wortete. Wie sehr es mir zur Beruhigung gereichte, daß alles meinen Schmerz mit em- pfand, kann ich nicht aussprechen. Er vertheilte sich, doch blieb für mich so viel zu- rück, daß mir das Leben wie gar nichts war! Diese Empfindung hätt' ich um alles nicht weggegeben.
Da wir heraus giengen, und ich Minen noch zum leztenmal ansehen wolte, konnt' ich es nicht. -- Ich war mit Blindheit ge- schlagen; allein mein Ohr und Herz hörte die Worte, welche der Prediger, der sich ans Sarg stelte, mit gerührter Seel' aussprach: Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang, von nun an bis in Ewigkeit! Und nun kamen zwey Leute, die den Sarg fest zudrückten, und nach diesem schrecklichen Zudruck sich zu uns mit den Worten wende- ten: Gott bescheer' uns allen eine selige Nachfahrt! Sie hielten ihre Mützen vor und beteten, und wir beteten alle! --
Minens Sarg war sehr einfach, ohn' alle Verzierung. Sie hatt' es nicht aus- drücklich so angeordnet; allein sie bezeugte ihr Misfallen, daß der Sarg ihres Verwand- ten zu gekünstelt gewesen. -- Schon lange zuvor ward ich vom guten Prediger befragt,
ob
wortete. Wie ſehr es mir zur Beruhigung gereichte, daß alles meinen Schmerz mit em- pfand, kann ich nicht ausſprechen. Er vertheilte ſich, doch blieb fuͤr mich ſo viel zu- ruͤck, daß mir das Leben wie gar nichts war! Dieſe Empfindung haͤtt’ ich um alles nicht weggegeben.
Da wir heraus giengen, und ich Minen noch zum leztenmal anſehen wolte, konnt’ ich es nicht. — Ich war mit Blindheit ge- ſchlagen; allein mein Ohr und Herz hoͤrte die Worte, welche der Prediger, der ſich ans Sarg ſtelte, mit geruͤhrter Seel’ ausſprach: Der Herr behuͤte deinen Ausgang und Eingang, von nun an bis in Ewigkeit! Und nun kamen zwey Leute, die den Sarg feſt zudruͤckten, und nach dieſem ſchrecklichen Zudruck ſich zu uns mit den Worten wende- ten: Gott beſcheer’ uns allen eine ſelige Nachfahrt! Sie hielten ihre Muͤtzen vor und beteten, und wir beteten alle! —
Minens Sarg war ſehr einfach, ohn’ alle Verzierung. Sie hatt’ es nicht aus- druͤcklich ſo angeordnet; allein ſie bezeugte ihr Misfallen, daß der Sarg ihres Verwand- ten zu gekuͤnſtelt geweſen. — Schon lange zuvor ward ich vom guten Prediger befragt,
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wortete. Wie ſehr es mir zur Beruhigung
gereichte, daß alles meinen Schmerz mit em-
pfand, kann ich nicht ausſprechen. Er
vertheilte ſich, doch blieb fuͤr mich ſo viel zu-
ruͤck, daß mir das Leben wie gar nichts war!
Dieſe Empfindung haͤtt’ ich um alles nicht
weggegeben.
Da wir heraus giengen, und ich Minen
noch zum leztenmal anſehen wolte, konnt’
ich es nicht. — Ich war mit Blindheit ge-
ſchlagen; allein mein Ohr und Herz hoͤrte
die Worte, welche der Prediger, der ſich ans
Sarg ſtelte, mit geruͤhrter Seel’ ausſprach:
Der Herr behuͤte deinen Ausgang und
Eingang, von nun an bis in Ewigkeit!
Und nun kamen zwey Leute, die den Sarg
feſt zudruͤckten, und nach dieſem ſchrecklichen
Zudruck ſich zu uns mit den Worten wende-
ten: Gott beſcheer’ uns allen eine ſelige
Nachfahrt! Sie hielten ihre Muͤtzen vor
und beteten, und wir beteten alle! —
Minens Sarg war ſehr einfach, ohn’
alle Verzierung. Sie hatt’ es nicht aus-
druͤcklich ſo angeordnet; allein ſie bezeugte
ihr Misfallen, daß der Sarg ihres Verwand-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/636>, abgerufen am 24.11.2024.
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