. Ein Blick iſt genug hiezu, und ſodann anatomirt man ihn. — Sonſt geht man von den Theilen zum Ganzen. Ein Syſtem heißt nicht Compendium, und iſt nicht ein auf Drat gezogenes Gerippe. Seht die Welt! Sie iſt ein Menſch im Großen. So ganz wie ein Menſch. Gott ſieht ſie, wie ich meinen Haushahn, meinen Philax, meinen Leopold; wir aber finden ſie ſo in
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hat, alles zu Einem einzulenken, und kein
Rad zu viel und keins zu wenig in ſeinem
Buch zu uhrmachen, je mehr Ganzes iſt da.
Man ſagt: Ein Apoſtel Paulus, Ein Rath,
Eine chriſtliche Gemeine wolle mit gebuͤhren-
der Andacht verleſen hoͤren. — — Gott
ſchuf nur einen Menſchen! ſein Bild! und
wenn ihr Herren Praͤadamiten in die Kreuz
und in die Queere euch dagegen baͤumet. In
dem Gedanken: Ein Menſch und ſein Weib
von ihm genommen, liegt was Goͤttliches,
was Großes! was — Ein Syſtem, wenn
es ſo ganz da liegt, ſo ganz, wie Thier und
Menſch, iſt Arbeit eines Halbgottes. Wo
iſt ein Syſtem dieſer Art? Wenn es ja fer-
tig werden kann, wird es das Werk eines
Deutſchen ſeyn. — Im Syſtem geht man
vom Ganzen zu den Theilen. Man ſieht den
Menſchen ganz. Ein Blick iſt genug hiezu,
und ſodann anatomirt man ihn. — Sonſt
geht man von den Theilen zum Ganzen. Ein
Syſtem heißt nicht Compendium, und iſt
nicht ein auf Drat gezogenes Gerippe. Seht
die Welt! Sie iſt ein Menſch im Großen.
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/89>, abgerufen am 23.11.2024.
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