solst sein Grab sehen, und ein Ehrenzeichen oben drauf. Gönn' ihm die Ruhe, aönn sie dir selbst. -- Sein Andenken sey uns ewig heilig! -- Bist du vorbereitet? Hast du den lezten Tropfen Thränen in deinem Aug ver- wischt, hast du Stärke hinauf zu blicken? Wohlan! Dort oben schläft Franz! --
Sie sah mit einem umfassenden Blick. Ach, seufzte Luise! schlug ein Kreuz vor ihre Brust, und sank todt zur Erde.
Heut hab' ich einen Leichenschmauß! Alle meine Kinder sind bey mir! Komm auch, Nachbar! -- Damit alles paarweis' gehe, hab' ich die Wittwe Marthe eingeladen. Du wirst Gelegenheit haben, an deine selige Frau zu denken, wenn du die Wittwe Marthe, deiner Seligen leibliche Schwester siehst, und wenn du auf meinem Leichenschmause bist -- ich hab' einen Enkel verloren, einen Kern- jungen. Der Tod hatte lang mit ihm zu thun, eh' er ihn zu Boden riß. Jacob wehrte sich, so klein er war, mit Jünglings- stärke. Jacob, der Erstgebohrne meines Aeltesten, der im väterlichen Hause bleiben wird, weil er der Alteste ist. Jacob führte meinen Namen, und war mir so auggreif-
lich
P p 4
ſolſt ſein Grab ſehen, und ein Ehrenzeichen oben drauf. Goͤnn’ ihm die Ruhe, aoͤnn ſie dir ſelbſt. — Sein Andenken ſey uns ewig heilig! — Biſt du vorbereitet? Haſt du den lezten Tropfen Thraͤnen in deinem Aug ver- wiſcht, haſt du Staͤrke hinauf zu blicken? Wohlan! Dort oben ſchlaͤft Franz! —
Sie ſah mit einem umfaſſenden Blick. Ach, ſeufzte Luiſe! ſchlug ein Kreuz vor ihre Bruſt, und ſank todt zur Erde.
Heut hab’ ich einen Leichenſchmauß! Alle meine Kinder ſind bey mir! Komm auch, Nachbar! — Damit alles paarweiſ’ gehe, hab’ ich die Wittwe Marthe eingeladen. Du wirſt Gelegenheit haben, an deine ſelige Frau zu denken, wenn du die Wittwe Marthe, deiner Seligen leibliche Schweſter ſiehſt, und wenn du auf meinem Leichenſchmauſe biſt — ich hab’ einen Enkel verloren, einen Kern- jungen. Der Tod hatte lang mit ihm zu thun, eh’ er ihn zu Boden riß. Jacob wehrte ſich, ſo klein er war, mit Juͤnglings- ſtaͤrke. Jacob, der Erſtgebohrne meines Aelteſten, der im vaͤterlichen Hauſe bleiben wird, weil er der Alteſte iſt. Jacob fuͤhrte meinen Namen, und war mir ſo auggreif-
lich
P p 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0611"n="599"/>ſolſt ſein Grab ſehen, und ein Ehrenzeichen<lb/>
oben drauf. Goͤnn’ ihm die Ruhe, aoͤnn ſie<lb/>
dir ſelbſt. — Sein Andenken ſey uns ewig<lb/>
heilig! — Biſt du vorbereitet? Haſt du den<lb/>
lezten Tropfen Thraͤnen in deinem Aug ver-<lb/>
wiſcht, haſt du Staͤrke hinauf zu blicken?<lb/>
Wohlan! Dort oben ſchlaͤft Franz! —</p><lb/><p>Sie ſah mit einem umfaſſenden Blick.<lb/>
Ach, ſeufzte <hirendition="#fr">Luiſe</hi>! ſchlug ein Kreuz vor ihre<lb/>
Bruſt, und ſank todt zur Erde.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Heut hab’ ich einen Leichenſchmauß!<lb/>
Alle meine Kinder ſind bey mir! Komm auch,<lb/>
Nachbar! — Damit alles paarweiſ’ gehe,<lb/>
hab’ ich die Wittwe <hirendition="#fr">Marthe</hi> eingeladen. Du<lb/>
wirſt Gelegenheit haben, an deine ſelige Frau<lb/>
zu denken, wenn du die Wittwe <hirendition="#fr">Marthe</hi>,<lb/>
deiner Seligen leibliche Schweſter ſiehſt, und<lb/>
wenn du auf meinem Leichenſchmauſe biſt —<lb/>
ich hab’ einen Enkel verloren, einen Kern-<lb/>
jungen. Der Tod hatte lang mit ihm zu<lb/>
thun, eh’ er ihn zu Boden riß. Jacob<lb/>
wehrte ſich, ſo klein er war, mit Juͤnglings-<lb/>ſtaͤrke. Jacob, der Erſtgebohrne meines<lb/>
Aelteſten, der im vaͤterlichen Hauſe bleiben<lb/>
wird, weil er der Alteſte iſt. Jacob fuͤhrte<lb/>
meinen Namen, und war mir ſo auggreif-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P p 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">lich</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[599/0611]
ſolſt ſein Grab ſehen, und ein Ehrenzeichen
oben drauf. Goͤnn’ ihm die Ruhe, aoͤnn ſie
dir ſelbſt. — Sein Andenken ſey uns ewig
heilig! — Biſt du vorbereitet? Haſt du den
lezten Tropfen Thraͤnen in deinem Aug ver-
wiſcht, haſt du Staͤrke hinauf zu blicken?
Wohlan! Dort oben ſchlaͤft Franz! —
Sie ſah mit einem umfaſſenden Blick.
Ach, ſeufzte Luiſe! ſchlug ein Kreuz vor ihre
Bruſt, und ſank todt zur Erde.
Heut hab’ ich einen Leichenſchmauß!
Alle meine Kinder ſind bey mir! Komm auch,
Nachbar! — Damit alles paarweiſ’ gehe,
hab’ ich die Wittwe Marthe eingeladen. Du
wirſt Gelegenheit haben, an deine ſelige Frau
zu denken, wenn du die Wittwe Marthe,
deiner Seligen leibliche Schweſter ſiehſt, und
wenn du auf meinem Leichenſchmauſe biſt —
ich hab’ einen Enkel verloren, einen Kern-
jungen. Der Tod hatte lang mit ihm zu
thun, eh’ er ihn zu Boden riß. Jacob
wehrte ſich, ſo klein er war, mit Juͤnglings-
ſtaͤrke. Jacob, der Erſtgebohrne meines
Aelteſten, der im vaͤterlichen Hauſe bleiben
wird, weil er der Alteſte iſt. Jacob fuͤhrte
meinen Namen, und war mir ſo auggreif-
lich
P p 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/611>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.