schwindlicht, da er ihr ins Auge fiel. -- Das Messer warf sie unter Dank und Gebet fort. Gott, sagte sie, lass' es nie einen finden, der es brauchen will, als ich wolte. Sie glaubte hiedurch diesen schrecklichen Vor- satz aus ihren Gedanken geworfen zu haben; allein hierin fand sie sich getäuscht. -- Durch stille seyn und hoffen, heißt es, werdet ihr stark seyn! Wer kann aber, o Gott, wer kann immer stille seyn und hoffen? --
Während der Zeit war Herrmann reise- fertig. --
Herrmann. Leb wohl, Mine.
Mine. Leben Sie wohl, mein Vater -- Le- ben Sie wohl, mein Vater, leben Sie wohl. --
Herrmann. Was fehlt dir? du weinst ja!
Mine. Ach Gott!
Herrmann. Mine überdenk alles! überleg! du bist klug! Du jammerst mich! Mine überleg -- Leb wohl!
Mine. Leben Sie wohl.
Mörder, wo willst du hin? fürchtest du dich denn nicht, daß die Erde ihren Mund öfne, und dich verschlinge, und die Wolken sich trennen, und Feuer und Schwefel auf dich regnen lassen! -- Du kennst Minen,
wie
ſchwindlicht, da er ihr ins Auge fiel. — Das Meſſer warf ſie unter Dank und Gebet fort. Gott, ſagte ſie, laſſ’ es nie einen finden, der es brauchen will, als ich wolte. Sie glaubte hiedurch dieſen ſchrecklichen Vor- ſatz aus ihren Gedanken geworfen zu haben; allein hierin fand ſie ſich getaͤuſcht. — Durch ſtille ſeyn und hoffen, heißt es, werdet ihr ſtark ſeyn! Wer kann aber, o Gott, wer kann immer ſtille ſeyn und hoffen? —
Waͤhrend der Zeit war Herrmann reiſe- fertig. —
Herrmann. Leb wohl, Mine.
Mine. Leben Sie wohl, mein Vater — Le- ben Sie wohl, mein Vater, leben Sie wohl. —
Herrmann. Was fehlt dir? du weinſt ja!
Mine. Ach Gott!
Herrmann. Mine uͤberdenk alles! uͤberleg! du biſt klug! Du jammerſt mich! Mine uͤberleg — Leb wohl!
Mine. Leben Sie wohl.
Moͤrder, wo willſt du hin? fuͤrchteſt du dich denn nicht, daß die Erde ihren Mund oͤfne, und dich verſchlinge, und die Wolken ſich trennen, und Feuer und Schwefel auf dich regnen laſſen! — Du kennſt Minen,
wie
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ſchwindlicht, da er ihr ins Auge fiel. —
Das Meſſer warf ſie unter Dank und Gebet
fort. Gott, ſagte ſie, laſſ’ es nie einen
finden, der es brauchen will, als ich wolte.
Sie glaubte hiedurch dieſen ſchrecklichen Vor-
ſatz aus ihren Gedanken geworfen zu haben;
allein hierin fand ſie ſich getaͤuſcht. — Durch
ſtille ſeyn und hoffen, heißt es, werdet
ihr ſtark ſeyn! Wer kann aber, o Gott,
wer kann immer ſtille ſeyn und hoffen? —
Waͤhrend der Zeit war Herrmann reiſe-
fertig. —
Herrmann. Leb wohl, Mine.
Mine. Leben Sie wohl, mein Vater — Le-
ben Sie wohl, mein Vater, leben Sie
wohl. —
Herrmann. Was fehlt dir? du weinſt ja!
Mine. Ach Gott!
Herrmann. Mine uͤberdenk alles! uͤberleg!
du biſt klug! Du jammerſt mich! Mine
uͤberleg — Leb wohl!
Mine. Leben Sie wohl.
Moͤrder, wo willſt du hin? fuͤrchteſt du
dich denn nicht, daß die Erde ihren Mund
oͤfne, und dich verſchlinge, und die Wolken
ſich trennen, und Feuer und Schwefel auf
dich regnen laſſen! — Du kennſt Minen,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/388>, abgerufen am 25.11.2024.
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