Herr v. E. machte jetzt einen ganz andern Auftritt, als im ersten Akt. Der Knoten war geschürzt. Wer den Vogel im Kefig hat, be- darf keinen Vogelleim. Ohne ihr Band am Busen der Jahreszeit angemessen zu finden, ohne die Exclamation: aller allerliebst! trug er Minen, die auf diesen Antrag nicht im mindesten vorbereitet war, das bewuste Brod- stellchen an. -- Vielleicht würd' ein weniger kluges Mädchen, als Mine, drey Schritt zu- rückgetreten und Bedenkzeit nachgesucht, oder wohl gar Jagesagt haben; obgleich es an sich immer ein falscher, ein Pariserzug war, diese Anwerbung selbst, und nicht durch gute Män- ner, auf deutsche Weise zu thun. -- Mine sagte: Nein! -- Ein so ofnes Nein, ein so kurz und gutes Nein, daß Herr v. E. nicht weiter das Herz hatte, auf ein Ja bei diesem hartschäligen Mädchen, (wie er es zu nennen beliebte,) zu bestehen. Herrmann war bey dieser Anwerbung nicht gegenwärtig. -- Herr v. E., der von Minen Ja (dies Wortspiel von Ja; denn sie solte den Worten nach Aus- geberin, Gesellschafterin, werden) hören wolte, fand sie auch schön beym Nein. Er küßt' ihr die Hand! -- brennend --
Ich
Herr v. E. machte jetzt einen ganz andern Auftritt, als im erſten Akt. Der Knoten war geſchuͤrzt. Wer den Vogel im Kefig hat, be- darf keinen Vogelleim. Ohne ihr Band am Buſen der Jahreszeit angemeſſen zu finden, ohne die Exclamation: aller allerliebſt! trug er Minen, die auf dieſen Antrag nicht im mindeſten vorbereitet war, das bewuſte Brod- ſtellchen an. — Vielleicht wuͤrd’ ein weniger kluges Maͤdchen, als Mine, drey Schritt zu- ruͤckgetreten und Bedenkzeit nachgeſucht, oder wohl gar Jageſagt haben; obgleich es an ſich immer ein falſcher, ein Pariſerzug war, dieſe Anwerbung ſelbſt, und nicht durch gute Maͤn- ner, auf deutſche Weiſe zu thun. — Mine ſagte: Nein! — Ein ſo ofnes Nein, ein ſo kurz und gutes Nein, daß Herr v. E. nicht weiter das Herz hatte, auf ein Ja bei dieſem hartſchaͤligen Maͤdchen, (wie er es zu nennen beliebte,) zu beſtehen. Herrmann war bey dieſer Anwerbung nicht gegenwaͤrtig. — Herr v. E., der von Minen Ja (dies Wortſpiel von Ja; denn ſie ſolte den Worten nach Aus- geberin, Geſellſchafterin, werden) hoͤren wolte, fand ſie auch ſchoͤn beym Nein. Er kuͤßt’ ihr die Hand! — brennend —
Ich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0325"n="317"/><p>Herr v. E. machte jetzt einen ganz andern<lb/>
Auftritt, als im erſten Akt. Der Knoten war<lb/>
geſchuͤrzt. Wer den Vogel im Kefig hat, be-<lb/>
darf keinen Vogelleim. Ohne ihr Band am<lb/>
Buſen der Jahreszeit angemeſſen zu finden,<lb/>
ohne die Exclamation: aller allerliebſt! trug<lb/>
er Minen, die auf dieſen Antrag nicht im<lb/>
mindeſten vorbereitet war, das bewuſte Brod-<lb/>ſtellchen an. — Vielleicht wuͤrd’ ein weniger<lb/>
kluges Maͤdchen, als Mine, drey Schritt zu-<lb/>
ruͤckgetreten und Bedenkzeit nachgeſucht, oder<lb/>
wohl gar Jageſagt haben; obgleich es an ſich<lb/>
immer ein falſcher, ein Pariſerzug war, dieſe<lb/>
Anwerbung ſelbſt, und nicht durch gute Maͤn-<lb/>
ner, auf deutſche Weiſe zu thun. — Mine<lb/>ſagte: Nein! — Ein ſo ofnes Nein, ein ſo<lb/>
kurz und gutes Nein, daß Herr v. E. nicht<lb/>
weiter das Herz hatte, auf ein Ja bei dieſem<lb/>
hartſchaͤligen Maͤdchen, (wie er es zu nennen<lb/>
beliebte,) zu beſtehen. Herrmann war bey<lb/>
dieſer Anwerbung nicht gegenwaͤrtig. — Herr<lb/>
v. E., der von Minen Ja (dies Wortſpiel<lb/>
von Ja; denn ſie ſolte den Worten nach Aus-<lb/>
geberin, Geſellſchafterin, werden) hoͤren wolte,<lb/>
fand ſie auch ſchoͤn beym Nein. Er kuͤßt’ ihr<lb/>
die Hand! — brennend —</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ich</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[317/0325]
Herr v. E. machte jetzt einen ganz andern
Auftritt, als im erſten Akt. Der Knoten war
geſchuͤrzt. Wer den Vogel im Kefig hat, be-
darf keinen Vogelleim. Ohne ihr Band am
Buſen der Jahreszeit angemeſſen zu finden,
ohne die Exclamation: aller allerliebſt! trug
er Minen, die auf dieſen Antrag nicht im
mindeſten vorbereitet war, das bewuſte Brod-
ſtellchen an. — Vielleicht wuͤrd’ ein weniger
kluges Maͤdchen, als Mine, drey Schritt zu-
ruͤckgetreten und Bedenkzeit nachgeſucht, oder
wohl gar Jageſagt haben; obgleich es an ſich
immer ein falſcher, ein Pariſerzug war, dieſe
Anwerbung ſelbſt, und nicht durch gute Maͤn-
ner, auf deutſche Weiſe zu thun. — Mine
ſagte: Nein! — Ein ſo ofnes Nein, ein ſo
kurz und gutes Nein, daß Herr v. E. nicht
weiter das Herz hatte, auf ein Ja bei dieſem
hartſchaͤligen Maͤdchen, (wie er es zu nennen
beliebte,) zu beſtehen. Herrmann war bey
dieſer Anwerbung nicht gegenwaͤrtig. — Herr
v. E., der von Minen Ja (dies Wortſpiel
von Ja; denn ſie ſolte den Worten nach Aus-
geberin, Geſellſchafterin, werden) hoͤren wolte,
fand ſie auch ſchoͤn beym Nein. Er kuͤßt’ ihr
die Hand! — brennend —
Ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/325>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.