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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Die Philosophie und die deutsche Sprache,
-- wolte Gott, dies könnt' ein Paar wer-
den für und für! -- Wolte Gott, unsere
Philosophen möchten solche Gewißenskoliken
haben, als Tiberius über jenes Wort im
Edict, und über das Wort Monopolium,
von welchem mir bekannt ist, daß er es mit
salua venia verbrämt, und über das Wort
emblema, welches er wie Se. Spektabilität
beyläufig anzumerken beliebten, aus einem
Edikt ausradiren laßen. --

Es giebt Natur-Philosophie und Kunst-
Philosophie. Leben! Leben! Leben! und
Schulweisheit. Philosophie, die blos weiß,
und Philosophie, die weiß und thut, ge-
lehrten Wust und Weisheit. Aristoteles war
ein Künstler, Epikur, Diogenes, (mit
Fleiß zusammen,) waren Naturalisten, und
Sokrates desgleichen. -- Die künstliche
wird ganz und gar gelehrt, bey der natür-
lichen ist nur eine gewisse Methode, die ge-
zeigt wird. Das Faß des Diogenes, die
Brey des Epikurs, wie verehrungswerth! --
Die Fenster im Auditorio, wo natürliche
Weisheit gelehrt wird, gehen all' ins ge-

meine

Die Philoſophie und die deutſche Sprache,
— wolte Gott, dies koͤnnt’ ein Paar wer-
den fuͤr und fuͤr! — Wolte Gott, unſere
Philoſophen moͤchten ſolche Gewißenskoliken
haben, als Tiberius uͤber jenes Wort im
Edict, und uͤber das Wort Monopolium,
von welchem mir bekannt iſt, daß er es mit
ſalua venia verbraͤmt, und uͤber das Wort
ἔμβλημα, welches er wie Se. Spektabilitaͤt
beylaͤufig anzumerken beliebten, aus einem
Edikt ausradiren laßen. —

Es giebt Natur-Philoſophie und Kunſt-
Philoſophie. Leben! Leben! Leben! und
Schulweisheit. Philoſophie, die blos weiß,
und Philoſophie, die weiß und thut, ge-
lehrten Wuſt und Weisheit. Ariſtoteles war
ein Kuͤnſtler, Epikur, Diogenes, (mit
Fleiß zuſammen,) waren Naturaliſten, und
Sokrates desgleichen. — Die kuͤnſtliche
wird ganz und gar gelehrt, bey der natuͤr-
lichen iſt nur eine gewiſſe Methode, die ge-
zeigt wird. Das Faß des Diogenes, die
Brey des Epikurs, wie verehrungswerth! —
Die Fenſter im Auditorio, wo natuͤrliche
Weisheit gelehrt wird, gehen all’ ins ge-

meine
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[222/0230] Die Philoſophie und die deutſche Sprache, — wolte Gott, dies koͤnnt’ ein Paar wer- den fuͤr und fuͤr! — Wolte Gott, unſere Philoſophen moͤchten ſolche Gewißenskoliken haben, als Tiberius uͤber jenes Wort im Edict, und uͤber das Wort Monopolium, von welchem mir bekannt iſt, daß er es mit ſalua venia verbraͤmt, und uͤber das Wort ἔμβλημα, welches er wie Se. Spektabilitaͤt beylaͤufig anzumerken beliebten, aus einem Edikt ausradiren laßen. — Es giebt Natur-Philoſophie und Kunſt- Philoſophie. Leben! Leben! Leben! und Schulweisheit. Philoſophie, die blos weiß, und Philoſophie, die weiß und thut, ge- lehrten Wuſt und Weisheit. Ariſtoteles war ein Kuͤnſtler, Epikur, Diogenes, (mit Fleiß zuſammen,) waren Naturaliſten, und Sokrates desgleichen. — Die kuͤnſtliche wird ganz und gar gelehrt, bey der natuͤr- lichen iſt nur eine gewiſſe Methode, die ge- zeigt wird. Das Faß des Diogenes, die Brey des Epikurs, wie verehrungswerth! — Die Fenſter im Auditorio, wo natuͤrliche Weisheit gelehrt wird, gehen all’ ins ge- meine

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/230>, abgerufen am 23.11.2024.