Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn laut vorzusprechen! Ich könnte Franzen,
dünkt mich, im Sterben stören -- ihn stö-
ren, wenn ich schrie: Franz! Und nun end-
lich wie aus einer tiefen Kluft hohl: Franz!
Schnell lief ein Schauder mir durch alle Glie-
der, durch den geheimsten Mark! Der schön-
ste Name in der Welt, wie schrecklich ward
er mir! Wie ists, Echo! Ich weiß alles!
Heult nicht Hunde! Rufe nicht Eule! Laßt
mich rufen, laßt mich heulen! Ich weiß al-
les! Schrecklich! Wie traurig das Licht
brannte, als auf einer Leichenwache. Ver-
gebens muntert' ichs durch eine Nadel auf,
womit mein Busen befestiget war. Verge-
bens facht' ich es an! Es wolte nicht, es
konnte nicht. Franz auch du hast ausge-
brannt! Umsonst wälzen dich Freunde, um-
sonst schütteln sie deine Hände! umsonst! --
du bist todt! todt! todt! Doch sind es Freunde,
die dich umgeben. Vielleicht Feinde --
Deine Mörder -- Mörder, die deinen Hel-
denwerth verkennen, und sich nicht einst rüh-
men ihrer Mordthat. -- Vielleicht rinnt
dein Blut, dein edles Blut, in eine Pfütze
voll unreinem dicken Blut der gemeinsten
Krieger! -- O Franz! wüßt' ich, daß du
wie ein Held begraben wärst, wie du gelebt

hast,
P p 3

ihn laut vorzuſprechen! Ich koͤnnte Franzen,
duͤnkt mich, im Sterben ſtoͤren — ihn ſtoͤ-
ren, wenn ich ſchrie: Franz! Und nun end-
lich wie aus einer tiefen Kluft hohl: Franz!
Schnell lief ein Schauder mir durch alle Glie-
der, durch den geheimſten Mark! Der ſchoͤn-
ſte Name in der Welt, wie ſchrecklich ward
er mir! Wie iſts, Echo! Ich weiß alles!
Heult nicht Hunde! Rufe nicht Eule! Laßt
mich rufen, laßt mich heulen! Ich weiß al-
les! Schrecklich! Wie traurig das Licht
brannte, als auf einer Leichenwache. Ver-
gebens muntert’ ichs durch eine Nadel auf,
womit mein Buſen befeſtiget war. Verge-
bens facht’ ich es an! Es wolte nicht, es
konnte nicht. Franz auch du haſt ausge-
brannt! Umſonſt waͤlzen dich Freunde, um-
ſonſt ſchuͤtteln ſie deine Haͤnde! umſonſt! —
du biſt todt! todt! todt! Doch ſind es Freunde,
die dich umgeben. Vielleicht Feinde —
Deine Moͤrder — Moͤrder, die deinen Hel-
denwerth verkennen, und ſich nicht einſt ruͤh-
men ihrer Mordthat. — Vielleicht rinnt
dein Blut, dein edles Blut, in eine Pfuͤtze
voll unreinem dicken Blut der gemeinſten
Krieger! — O Franz! wuͤßt’ ich, daß du
wie ein Held begraben waͤrſt, wie du gelebt

haſt,
P p 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0609" n="597"/>
ihn laut vorzu&#x017F;prechen! Ich ko&#x0364;nnte <hi rendition="#fr">Franzen</hi>,<lb/>
du&#x0364;nkt mich, im Sterben &#x017F;to&#x0364;ren &#x2014; ihn &#x017F;to&#x0364;-<lb/>
ren, wenn ich &#x017F;chrie: <hi rendition="#fr">Franz</hi>! Und nun end-<lb/>
lich wie aus einer tiefen Kluft hohl: <hi rendition="#fr">Franz</hi>!<lb/>
Schnell lief ein Schauder mir <choice><sic>dnrch</sic><corr>durch</corr></choice> alle Glie-<lb/>
der, durch den geheim&#x017F;ten Mark! Der &#x017F;cho&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;te Name in der Welt, wie &#x017F;chrecklich ward<lb/>
er mir! Wie i&#x017F;ts, Echo! Ich weiß alles!<lb/>
Heult nicht Hunde! Rufe nicht Eule! Laßt<lb/>
mich rufen, laßt mich heulen! Ich weiß al-<lb/>
les! Schrecklich! Wie traurig das Licht<lb/>
brannte, als auf einer Leichenwache. Ver-<lb/>
gebens muntert&#x2019; ichs durch eine Nadel auf,<lb/>
womit mein Bu&#x017F;en befe&#x017F;tiget war. Verge-<lb/>
bens facht&#x2019; ich es an! Es wolte nicht, es<lb/>
konnte nicht. <hi rendition="#fr">Franz</hi> auch du ha&#x017F;t ausge-<lb/>
brannt! Um&#x017F;on&#x017F;t wa&#x0364;lzen dich Freunde, um-<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chu&#x0364;tteln &#x017F;ie deine Ha&#x0364;nde! um&#x017F;on&#x017F;t! &#x2014;<lb/>
du bi&#x017F;t todt! todt! todt! Doch &#x017F;ind es Freunde,<lb/>
die dich umgeben. Vielleicht Feinde &#x2014;<lb/>
Deine Mo&#x0364;rder &#x2014; Mo&#x0364;rder, die deinen Hel-<lb/>
denwerth verkennen, und &#x017F;ich nicht ein&#x017F;t ru&#x0364;h-<lb/>
men ihrer Mordthat. &#x2014; Vielleicht rinnt<lb/>
dein Blut, dein edles Blut, in eine Pfu&#x0364;tze<lb/>
voll unreinem dicken Blut der gemein&#x017F;ten<lb/>
Krieger! &#x2014; O <hi rendition="#fr">Franz</hi>! wu&#x0364;ßt&#x2019; ich, daß du<lb/>
wie ein Held begraben wa&#x0364;r&#x017F;t, wie du gelebt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ha&#x017F;t,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[597/0609] ihn laut vorzuſprechen! Ich koͤnnte Franzen, duͤnkt mich, im Sterben ſtoͤren — ihn ſtoͤ- ren, wenn ich ſchrie: Franz! Und nun end- lich wie aus einer tiefen Kluft hohl: Franz! Schnell lief ein Schauder mir durch alle Glie- der, durch den geheimſten Mark! Der ſchoͤn- ſte Name in der Welt, wie ſchrecklich ward er mir! Wie iſts, Echo! Ich weiß alles! Heult nicht Hunde! Rufe nicht Eule! Laßt mich rufen, laßt mich heulen! Ich weiß al- les! Schrecklich! Wie traurig das Licht brannte, als auf einer Leichenwache. Ver- gebens muntert’ ichs durch eine Nadel auf, womit mein Buſen befeſtiget war. Verge- bens facht’ ich es an! Es wolte nicht, es konnte nicht. Franz auch du haſt ausge- brannt! Umſonſt waͤlzen dich Freunde, um- ſonſt ſchuͤtteln ſie deine Haͤnde! umſonſt! — du biſt todt! todt! todt! Doch ſind es Freunde, die dich umgeben. Vielleicht Feinde — Deine Moͤrder — Moͤrder, die deinen Hel- denwerth verkennen, und ſich nicht einſt ruͤh- men ihrer Mordthat. — Vielleicht rinnt dein Blut, dein edles Blut, in eine Pfuͤtze voll unreinem dicken Blut der gemeinſten Krieger! — O Franz! wuͤßt’ ich, daß du wie ein Held begraben waͤrſt, wie du gelebt haſt, P p 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/609
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/609>, abgerufen am 24.11.2024.