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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Der Senior Familiä, ein alter herzlo-
ser Mann, nahm sie entgegen, und es ward
dem Dankbaren angedeutet, daß da man von
den viertausend Gulden, ohne an die sieben-
zig zu denken, gehöret, er wohl ihre zwey-
tausend Gulden, zusammt den Verzögerungs-
zinsen, entrichten könnte.

Freunde, fieng er an: allein man droht'
ihm mit dem breiten Wege Rechtens, der
zur Verdammnis führet, und viele sind, die
darauf wandlen.

Freunde, fieng der Selige wieder an:
allein (und dies kränkt' ihn am meisten) sie
machten ihm Vorwürfe, daß er noch dazu
die zweytausend Gulden zu Lusthaus und
Garten verwendet hätte.

Aber -- fieng er wieder an, und der
Senior Familiä fiel ihm ins Wort, freylich
hatte Sie Gott damals reichlich geseegnet,
und Sie konnten an Lust denken, jetzt aber
bey viertausend siebenzig Gulden müßen Sie
an Zahlung denken. -- Denkt, sagte der
Selige. Zahlt, sagten die Verwandten, die
Unseligen. Sie hatten ohne Flecken, ohne
Runzel, oder des etwas, das Document,
und er hatte keinen Beweis der Schenkung,
und wenn ich auch, schreibt er, Beweis der

Schen-
M 5

Der Senior Familiaͤ, ein alter herzlo-
ſer Mann, nahm ſie entgegen, und es ward
dem Dankbaren angedeutet, daß da man von
den viertauſend Gulden, ohne an die ſieben-
zig zu denken, gehoͤret, er wohl ihre zwey-
tauſend Gulden, zuſammt den Verzoͤgerungs-
zinſen, entrichten koͤnnte.

Freunde, fieng er an: allein man droht’
ihm mit dem breiten Wege Rechtens, der
zur Verdammnis fuͤhret, und viele ſind, die
darauf wandlen.

Freunde, fieng der Selige wieder an:
allein (und dies kraͤnkt’ ihn am meiſten) ſie
machten ihm Vorwuͤrfe, daß er noch dazu
die zweytauſend Gulden zu Luſthaus und
Garten verwendet haͤtte.

Aber — fieng er wieder an, und der
Senior Familiaͤ fiel ihm ins Wort, freylich
hatte Sie Gott damals reichlich geſeegnet,
und Sie konnten an Luſt denken, jetzt aber
bey viertauſend ſiebenzig Gulden muͤßen Sie
an Zahlung denken. — Denkt, ſagte der
Selige. Zahlt, ſagten die Verwandten, die
Unſeligen. Sie hatten ohne Flecken, ohne
Runzel, oder des etwas, das Document,
und er hatte keinen Beweis der Schenkung,
und wenn ich auch, ſchreibt er, Beweis der

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M 5
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[185/0193] Der Senior Familiaͤ, ein alter herzlo- ſer Mann, nahm ſie entgegen, und es ward dem Dankbaren angedeutet, daß da man von den viertauſend Gulden, ohne an die ſieben- zig zu denken, gehoͤret, er wohl ihre zwey- tauſend Gulden, zuſammt den Verzoͤgerungs- zinſen, entrichten koͤnnte. Freunde, fieng er an: allein man droht’ ihm mit dem breiten Wege Rechtens, der zur Verdammnis fuͤhret, und viele ſind, die darauf wandlen. Freunde, fieng der Selige wieder an: allein (und dies kraͤnkt’ ihn am meiſten) ſie machten ihm Vorwuͤrfe, daß er noch dazu die zweytauſend Gulden zu Luſthaus und Garten verwendet haͤtte. Aber — fieng er wieder an, und der Senior Familiaͤ fiel ihm ins Wort, freylich hatte Sie Gott damals reichlich geſeegnet, und Sie konnten an Luſt denken, jetzt aber bey viertauſend ſiebenzig Gulden muͤßen Sie an Zahlung denken. — Denkt, ſagte der Selige. Zahlt, ſagten die Verwandten, die Unſeligen. Sie hatten ohne Flecken, ohne Runzel, oder des etwas, das Document, und er hatte keinen Beweis der Schenkung, und wenn ich auch, ſchreibt er, Beweis der Schen- M 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/193>, abgerufen am 24.11.2024.