that einen heftigen Schrey, da sie den Herrn v. E. sah. Er aber, nachdem er sie durchs Glaß betrachtet, fand sie aller allerliebst -- und das sagt' er ihr so ohne Rückhalt, als ob sie zum Kauf stünde, wo jedem Vorbey- gehenden frey stehet, ohne Umständ' allerliebst zu sagen. --
Es blieb bei diesem allerliebst nicht. Sie war im Neglischee, und da fand er das Band am Busen so sehr der Jahrszeit angemessen, daß man es nicht besser in Paris hätte wäh- len können. -- Er packte seine drey Gläser, (durch alle drey hatt' er sie gesehen,) ein, und schien es dazu anzulegen, Minen mit seinen leiblichen Augen zu erreichen. Er war fertig, sie in nähern Augenschein zu nehmen. Da nahm Mine ihre ganze Gewalt im Aug zusammen, um ihn zur Erde zu sehen. -- Er fühlte diesen Blick, obgleich er ein ganzes run- des Jahr in Paris gewesen war, und er kam wieder zurück, zu seinen drey Gläsern, und zum Allerliebst. Von dieser Stelle hätt' ihn das Auge der Tugend selbst nicht wegblitzen können. -- Mine hatte nichts mehr nöthig, als diesen Zwitter von Franzos und Cur- länder zu sehen, um ihn unausstehlich zu finden. -- Sie würd' über den ersten Sterb-
lichen
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that einen heftigen Schrey, da ſie den Herrn v. E. ſah. Er aber, nachdem er ſie durchs Glaß betrachtet, fand ſie aller allerliebſt — und das ſagt’ er ihr ſo ohne Ruͤckhalt, als ob ſie zum Kauf ſtuͤnde, wo jedem Vorbey- gehenden frey ſtehet, ohne Umſtaͤnd’ allerliebſt zu ſagen. —
Es blieb bei dieſem allerliebſt nicht. Sie war im Negliſchee, und da fand er das Band am Buſen ſo ſehr der Jahrszeit angemeſſen, daß man es nicht beſſer in Paris haͤtte waͤh- len koͤnnen. — Er packte ſeine drey Glaͤſer, (durch alle drey hatt’ er ſie geſehen,) ein, und ſchien es dazu anzulegen, Minen mit ſeinen leiblichen Augen zu erreichen. Er war fertig, ſie in naͤhern Augenſchein zu nehmen. Da nahm Mine ihre ganze Gewalt im Aug zuſammen, um ihn zur Erde zu ſehen. — Er fuͤhlte dieſen Blick, obgleich er ein ganzes run- des Jahr in Paris geweſen war, und er kam wieder zuruͤck, zu ſeinen drey Glaͤſern, und zum Allerliebſt. Von dieſer Stelle haͤtt’ ihn das Auge der Tugend ſelbſt nicht wegblitzen koͤnnen. — Mine hatte nichts mehr noͤthig, als dieſen Zwitter von Franzos und Cur- laͤnder zu ſehen, um ihn unausſtehlich zu finden. — Sie wuͤrd’ uͤber den erſten Sterb-
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that einen heftigen Schrey, da ſie den Herrn
v. E. ſah. Er aber, nachdem er ſie durchs
Glaß betrachtet, fand ſie aller allerliebſt —
und das ſagt’ er ihr ſo ohne Ruͤckhalt, als
ob ſie zum Kauf ſtuͤnde, wo jedem Vorbey-
gehenden frey ſtehet, ohne Umſtaͤnd’ allerliebſt
zu ſagen. —
Es blieb bei dieſem allerliebſt nicht. Sie
war im Negliſchee, und da fand er das Band
am Buſen ſo ſehr der Jahrszeit angemeſſen,
daß man es nicht beſſer in Paris haͤtte waͤh-
len koͤnnen. — Er packte ſeine drey Glaͤſer,
(durch alle drey hatt’ er ſie geſehen,) ein,
und ſchien es dazu anzulegen, Minen mit
ſeinen leiblichen Augen zu erreichen. Er war
fertig, ſie in naͤhern Augenſchein zu nehmen.
Da nahm Mine ihre ganze Gewalt im Aug
zuſammen, um ihn zur Erde zu ſehen. — Er
fuͤhlte dieſen Blick, obgleich er ein ganzes run-
des Jahr in Paris geweſen war, und er kam
wieder zuruͤck, zu ſeinen drey Glaͤſern, und
zum Allerliebſt. Von dieſer Stelle haͤtt’ ihn
das Auge der Tugend ſelbſt nicht wegblitzen
koͤnnen. — Mine hatte nichts mehr noͤthig,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/317>, abgerufen am 22.11.2024.
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