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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Ein Besuch?

Es könnte sich zutragen, daß Herr v. E.
käme! Wenn es sich zutrüge, liebe Mine,
wenn? Folg deinem Vater und sey gefällig. --

Sie hatte kein Wort im Vermögen; al-
lein sie war so ruhig, daß Hermann diese
Ruhe fühlte und sie zu seinem Vortheil ent-
gegen nahm. Er klopft' ihr auf die Wange,
und sagte, du bist doch ein hübsches gutes
Mädchen, und wirst eine Pastorin werden
zum küssen. Auch darüber entrüstete sich Mine
nicht. -- Sie blieb ruhig. Herrmann zählte
schon die hundertfunfzig Judasthaler in Ge-
danken. --

Montag Nachmittag kam Herr v. E.,
alles wie es geschrieben stand. Die Sühne
ward eröfnet. Herrmann entfernte sich, nach-
dem er, wie er glaubte, die Sach' in Gang
gebracht. So bald die Hauptpartheyen allein
waren, fieng Herr v. E. ohne Glas seine Rede
mit vielem Bitten um Verzeihung an, und
machte sich als Bräutigam mit Fräulein S.
bekannt. Mine gab drauf nichts, als das All-
tägliche. Es hatte wieder das Ansehen, daß
Herr v. E. ein Geschenk in der Nähe hätte.
Er wollte wagen, es zum Vorschein zu brin-
gen; allein es schien, als dürft' ers nicht.

Nun

Ein Beſuch?

Es koͤnnte ſich zutragen, daß Herr v. E.
kaͤme! Wenn es ſich zutruͤge, liebe Mine,
wenn? Folg deinem Vater und ſey gefaͤllig. —

Sie hatte kein Wort im Vermoͤgen; al-
lein ſie war ſo ruhig, daß Hermann dieſe
Ruhe fuͤhlte und ſie zu ſeinem Vortheil ent-
gegen nahm. Er klopft’ ihr auf die Wange,
und ſagte, du biſt doch ein huͤbſches gutes
Maͤdchen, und wirſt eine Paſtorin werden
zum kuͤſſen. Auch daruͤber entruͤſtete ſich Mine
nicht. — Sie blieb ruhig. Herrmann zaͤhlte
ſchon die hundertfunfzig Judasthaler in Ge-
danken. —

Montag Nachmittag kam Herr v. E.,
alles wie es geſchrieben ſtand. Die Suͤhne
ward eroͤfnet. Herrmann entfernte ſich, nach-
dem er, wie er glaubte, die Sach’ in Gang
gebracht. So bald die Hauptpartheyen allein
waren, fieng Herr v. E. ohne Glas ſeine Rede
mit vielem Bitten um Verzeihung an, und
machte ſich als Braͤutigam mit Fraͤulein S.
bekannt. Mine gab drauf nichts, als das All-
taͤgliche. Es hatte wieder das Anſehen, daß
Herr v. E. ein Geſchenk in der Naͤhe haͤtte.
Er wollte wagen, es zum Vorſchein zu brin-
gen; allein es ſchien, als duͤrft’ ers nicht.

Nun
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[732[372]/0380] Ein Beſuch? Es koͤnnte ſich zutragen, daß Herr v. E. kaͤme! Wenn es ſich zutruͤge, liebe Mine, wenn? Folg deinem Vater und ſey gefaͤllig. — Sie hatte kein Wort im Vermoͤgen; al- lein ſie war ſo ruhig, daß Hermann dieſe Ruhe fuͤhlte und ſie zu ſeinem Vortheil ent- gegen nahm. Er klopft’ ihr auf die Wange, und ſagte, du biſt doch ein huͤbſches gutes Maͤdchen, und wirſt eine Paſtorin werden zum kuͤſſen. Auch daruͤber entruͤſtete ſich Mine nicht. — Sie blieb ruhig. Herrmann zaͤhlte ſchon die hundertfunfzig Judasthaler in Ge- danken. — Montag Nachmittag kam Herr v. E., alles wie es geſchrieben ſtand. Die Suͤhne ward eroͤfnet. Herrmann entfernte ſich, nach- dem er, wie er glaubte, die Sach’ in Gang gebracht. So bald die Hauptpartheyen allein waren, fieng Herr v. E. ohne Glas ſeine Rede mit vielem Bitten um Verzeihung an, und machte ſich als Braͤutigam mit Fraͤulein S. bekannt. Mine gab drauf nichts, als das All- taͤgliche. Es hatte wieder das Anſehen, daß Herr v. E. ein Geſchenk in der Naͤhe haͤtte. Er wollte wagen, es zum Vorſchein zu brin- gen; allein es ſchien, als duͤrft’ ers nicht. Nun

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 732[372]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/380>, abgerufen am 22.11.2024.