Pred. Die Königliche Landesregierung, (um gerade zu, und ohne Wenn, meinem Her- zen Luft zu machen,) hat nur Bedingungs- weise den gefänglichen Haft verfügt, und dem Collegio nicht überhaupt nachgelassen, die Garnison um Beyhülf anzutreten. Ich weiß also nicht, warum mein Hauß bela- gert ist, und ich, wie Jerusalem, an allen Orten geängstiget werde, ehe noch Minchen verhöret worden. Sie ist die Ehre ihres Geschlechts.
Deput. Und Sie, Herr Prediger! nicht wahr, die Ehre ihres Standes? --
Hier löseten sich die Räthsel; denn der gute Prediger konnte die wohlgemeinte Grobheiten des Deputatus länger nicht tragen. Er dul- dete, da ihm die Grenzen des Auftrags die- ses feurspeyenden Rechtsgelehrten, und seines Spießgesellen, unbekannt waren. Jetzt sah' er keine Verbindlichkeit ein, den Deputatus im verkehrten Sinn reden zu lassen, was nicht taugt; und da ihm der Justizrath seine Zwei- fel entdeckt, und der redliche Prediger ihm den Unsinn von diesem Vorurtheil gewiesen hatte, ging Deputatus in sich, und hatte nichts
wei-
Pred. Wenn Sie aber erlauben wollen —
Deput. Wieder Wenn!
Pred. Die Koͤnigliche Landesregierung, (um gerade zu, und ohne Wenn, meinem Her- zen Luft zu machen,) hat nur Bedingungs- weiſe den gefaͤnglichen Haft verfuͤgt, und dem Collegio nicht uͤberhaupt nachgelaſſen, die Garniſon um Beyhuͤlf anzutreten. Ich weiß alſo nicht, warum mein Hauß bela- gert iſt, und ich, wie Jeruſalem, an allen Orten geaͤngſtiget werde, ehe noch Minchen verhoͤret worden. Sie iſt die Ehre ihres Geſchlechts.
Deput. Und Sie, Herr Prediger! nicht wahr, die Ehre ihres Standes? —
Hier loͤſeten ſich die Raͤthſel; denn der gute Prediger konnte die wohlgemeinte Grobheiten des Deputatus laͤnger nicht tragen. Er dul- dete, da ihm die Grenzen des Auftrags die- ſes feurſpeyenden Rechtsgelehrten, und ſeines Spießgeſellen, unbekannt waren. Jetzt ſah’ er keine Verbindlichkeit ein, den Deputatus im verkehrten Sinn reden zu laſſen, was nicht taugt; und da ihm der Juſtizrath ſeine Zwei- fel entdeckt, und der redliche Prediger ihm den Unſinn von dieſem Vorurtheil gewieſen hatte, ging Deputatus in ſich, und hatte nichts
wei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0505"n="495"/><list><item><hirendition="#fr">Pred.</hi> Wenn Sie aber erlauben wollen —</item><lb/><item><hirendition="#fr">Deput.</hi> Wieder Wenn!</item><lb/><item><hirendition="#fr">Pred.</hi> Die Koͤnigliche Landesregierung, (um<lb/>
gerade zu, und ohne Wenn, meinem Her-<lb/>
zen Luft zu machen,) hat nur Bedingungs-<lb/>
weiſe den gefaͤnglichen Haft verfuͤgt, und<lb/>
dem Collegio nicht <choice><sic>uͤberhanpt</sic><corr>uͤberhaupt</corr></choice> nachgelaſſen,<lb/>
die Garniſon um Beyhuͤlf anzutreten. Ich<lb/>
weiß alſo nicht, warum mein Hauß bela-<lb/>
gert iſt, und ich, wie Jeruſalem, an allen<lb/>
Orten geaͤngſtiget werde, ehe noch Minchen<lb/>
verhoͤret worden. Sie iſt die Ehre ihres<lb/>
Geſchlechts.</item><lb/><item><hirendition="#fr">Deput.</hi> Und Sie, Herr Prediger! nicht wahr,<lb/>
die Ehre ihres Standes? —</item></list><lb/><p>Hier loͤſeten ſich die Raͤthſel; denn der gute<lb/>
Prediger konnte die wohlgemeinte Grobheiten<lb/>
des Deputatus laͤnger nicht tragen. Er dul-<lb/>
dete, da ihm die Grenzen des Auftrags die-<lb/>ſes feurſpeyenden Rechtsgelehrten, und ſeines<lb/>
Spießgeſellen, unbekannt waren. Jetzt ſah’<lb/>
er keine Verbindlichkeit ein, den Deputatus<lb/>
im verkehrten Sinn reden zu laſſen, was nicht<lb/>
taugt; und da ihm der Juſtizrath ſeine Zwei-<lb/>
fel entdeckt, und der redliche Prediger ihm den<lb/><hirendition="#fr">Unſinn</hi> von dieſem Vorurtheil gewieſen hatte,<lb/>
ging Deputatus in ſich, und hatte nichts<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wei-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[495/0505]
Pred. Wenn Sie aber erlauben wollen —
Deput. Wieder Wenn!
Pred. Die Koͤnigliche Landesregierung, (um
gerade zu, und ohne Wenn, meinem Her-
zen Luft zu machen,) hat nur Bedingungs-
weiſe den gefaͤnglichen Haft verfuͤgt, und
dem Collegio nicht uͤberhaupt nachgelaſſen,
die Garniſon um Beyhuͤlf anzutreten. Ich
weiß alſo nicht, warum mein Hauß bela-
gert iſt, und ich, wie Jeruſalem, an allen
Orten geaͤngſtiget werde, ehe noch Minchen
verhoͤret worden. Sie iſt die Ehre ihres
Geſchlechts.
Deput. Und Sie, Herr Prediger! nicht wahr,
die Ehre ihres Standes? —
Hier loͤſeten ſich die Raͤthſel; denn der gute
Prediger konnte die wohlgemeinte Grobheiten
des Deputatus laͤnger nicht tragen. Er dul-
dete, da ihm die Grenzen des Auftrags die-
ſes feurſpeyenden Rechtsgelehrten, und ſeines
Spießgeſellen, unbekannt waren. Jetzt ſah’
er keine Verbindlichkeit ein, den Deputatus
im verkehrten Sinn reden zu laſſen, was nicht
taugt; und da ihm der Juſtizrath ſeine Zwei-
fel entdeckt, und der redliche Prediger ihm den
Unſinn von dieſem Vorurtheil gewieſen hatte,
ging Deputatus in ſich, und hatte nichts
wei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/505>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.