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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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blick befremdete, war mir doch gleich nach
diesem Augenblick willkommen. Ein betrüb-
tes Herz liebet zärtlicher, und wahre Liebe ist
keine frohe Leidenschaft. -- Sie fängt mit
Seufzern an, so wie wir mit Thränen ge-
boren werden. Mine war mit Leib und
Seel vor meinen Augen, es ist doch ihr Va-
ter, dacht' ich, und reichte dem Herrn Herr-
mann die Hand. So Hand in Hand kamen
wir ins Schlafzimmer. Hier legte der alte
Herr sein Protektionsansehen, womit er mich
ohnehin nur nach der Abreise meines Vaters,
und das sehr beyläufig, heimgesucht hatte,
zugleich mit seiner Perük' ab, und that un-
gemein vertraut mit mir. Um seine heuti-
ge Hofnarrenführung zu entschuldigen, zog
er auf den Adel los. Traget die Narren,
sagt' er, weil ihr klug seyd, und restituirte
also diesen Spruch in integrum, nachdem er
von ihm und dem Herrn v. W. in der Art
war verdrehet worden: Traget die Groben,
weil ihr höflich seyd
. Ich weis nicht, wie's
mir anwandelte, daß ich dem alten Herrn
bey den Worten: traget die Narren, weil
ihr klug seyd, ins Wort fiel:
"allein macht euch nicht selbst zum
Narren"

Es

blick befremdete, war mir doch gleich nach
dieſem Augenblick willkommen. Ein betruͤb-
tes Herz liebet zaͤrtlicher, und wahre Liebe iſt
keine frohe Leidenſchaft. — Sie faͤngt mit
Seufzern an, ſo wie wir mit Thraͤnen ge-
boren werden. Mine war mit Leib und
Seel vor meinen Augen, es iſt doch ihr Va-
ter, dacht’ ich, und reichte dem Herrn Herr-
mann die Hand. So Hand in Hand kamen
wir ins Schlafzimmer. Hier legte der alte
Herr ſein Protektionsanſehen, womit er mich
ohnehin nur nach der Abreiſe meines Vaters,
und das ſehr beylaͤufig, heimgeſucht hatte,
zugleich mit ſeiner Peruͤk’ ab, und that un-
gemein vertraut mit mir. Um ſeine heuti-
ge Hofnarrenfuͤhrung zu entſchuldigen, zog
er auf den Adel los. Traget die Narren,
ſagt’ er, weil ihr klug ſeyd, und reſtituirte
alſo dieſen Spruch in integrum, nachdem er
von ihm und dem Herrn v. W. in der Art
war verdrehet worden: Traget die Groben,
weil ihr hoͤflich ſeyd
. Ich weis nicht, wie’s
mir anwandelte, daß ich dem alten Herrn
bey den Worten: traget die Narren, weil
ihr klug ſeyd, ins Wort fiel:
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[24/0030] blick befremdete, war mir doch gleich nach dieſem Augenblick willkommen. Ein betruͤb- tes Herz liebet zaͤrtlicher, und wahre Liebe iſt keine frohe Leidenſchaft. — Sie faͤngt mit Seufzern an, ſo wie wir mit Thraͤnen ge- boren werden. Mine war mit Leib und Seel vor meinen Augen, es iſt doch ihr Va- ter, dacht’ ich, und reichte dem Herrn Herr- mann die Hand. So Hand in Hand kamen wir ins Schlafzimmer. Hier legte der alte Herr ſein Protektionsanſehen, womit er mich ohnehin nur nach der Abreiſe meines Vaters, und das ſehr beylaͤufig, heimgeſucht hatte, zugleich mit ſeiner Peruͤk’ ab, und that un- gemein vertraut mit mir. Um ſeine heuti- ge Hofnarrenfuͤhrung zu entſchuldigen, zog er auf den Adel los. Traget die Narren, ſagt’ er, weil ihr klug ſeyd, und reſtituirte alſo dieſen Spruch in integrum, nachdem er von ihm und dem Herrn v. W. in der Art war verdrehet worden: Traget die Groben, weil ihr hoͤflich ſeyd. Ich weis nicht, wie’s mir anwandelte, daß ich dem alten Herrn bey den Worten: traget die Narren, weil ihr klug ſeyd, ins Wort fiel: „allein macht euch nicht ſelbſt zum Narren„ Es

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/30>, abgerufen am 23.11.2024.