Die Philosophie und die deutsche Sprache, -- wolte Gott, dies könnt' ein Paar wer- den für und für! -- Wolte Gott, unsere Philosophen möchten solche Gewißenskoliken haben, als Tiberius über jenes Wort im Edict, und über das Wort Monopolium, von welchem mir bekannt ist, daß er es mit salua venia verbrämt, und über das Wort emblema, welches er wie Se. Spektabilität beyläufig anzumerken beliebten, aus einem Edikt ausradiren laßen. --
Es giebt Natur-Philosophie und Kunst- Philosophie. Leben! Leben! Leben! und Schulweisheit. Philosophie, die blos weiß, und Philosophie, die weiß und thut, ge- lehrten Wust und Weisheit. Aristoteles war ein Künstler, Epikur, Diogenes, (mit Fleiß zusammen,) waren Naturalisten, und Sokrates desgleichen. -- Die künstliche wird ganz und gar gelehrt, bey der natür- lichen ist nur eine gewisse Methode, die ge- zeigt wird. Das Faß des Diogenes, die Brey des Epikurs, wie verehrungswerth! -- Die Fenster im Auditorio, wo natürliche Weisheit gelehrt wird, gehen all' ins ge-
meine
Die Philoſophie und die deutſche Sprache, — wolte Gott, dies koͤnnt’ ein Paar wer- den fuͤr und fuͤr! — Wolte Gott, unſere Philoſophen moͤchten ſolche Gewißenskoliken haben, als Tiberius uͤber jenes Wort im Edict, und uͤber das Wort Monopolium, von welchem mir bekannt iſt, daß er es mit ſalua venia verbraͤmt, und uͤber das Wort ἔμβλημα, welches er wie Se. Spektabilitaͤt beylaͤufig anzumerken beliebten, aus einem Edikt ausradiren laßen. —
Es giebt Natur-Philoſophie und Kunſt- Philoſophie. Leben! Leben! Leben! und Schulweisheit. Philoſophie, die blos weiß, und Philoſophie, die weiß und thut, ge- lehrten Wuſt und Weisheit. Ariſtoteles war ein Kuͤnſtler, Epikur, Diogenes, (mit Fleiß zuſammen,) waren Naturaliſten, und Sokrates desgleichen. — Die kuͤnſtliche wird ganz und gar gelehrt, bey der natuͤr- lichen iſt nur eine gewiſſe Methode, die ge- zeigt wird. Das Faß des Diogenes, die Brey des Epikurs, wie verehrungswerth! — Die Fenſter im Auditorio, wo natuͤrliche Weisheit gelehrt wird, gehen all’ ins ge-
meine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0230"n="222"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Philoſophie und die deutſche Sprache,<lb/>— wolte Gott, dies koͤnnt’ ein Paar wer-<lb/>
den fuͤr und fuͤr! — Wolte Gott, unſere<lb/>
Philoſophen moͤchten ſolche Gewißenskoliken<lb/>
haben, als Tiberius uͤber jenes Wort im<lb/>
Edict, und uͤber das Wort Monopolium,<lb/>
von welchem mir bekannt iſt, daß er es mit<lb/><hirendition="#aq">ſalua venia</hi> verbraͤmt, und uͤber das Wort<lb/>ἔμβλημα, welches er wie Se. Spektabilitaͤt<lb/>
beylaͤufig anzumerken beliebten, aus einem<lb/>
Edikt ausradiren laßen. —</p><lb/><p>Es giebt Natur-Philoſophie und Kunſt-<lb/>
Philoſophie. Leben! Leben! Leben! und<lb/>
Schulweisheit. Philoſophie, die blos weiß,<lb/>
und Philoſophie, die weiß und thut, ge-<lb/>
lehrten Wuſt und Weisheit. Ariſtoteles war<lb/>
ein Kuͤnſtler, Epikur, Diogenes, (mit<lb/>
Fleiß zuſammen,) waren Naturaliſten, und<lb/>
Sokrates desgleichen. — Die kuͤnſtliche<lb/>
wird ganz und gar gelehrt, bey der natuͤr-<lb/>
lichen iſt nur eine gewiſſe Methode, die ge-<lb/>
zeigt wird. Das Faß des Diogenes, die<lb/>
Brey des Epikurs, wie verehrungswerth! —<lb/>
Die Fenſter im Auditorio, wo natuͤrliche<lb/>
Weisheit gelehrt wird, gehen all’ ins ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">meine</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[222/0230]
Die Philoſophie und die deutſche Sprache,
— wolte Gott, dies koͤnnt’ ein Paar wer-
den fuͤr und fuͤr! — Wolte Gott, unſere
Philoſophen moͤchten ſolche Gewißenskoliken
haben, als Tiberius uͤber jenes Wort im
Edict, und uͤber das Wort Monopolium,
von welchem mir bekannt iſt, daß er es mit
ſalua venia verbraͤmt, und uͤber das Wort
ἔμβλημα, welches er wie Se. Spektabilitaͤt
beylaͤufig anzumerken beliebten, aus einem
Edikt ausradiren laßen. —
Es giebt Natur-Philoſophie und Kunſt-
Philoſophie. Leben! Leben! Leben! und
Schulweisheit. Philoſophie, die blos weiß,
und Philoſophie, die weiß und thut, ge-
lehrten Wuſt und Weisheit. Ariſtoteles war
ein Kuͤnſtler, Epikur, Diogenes, (mit
Fleiß zuſammen,) waren Naturaliſten, und
Sokrates desgleichen. — Die kuͤnſtliche
wird ganz und gar gelehrt, bey der natuͤr-
lichen iſt nur eine gewiſſe Methode, die ge-
zeigt wird. Das Faß des Diogenes, die
Brey des Epikurs, wie verehrungswerth! —
Die Fenſter im Auditorio, wo natuͤrliche
Weisheit gelehrt wird, gehen all’ ins ge-
meine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/230>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.