würden wir nicht weit kommen. -- Benja- min hatte vor, dieses Geld seiner Schwester mitzugeben. Jetzt mußte der lezte Weg ein- geschlagen, und Minens Kleider und viel von ihren Sachen, welche ohn' Aufsehen wegge- nommen werden konnten, verkaufet werden. Benjamin besorgte dies mit einer unbeschreib- lichen Behutsamkeit. Er brachte zehn Thaler Albertus zusammen. Mine bat ihren Bru- der herzlich, zu bleiben, und ihr noch Mon- tags beym Termin zur Sühne beyzustehen; allein er konnte nicht -- sondern befahl sie dem Schutze Gottes. -- Dein Mann, sagt er, ist Gottes Liebling, und du bist es auch, ihr seyd beyde fromm! Wie kann euch Gott verlassen? Euch seine Kinder! -- Sie wein- ten, da sie schieden. Zum leztenmal im vä- terlichen Hause, lieber Benjamin -- wo ich die erste Thräne weinte, wo! -- Sie konnte vor Thränen nicht mehr. -- Auch Benjamin weinte. -- -- O! Schwester, fieng er an: Du warst von je her weit -- weit besser als ich! Alexander und du haben mich zum Menschen gemacht. -- Du warst nie böse, Benjamin, sagte Mine, jetzt bist du gut! gut! "und "dann wieder "du warst nie böse --" O Gott! fieng Benjamin an, wenn ich denke, wie du
dich
wuͤrden wir nicht weit kommen. — Benja- min hatte vor, dieſes Geld ſeiner Schweſter mitzugeben. Jetzt mußte der lezte Weg ein- geſchlagen, und Minens Kleider und viel von ihren Sachen, welche ohn’ Aufſehen wegge- nommen werden konnten, verkaufet werden. Benjamin beſorgte dies mit einer unbeſchreib- lichen Behutſamkeit. Er brachte zehn Thaler Albertus zuſammen. Mine bat ihren Bru- der herzlich, zu bleiben, und ihr noch Mon- tags beym Termin zur Suͤhne beyzuſtehen; allein er konnte nicht — ſondern befahl ſie dem Schutze Gottes. — Dein Mann, ſagt er, iſt Gottes Liebling, und du biſt es auch, ihr ſeyd beyde fromm! Wie kann euch Gott verlaſſen? Euch ſeine Kinder! — Sie wein- ten, da ſie ſchieden. Zum leztenmal im vaͤ- terlichen Hauſe, lieber Benjamin — wo ich die erſte Thraͤne weinte, wo! — Sie konnte vor Thraͤnen nicht mehr. — Auch Benjamin weinte. — — O! Schweſter, fieng er an: Du warſt von je her weit — weit beſſer als ich! Alexander und du haben mich zum Menſchen gemacht. — Du warſt nie boͤſe, Benjamin, ſagte Mine, jetzt biſt du gut! gut! „und „dann wieder „du warſt nie boͤſe —„ O Gott! fieng Benjamin an, wenn ich denke, wie du
dich
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wuͤrden wir nicht weit kommen. — Benja-
min hatte vor, dieſes Geld ſeiner Schweſter
mitzugeben. Jetzt mußte der lezte Weg ein-
geſchlagen, und Minens Kleider und viel von
ihren Sachen, welche ohn’ Aufſehen wegge-
nommen werden konnten, verkaufet werden.
Benjamin beſorgte dies mit einer unbeſchreib-
lichen Behutſamkeit. Er brachte zehn Thaler
Albertus zuſammen. Mine bat ihren Bru-
der herzlich, zu bleiben, und ihr noch Mon-
tags beym Termin zur Suͤhne beyzuſtehen;
allein er konnte nicht — ſondern befahl ſie
dem Schutze Gottes. — Dein Mann, ſagt
er, iſt Gottes Liebling, und du biſt es auch,
ihr ſeyd beyde fromm! Wie kann euch Gott
verlaſſen? Euch ſeine Kinder! — Sie wein-
ten, da ſie ſchieden. Zum leztenmal im vaͤ-
terlichen Hauſe, lieber Benjamin — wo ich
die erſte Thraͤne weinte, wo! — Sie konnte
vor Thraͤnen nicht mehr. — Auch Benjamin
weinte. — — O! Schweſter, fieng er an:
Du warſt von je her weit — weit beſſer als ich!
Alexander und du haben mich zum Menſchen
gemacht. — Du warſt nie boͤſe, Benjamin,
ſagte Mine, jetzt biſt du gut! gut! „und
„dann wieder „du warſt nie boͤſe —„ O Gott!
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/362>, abgerufen am 22.11.2024.
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