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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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ward ihm nicht schwer. Ein Mensch, wie
er, hätte beim Wort Tode heulen und zähn-
klappen sollen; allein es waren diese Thrä-
nen, wie alles an ihm war. Seine Empfin-
dungen waren Kunst. Sie ergossen sich nie,
sie wurden nur durchs Druckwerk getrieben.
Er hatte beides Lachen und Weinen in einem
Behältniß -- wie man wolte, wolt' er
mit. --)

O, den werd ich, den werd ich nicht
überleben! --

Dene, welcher unfehlbar der selige gnä-
dige Herr beim Ueberleben einfiel, fieng auch
bitterlich zu weinen au. Herrmann deutete
dieses auf sich, und umfaßte ihre Knie und
-- da hörten diese Turteltauben die zurück
kommende Frau v. E. und ihren Sohn, das
Testament in der Hand.

Jedes, Dene und Herrmann, giengen
in ein ander Fenster. Es hatte sich schon
jedes etwas kalt gewordenes Theewaßer aufs
Schnupftuch gegoßen, um desto gründlicher
alles zu verwischen. --

Herr v. E. wandte sich, da er zurückkam,
das Testament noch in der Hand, zu Denen
-- da find ich, liebe Dene, fing er an, eine
närrische Clausul. -- Hat der Teufel je so

was

ward ihm nicht ſchwer. Ein Menſch, wie
er, haͤtte beim Wort Tode heulen und zaͤhn-
klappen ſollen; allein es waren dieſe Thraͤ-
nen, wie alles an ihm war. Seine Empfin-
dungen waren Kunſt. Sie ergoſſen ſich nie,
ſie wurden nur durchs Druckwerk getrieben.
Er hatte beides Lachen und Weinen in einem
Behaͤltniß — wie man wolte, wolt’ er
mit. —)

O, den werd ich, den werd ich nicht
uͤberleben!

Dene, welcher unfehlbar der ſelige gnaͤ-
dige Herr beim Ueberleben einfiel, fieng auch
bitterlich zu weinen au. Herrmann deutete
dieſes auf ſich, und umfaßte ihre Knie und
— da hoͤrten dieſe Turteltauben die zuruͤck
kommende Frau v. E. und ihren Sohn, das
Teſtament in der Hand.

Jedes, Dene und Herrmann, giengen
in ein ander Fenſter. Es hatte ſich ſchon
jedes etwas kalt gewordenes Theewaßer aufs
Schnupftuch gegoßen, um deſto gruͤndlicher
alles zu verwiſchen. —

Herr v. E. wandte ſich, da er zuruͤckkam,
das Teſtament noch in der Hand, zu Denen
— da find ich, liebe Dene, fing er an, eine
naͤrriſche Clauſul. — Hat der Teufel je ſo

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[306/0314] ward ihm nicht ſchwer. Ein Menſch, wie er, haͤtte beim Wort Tode heulen und zaͤhn- klappen ſollen; allein es waren dieſe Thraͤ- nen, wie alles an ihm war. Seine Empfin- dungen waren Kunſt. Sie ergoſſen ſich nie, ſie wurden nur durchs Druckwerk getrieben. Er hatte beides Lachen und Weinen in einem Behaͤltniß — wie man wolte, wolt’ er mit. —) O, den werd ich, den werd ich nicht uͤberleben! — Dene, welcher unfehlbar der ſelige gnaͤ- dige Herr beim Ueberleben einfiel, fieng auch bitterlich zu weinen au. Herrmann deutete dieſes auf ſich, und umfaßte ihre Knie und — da hoͤrten dieſe Turteltauben die zuruͤck kommende Frau v. E. und ihren Sohn, das Teſtament in der Hand. Jedes, Dene und Herrmann, giengen in ein ander Fenſter. Es hatte ſich ſchon jedes etwas kalt gewordenes Theewaßer aufs Schnupftuch gegoßen, um deſto gruͤndlicher alles zu verwiſchen. — Herr v. E. wandte ſich, da er zuruͤckkam, das Teſtament noch in der Hand, zu Denen — da find ich, liebe Dene, fing er an, eine naͤrriſche Clauſul. — Hat der Teufel je ſo was

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/314>, abgerufen am 25.11.2024.