scheiden Herrmann in dergleichen Fällen war; so hascht' er doch nach keiner Sylbe mehr von mir, als ihm Mine gab. Diese Bescheiden- heit leistete Minen Bürgschaft für alles. -- Vergessen Sie ihre Tochter nicht, sagte Mine, da er von ihr Abschied nahm, Gott wird sie auch nicht vergessen, wenn ihnen Hülfe, Trost, Rath, -- Noth ist. Es bleibt, erwiederte Herrmann, und schwur wieder mit einem Blick. -- --
Um also zurückzugehen, gieng Herrmann noch -- und Mine war voll guter Hofnun- gen, und diese gab sie, so sehr sie gleich das lange Ausbleiben des Vaters befremdete, doch noch den ganzen Tag, den Abend, die Nacht, den folgenden Mittag, nicht auf. --
Da aber Herrmann auch den Mittag drauf noch nicht zu Hause kam, stiegen wieder Wolken oder Ahndungen auf. Sie wartete noch dis Mittag des folgenden Tages, und nun war es Minen mittagsklar, daß ihr Vater so viel Zeit nicht bedörfe, um zurück zu ge- hen. Gegen Abend ein Brief von Herr- mann! -- Mine wußte schon, eh sie ihn öf- nete, was drinn war, und meine Leser wer- den es auch wissen --
"ich
X 2
ſcheiden Herrmann in dergleichen Faͤllen war; ſo haſcht’ er doch nach keiner Sylbe mehr von mir, als ihm Mine gab. Dieſe Beſcheiden- heit leiſtete Minen Buͤrgſchaft fuͤr alles. — Vergeſſen Sie ihre Tochter nicht, ſagte Mine, da er von ihr Abſchied nahm, Gott wird ſie auch nicht vergeſſen, wenn ihnen Huͤlfe, Troſt, Rath, — Noth iſt. Es bleibt, erwiederte Herrmann, und ſchwur wieder mit einem Blick. — —
Um alſo zuruͤckzugehen, gieng Herrmann noch — und Mine war voll guter Hofnun- gen, und dieſe gab ſie, ſo ſehr ſie gleich das lange Ausbleiben des Vaters befremdete, doch noch den ganzen Tag, den Abend, die Nacht, den folgenden Mittag, nicht auf. —
Da aber Herrmann auch den Mittag drauf noch nicht zu Hauſe kam, ſtiegen wieder Wolken oder Ahndungen auf. Sie wartete noch dis Mittag des folgenden Tages, und nun war es Minen mittagsklar, daß ihr Vater ſo viel Zeit nicht bedoͤrfe, um zuruͤck zu ge- hen. Gegen Abend ein Brief von Herr- mann! — Mine wußte ſchon, eh ſie ihn oͤf- nete, was drinn war, und meine Leſer wer- den es auch wiſſen —
„ich
X 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0331"n="323"/>ſcheiden Herrmann in dergleichen Faͤllen war;<lb/>ſo haſcht’ er doch nach keiner Sylbe mehr <hirendition="#fr">von</hi><lb/>
mir, als ihm Mine gab. Dieſe Beſcheiden-<lb/>
heit leiſtete Minen Buͤrgſchaft fuͤr alles. —<lb/>
Vergeſſen Sie ihre Tochter nicht, ſagte Mine,<lb/>
da er von ihr Abſchied nahm, Gott wird ſie<lb/>
auch nicht vergeſſen, wenn ihnen Huͤlfe, Troſt,<lb/>
Rath, — Noth iſt. Es bleibt, erwiederte<lb/>
Herrmann, und ſchwur wieder mit einem<lb/>
Blick. ——</p><lb/><p>Um alſo zuruͤckzugehen, gieng Herrmann<lb/>
noch — und Mine war voll guter Hofnun-<lb/>
gen, und dieſe gab ſie, ſo ſehr ſie gleich das<lb/>
lange Ausbleiben des Vaters befremdete, doch<lb/>
noch den ganzen Tag, den Abend, die Nacht,<lb/>
den folgenden Mittag, nicht auf. —</p><lb/><p>Da aber Herrmann auch den Mittag<lb/>
drauf noch nicht zu Hauſe kam, ſtiegen wieder<lb/>
Wolken oder Ahndungen auf. Sie wartete<lb/>
noch dis Mittag des folgenden Tages, und nun<lb/>
war es Minen mittagsklar, daß ihr Vater<lb/>ſo viel Zeit nicht bedoͤrfe, um <hirendition="#fr">zuruͤck zu ge-<lb/>
hen.</hi> Gegen Abend ein Brief von Herr-<lb/>
mann! — Mine wußte ſchon, eh ſie ihn oͤf-<lb/>
nete, was drinn war, und meine Leſer wer-<lb/>
den es auch wiſſen —</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">X 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">„ich</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[323/0331]
ſcheiden Herrmann in dergleichen Faͤllen war;
ſo haſcht’ er doch nach keiner Sylbe mehr von
mir, als ihm Mine gab. Dieſe Beſcheiden-
heit leiſtete Minen Buͤrgſchaft fuͤr alles. —
Vergeſſen Sie ihre Tochter nicht, ſagte Mine,
da er von ihr Abſchied nahm, Gott wird ſie
auch nicht vergeſſen, wenn ihnen Huͤlfe, Troſt,
Rath, — Noth iſt. Es bleibt, erwiederte
Herrmann, und ſchwur wieder mit einem
Blick. — —
Um alſo zuruͤckzugehen, gieng Herrmann
noch — und Mine war voll guter Hofnun-
gen, und dieſe gab ſie, ſo ſehr ſie gleich das
lange Ausbleiben des Vaters befremdete, doch
noch den ganzen Tag, den Abend, die Nacht,
den folgenden Mittag, nicht auf. —
Da aber Herrmann auch den Mittag
drauf noch nicht zu Hauſe kam, ſtiegen wieder
Wolken oder Ahndungen auf. Sie wartete
noch dis Mittag des folgenden Tages, und nun
war es Minen mittagsklar, daß ihr Vater
ſo viel Zeit nicht bedoͤrfe, um zuruͤck zu ge-
hen. Gegen Abend ein Brief von Herr-
mann! — Mine wußte ſchon, eh ſie ihn oͤf-
nete, was drinn war, und meine Leſer wer-
den es auch wiſſen —
„ich
X 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/331>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.