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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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der allem, was man Belang heißen kann,
gerad' entgegen war. Sie fanden eine ge-
schwächte, eine zu Fall gekommene Person,
einen Hofnarren, Cammerherrn, Forst und
Jägermeister, einen Witzdiener, Positiv-
schläger. -- Einen, von dem man nicht be-
haupten kann, daß er seinen Namen, wie
mein Vater sein Vaterland, geflißentlich ver-
schloß
, (wie einer meiner Splitterrichter des
ersten Bandes der Meynung gewesen,) son-
dern den man den alten Herrn zu nennen für
gut fand, und der, weil mit dem Wort'
Alt das Wort Herr verschwägert war, (wo-
mit man wahrlich in Curland nicht ver-
schwendrisch ist) nichts mehr erwarten konnte,
und mit dieser Ehre sehr zufrieden schien,
und wie hätte wohl dieser Schneider, Schu-
ster, Töpfer, Ton und Tausendkünstler, und
wär's auch nur des Podagras wegen, wel-
ches keine gemeine Krankheit ist, wider den
Ehrennamen, Nicolaus Herrmann, eine
Sylbe einwenden und den Kopf schütteln
können? Der alte Herr war kriechend und
stolz, wie die Stolzen immer zu seyn pflegen.
-- Obgleich er seinen Abschied als Witzdiener
in höchsten Gnaden erhalten; so sprudelte
doch ein schwarzes Blut in seiner satyrischen

Ader

der allem, was man Belang heißen kann,
gerad’ entgegen war. Sie fanden eine ge-
ſchwaͤchte, eine zu Fall gekommene Perſon,
einen Hofnarren, Cammerherrn, Forſt und
Jaͤgermeiſter, einen Witzdiener, Poſitiv-
ſchlaͤger. — Einen, von dem man nicht be-
haupten kann, daß er ſeinen Namen, wie
mein Vater ſein Vaterland, geflißentlich ver-
ſchloß
, (wie einer meiner Splitterrichter des
erſten Bandes der Meynung geweſen,) ſon-
dern den man den alten Herrn zu nennen fuͤr
gut fand, und der, weil mit dem Wort’
Alt das Wort Herr verſchwaͤgert war, (wo-
mit man wahrlich in Curland nicht ver-
ſchwendriſch iſt) nichts mehr erwarten konnte,
und mit dieſer Ehre ſehr zufrieden ſchien,
und wie haͤtte wohl dieſer Schneider, Schu-
ſter, Toͤpfer, Ton und Tauſendkuͤnſtler, und
waͤr’s auch nur des Podagras wegen, wel-
ches keine gemeine Krankheit iſt, wider den
Ehrennamen, Nicolaus Herrmann, eine
Sylbe einwenden und den Kopf ſchuͤtteln
koͤnnen? Der alte Herr war kriechend und
ſtolz, wie die Stolzen immer zu ſeyn pflegen.
— Obgleich er ſeinen Abſchied als Witzdiener
in hoͤchſten Gnaden erhalten; ſo ſprudelte
doch ein ſchwarzes Blut in ſeiner ſatyriſchen

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[278/0286] der allem, was man Belang heißen kann, gerad’ entgegen war. Sie fanden eine ge- ſchwaͤchte, eine zu Fall gekommene Perſon, einen Hofnarren, Cammerherrn, Forſt und Jaͤgermeiſter, einen Witzdiener, Poſitiv- ſchlaͤger. — Einen, von dem man nicht be- haupten kann, daß er ſeinen Namen, wie mein Vater ſein Vaterland, geflißentlich ver- ſchloß, (wie einer meiner Splitterrichter des erſten Bandes der Meynung geweſen,) ſon- dern den man den alten Herrn zu nennen fuͤr gut fand, und der, weil mit dem Wort’ Alt das Wort Herr verſchwaͤgert war, (wo- mit man wahrlich in Curland nicht ver- ſchwendriſch iſt) nichts mehr erwarten konnte, und mit dieſer Ehre ſehr zufrieden ſchien, und wie haͤtte wohl dieſer Schneider, Schu- ſter, Toͤpfer, Ton und Tauſendkuͤnſtler, und waͤr’s auch nur des Podagras wegen, wel- ches keine gemeine Krankheit iſt, wider den Ehrennamen, Nicolaus Herrmann, eine Sylbe einwenden und den Kopf ſchuͤtteln koͤnnen? Der alte Herr war kriechend und ſtolz, wie die Stolzen immer zu ſeyn pflegen. — Obgleich er ſeinen Abſchied als Witzdiener in hoͤchſten Gnaden erhalten; ſo ſprudelte doch ein ſchwarzes Blut in ſeiner ſatyriſchen Ader

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/286>, abgerufen am 22.11.2024.