an, spannt an, sie kommt! Ja "allein sie fand Nein" und sah' sich genöthiget, alles selbst zu berichtigen. -- Wer beten kann, pflegte mein Vater selbst auf der Kanzel zu sagen, kann auch mit Vornehmen und Ge- ringen umgehen -- und dies fiel ihr ein, wie sie schreibt. -- Sie fand die Bestätigung zu derselben Stund, traf Anordnungen, schloß Contrakt und reisete nach Mitau. -- Kurz vor der Stadt hatte Mine einen neuen Schreck, gegen den alles, was sie am Kran- kenbett' ihres Bruders erlitten, nach ihrem Ausdruck wie gar nichts war. Sie war abgestiegen, weil der üble Weg diese Wa- generleichterung nothwendig gemacht. Sie suchte sich grüne schöne Stellen aus, wo sie gieng, und wo sie mit den Vögeln des Him- mels den Schöpfer lobte, in dessen heilige Hän- de sie sich befahl. "Wenn auch hie und da "schwere Stellen auf dem Wege des Lebens "sind, es giebt doch, dacht' ich, links oder "rechts grüne blumenreiche Stellen, aus denen "uns die schöne Natur willkommen heißt. Gott "segne meinen Mann, hilf meinem Bruder! "-- so dacht' ich, oder so betete, so dankt' "ich Gott" schreibt Mine, und schnell sprengte ein Reuter auf sie zu, der sie steif ansahe,
und
an, ſpannt an, ſie kommt! Ja „allein ſie fand Nein“ und ſah’ ſich genoͤthiget, alles ſelbſt zu berichtigen. — Wer beten kann, pflegte mein Vater ſelbſt auf der Kanzel zu ſagen, kann auch mit Vornehmen und Ge- ringen umgehen — und dies fiel ihr ein, wie ſie ſchreibt. — Sie fand die Beſtaͤtigung zu derſelben Stund, traf Anordnungen, ſchloß Contrakt und reiſete nach Mitau. — Kurz vor der Stadt hatte Mine einen neuen Schreck, gegen den alles, was ſie am Kran- kenbett’ ihres Bruders erlitten, nach ihrem Ausdruck wie gar nichts war. Sie war abgeſtiegen, weil der uͤble Weg dieſe Wa- generleichterung nothwendig gemacht. Sie ſuchte ſich gruͤne ſchoͤne Stellen aus, wo ſie gieng, und wo ſie mit den Voͤgeln des Him- mels den Schoͤpfer lobte, in deſſen heilige Haͤn- de ſie ſich befahl. „Wenn auch hie und da „ſchwere Stellen auf dem Wege des Lebens „ſind, es giebt doch, dacht’ ich, links oder „rechts gruͤne blumenreiche Stellen, aus denen „uns die ſchoͤne Natur willkommen heißt. Gott „ſegne meinen Mann, hilf meinem Bruder! „— ſo dacht’ ich, oder ſo betete, ſo dankt’ „ich Gott“ ſchreibt Mine, und ſchnell ſprengte ein Reuter auf ſie zu, der ſie ſteif anſahe,
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0394"n="386"/><hirendition="#fr">an, ſpannt an, ſie kommt!</hi> Ja „allein ſie<lb/>
fand Nein“ und ſah’ſich genoͤthiget, alles<lb/>ſelbſt zu berichtigen. — Wer beten <hirendition="#fr">kann,</hi><lb/>
pflegte mein Vater ſelbſt auf der Kanzel zu<lb/>ſagen, kann auch mit Vornehmen und Ge-<lb/>
ringen umgehen — und dies fiel ihr ein,<lb/>
wie ſie ſchreibt. — Sie fand die Beſtaͤtigung<lb/>
zu derſelben Stund, traf Anordnungen, ſchloß<lb/>
Contrakt und reiſete nach Mitau. — Kurz<lb/>
vor der Stadt hatte Mine einen neuen<lb/>
Schreck, gegen den alles, was ſie am Kran-<lb/>
kenbett’ ihres Bruders erlitten, nach ihrem<lb/>
Ausdruck wie gar nichts war. Sie war<lb/>
abgeſtiegen, weil der uͤble Weg dieſe Wa-<lb/>
generleichterung nothwendig gemacht. Sie<lb/>ſuchte ſich gruͤne ſchoͤne Stellen aus, wo ſie<lb/>
gieng, und wo ſie mit den Voͤgeln des Him-<lb/>
mels den Schoͤpfer lobte, in deſſen heilige Haͤn-<lb/>
de ſie ſich befahl. „Wenn auch hie und da<lb/>„ſchwere Stellen auf dem Wege des Lebens<lb/>„ſind, es giebt doch, dacht’ ich, links oder<lb/>„rechts gruͤne blumenreiche Stellen, aus denen<lb/>„uns die ſchoͤne Natur willkommen heißt. Gott<lb/>„ſegne meinen Mann, hilf meinem Bruder!<lb/>„—ſo dacht’ ich, oder ſo betete, ſo dankt’<lb/>„ich Gott“ſchreibt Mine, und ſchnell ſprengte<lb/>
ein Reuter auf ſie zu, der ſie ſteif anſahe,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[386/0394]
an, ſpannt an, ſie kommt! Ja „allein ſie
fand Nein“ und ſah’ ſich genoͤthiget, alles
ſelbſt zu berichtigen. — Wer beten kann,
pflegte mein Vater ſelbſt auf der Kanzel zu
ſagen, kann auch mit Vornehmen und Ge-
ringen umgehen — und dies fiel ihr ein,
wie ſie ſchreibt. — Sie fand die Beſtaͤtigung
zu derſelben Stund, traf Anordnungen, ſchloß
Contrakt und reiſete nach Mitau. — Kurz
vor der Stadt hatte Mine einen neuen
Schreck, gegen den alles, was ſie am Kran-
kenbett’ ihres Bruders erlitten, nach ihrem
Ausdruck wie gar nichts war. Sie war
abgeſtiegen, weil der uͤble Weg dieſe Wa-
generleichterung nothwendig gemacht. Sie
ſuchte ſich gruͤne ſchoͤne Stellen aus, wo ſie
gieng, und wo ſie mit den Voͤgeln des Him-
mels den Schoͤpfer lobte, in deſſen heilige Haͤn-
de ſie ſich befahl. „Wenn auch hie und da
„ſchwere Stellen auf dem Wege des Lebens
„ſind, es giebt doch, dacht’ ich, links oder
„rechts gruͤne blumenreiche Stellen, aus denen
„uns die ſchoͤne Natur willkommen heißt. Gott
„ſegne meinen Mann, hilf meinem Bruder!
„— ſo dacht’ ich, oder ſo betete, ſo dankt’
„ich Gott“ ſchreibt Mine, und ſchnell ſprengte
ein Reuter auf ſie zu, der ſie ſteif anſahe,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/394>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.