Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

wer darstellt, wer handelt, und handeln
läßt, bereitet ein Lachen von ganzem Herzen,
von ganzer Seele, und von allen Kräften,
und auch solch ein Weinen. -- Wer im ge-
meinen Leben keinen Blick hervorlacht, son-
dern nur durch sein Handeln mit Fleiß zum
Lachen Gelegenheit giebt, ist komisch im ho-
hen Grade! Und in Wahrheit, ein verstohl-
nes Ach gilt mehr, wenn man darauf vor-
bereitet ist, das ist, wenn man leiden gese-
hen, und es nicht blos gehöret, als eine
Sündfluth von Thränen. Prüft nach die-
sen Angaben die Dichter alter und neuer Zeit.
Ich für mein Theil wolte hier nur sagen, so
wie Darsteller vom Selbstlacher und Selbst-
weiner unterschieden ist; so wie Werk vom
Wort, so monarchischer Staat vom Freyen.
Wer es faßen kann, der faß' es. --

Ich merk' es, daß ich meinem grünen
Platz entlaufen bin! und will mich gleich
wieder, so lang ich bin, hinstrecken, um
mein Vaterland zu Ende zu segnen. -- Der
Mensch ist zum Scheiden geboren. Ster-
ben lernen und philosophiren, ist von je her
für einerley gehalten worden; denn in Wahr-
heit, diese Welt ist entweder ein Vorberei-

tungs-
L 5

wer darſtellt, wer handelt, und handeln
laͤßt, bereitet ein Lachen von ganzem Herzen,
von ganzer Seele, und von allen Kraͤften,
und auch ſolch ein Weinen. — Wer im ge-
meinen Leben keinen Blick hervorlacht, ſon-
dern nur durch ſein Handeln mit Fleiß zum
Lachen Gelegenheit giebt, iſt komiſch im ho-
hen Grade! Und in Wahrheit, ein verſtohl-
nes Ach gilt mehr, wenn man darauf vor-
bereitet iſt, das iſt, wenn man leiden geſe-
hen, und es nicht blos gehoͤret, als eine
Suͤndfluth von Thraͤnen. Pruͤft nach die-
ſen Angaben die Dichter alter und neuer Zeit.
Ich fuͤr mein Theil wolte hier nur ſagen, ſo
wie Darſteller vom Selbſtlacher und Selbſt-
weiner unterſchieden iſt; ſo wie Werk vom
Wort, ſo monarchiſcher Staat vom Freyen.
Wer es faßen kann, der faß’ es. —

Ich merk’ es, daß ich meinem gruͤnen
Platz entlaufen bin! und will mich gleich
wieder, ſo lang ich bin, hinſtrecken, um
mein Vaterland zu Ende zu ſegnen. — Der
Menſch iſt zum Scheiden geboren. Ster-
ben lernen und philoſophiren, iſt von je her
fuͤr einerley gehalten worden; denn in Wahr-
heit, dieſe Welt iſt entweder ein Vorberei-

tungs-
L 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0177" n="169"/>
wer dar&#x017F;tellt, wer handelt, und handeln<lb/>
la&#x0364;ßt, bereitet ein Lachen von ganzem Herzen,<lb/>
von ganzer Seele, und von allen Kra&#x0364;ften,<lb/>
und auch &#x017F;olch ein Weinen. &#x2014; Wer im ge-<lb/>
meinen Leben keinen Blick hervorlacht, &#x017F;on-<lb/>
dern nur durch &#x017F;ein Handeln mit Fleiß zum<lb/>
Lachen Gelegenheit giebt, i&#x017F;t komi&#x017F;ch im ho-<lb/>
hen Grade! Und in Wahrheit, ein ver&#x017F;tohl-<lb/>
nes Ach gilt mehr, wenn man darauf vor-<lb/>
bereitet i&#x017F;t, das i&#x017F;t, wenn man leiden ge&#x017F;e-<lb/>
hen, und es nicht blos geho&#x0364;ret, als eine<lb/>
Su&#x0364;ndfluth von Thra&#x0364;nen. Pru&#x0364;ft nach die-<lb/>
&#x017F;en Angaben die Dichter alter und neuer Zeit.<lb/>
Ich fu&#x0364;r mein Theil wolte hier nur &#x017F;agen, &#x017F;o<lb/>
wie Dar&#x017F;teller vom Selb&#x017F;tlacher und Selb&#x017F;t-<lb/>
weiner unter&#x017F;chieden i&#x017F;t; &#x017F;o wie Werk vom<lb/>
Wort, &#x017F;o monarchi&#x017F;cher Staat vom <hi rendition="#fr">Freyen</hi>.<lb/>
Wer es faßen kann, der faß&#x2019; es. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ich merk&#x2019; es, daß ich meinem gru&#x0364;nen<lb/>
Platz entlaufen bin! und will mich gleich<lb/>
wieder, &#x017F;o lang ich bin, hin&#x017F;trecken, um<lb/>
mein Vaterland zu Ende zu &#x017F;egnen. &#x2014; Der<lb/>
Men&#x017F;ch i&#x017F;t zum Scheiden geboren. Ster-<lb/>
ben lernen und philo&#x017F;ophiren, i&#x017F;t von je her<lb/>
fu&#x0364;r einerley gehalten worden; denn in Wahr-<lb/>
heit, die&#x017F;e Welt i&#x017F;t entweder ein Vorberei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 5</fw><fw place="bottom" type="catch">tungs-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0177] wer darſtellt, wer handelt, und handeln laͤßt, bereitet ein Lachen von ganzem Herzen, von ganzer Seele, und von allen Kraͤften, und auch ſolch ein Weinen. — Wer im ge- meinen Leben keinen Blick hervorlacht, ſon- dern nur durch ſein Handeln mit Fleiß zum Lachen Gelegenheit giebt, iſt komiſch im ho- hen Grade! Und in Wahrheit, ein verſtohl- nes Ach gilt mehr, wenn man darauf vor- bereitet iſt, das iſt, wenn man leiden geſe- hen, und es nicht blos gehoͤret, als eine Suͤndfluth von Thraͤnen. Pruͤft nach die- ſen Angaben die Dichter alter und neuer Zeit. Ich fuͤr mein Theil wolte hier nur ſagen, ſo wie Darſteller vom Selbſtlacher und Selbſt- weiner unterſchieden iſt; ſo wie Werk vom Wort, ſo monarchiſcher Staat vom Freyen. Wer es faßen kann, der faß’ es. — Ich merk’ es, daß ich meinem gruͤnen Platz entlaufen bin! und will mich gleich wieder, ſo lang ich bin, hinſtrecken, um mein Vaterland zu Ende zu ſegnen. — Der Menſch iſt zum Scheiden geboren. Ster- ben lernen und philoſophiren, iſt von je her fuͤr einerley gehalten worden; denn in Wahr- heit, dieſe Welt iſt entweder ein Vorberei- tungs- L 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/177
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/177>, abgerufen am 25.11.2024.