zur Geduld, zur Gottergebung. Sie sind Sturmglöckchen, die sie zum Oelkruge brin- gen, ihr verlöschendes Lämpchen aufzufri- schen. -- Diese Seelen sind fast zu schwäch- lich für diese Welt, wo so viel Streit, Jam- mer und Elend ist. -- Ich bin schon in der- gleichen Fällen gewiegt, sagte der Prediger, der selbst die Ahndungsgabe zu besitzen glaubte, ich konnte mich, fuhr er fort, in diese pünkt- lich treffende Erzählung Minchens finden, da sie alles wuste, warum solt ich länger rückhalten? Dergleichen Ahndungsbegabte pflegen sich die Sachen nicht leichter zu ma- chen, und selbst der Zweifel, der sie, sie mö- gen noch so weit in der Selbstweissagung, in der Ahndung, gediehen seyn, bekämpft, ist ein Kampf, und kämpfen macht Mühe. --
Kurz, der Prediger las Minen alles und jedes, und auch das vor, was ich mei- nen Lesern verkürzt habe. -- Gott Lob und Dank, sagte Mine, daß ich sterbe! Bey der Aussage des Keglers, daß sie zum Mord angeführet, und den Worten: daß sie sich aus einem Mordmesser kein Gewissen gemacht haben würde, sagte sie:
Solls ja so seyn, Daß Straf und Pein
auf
zur Geduld, zur Gottergebung. Sie ſind Sturmgloͤckchen, die ſie zum Oelkruge brin- gen, ihr verloͤſchendes Laͤmpchen aufzufri- ſchen. — Dieſe Seelen ſind faſt zu ſchwaͤch- lich fuͤr dieſe Welt, wo ſo viel Streit, Jam- mer und Elend iſt. — Ich bin ſchon in der- gleichen Faͤllen gewiegt, ſagte der Prediger, der ſelbſt die Ahndungsgabe zu beſitzen glaubte, ich konnte mich, fuhr er fort, in dieſe puͤnkt- lich treffende Erzaͤhlung Minchens finden, da ſie alles wuſte, warum ſolt ich laͤnger ruͤckhalten? Dergleichen Ahndungsbegabte pflegen ſich die Sachen nicht leichter zu ma- chen, und ſelbſt der Zweifel, der ſie, ſie moͤ- gen noch ſo weit in der Selbſtweiſſagung, in der Ahndung, gediehen ſeyn, bekaͤmpft, iſt ein Kampf, und kaͤmpfen macht Muͤhe. —
Kurz, der Prediger las Minen alles und jedes, und auch das vor, was ich mei- nen Leſern verkuͤrzt habe. — Gott Lob und Dank, ſagte Mine, daß ich ſterbe! Bey der Auſſage des Keglers, daß ſie zum Mord angefuͤhret, und den Worten: daß ſie ſich aus einem Mordmeſſer kein Gewiſſen gemacht haben wuͤrde, ſagte ſie:
Solls ja ſo ſeyn, Daß Straf und Pein
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zur Geduld, zur Gottergebung. Sie ſind
Sturmgloͤckchen, die ſie zum Oelkruge brin-
gen, ihr verloͤſchendes Laͤmpchen aufzufri-
ſchen. — Dieſe Seelen ſind faſt zu ſchwaͤch-
lich fuͤr dieſe Welt, wo ſo viel Streit, Jam-
mer und Elend iſt. — Ich bin ſchon in der-
gleichen Faͤllen gewiegt, ſagte der Prediger,
der ſelbſt die Ahndungsgabe zu beſitzen glaubte,
ich konnte mich, fuhr er fort, in dieſe puͤnkt-
lich treffende Erzaͤhlung Minchens finden,
da ſie alles wuſte, warum ſolt ich laͤnger
ruͤckhalten? Dergleichen Ahndungsbegabte
pflegen ſich die Sachen nicht leichter zu ma-
chen, und ſelbſt der Zweifel, der ſie, ſie moͤ-
gen noch ſo weit in der Selbſtweiſſagung, in
der Ahndung, gediehen ſeyn, bekaͤmpft, iſt
ein Kampf, und kaͤmpfen macht Muͤhe. —
Kurz, der Prediger las Minen alles
und jedes, und auch das vor, was ich mei-
nen Leſern verkuͤrzt habe. — Gott Lob und
Dank, ſagte Mine, daß ich ſterbe! Bey
der Auſſage des Keglers, daß ſie zum Mord
angefuͤhret, und den Worten: daß ſie ſich
aus einem Mordmeſſer kein Gewiſſen
gemacht haben wuͤrde, ſagte ſie:
Solls ja ſo ſeyn,
Daß Straf und Pein
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/520>, abgerufen am 25.11.2024.
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