schreibst du mir den ersten. -- Alles übrige wird dir Benjamin sagen.
Wenn du es nicht selber endlich fürs beste gehalten hättest, dem Benjamin den Vor- hang unsrer Lieb' aufzuziehen, ich wäre ver- gangen in meinem Elend. Der Brief, den Benjamin von dir mitbringt, wird nicht gerechnet. Er an Sie zuerst, wenn du an Ort und Stelle bist, wo dich Gott hingeleiten wolle durch seinen heiligen Engel, dem ich, wie dir, eine glückliche, glückliche Reise wün- sche. Ich häng' an einem deiner Blick', ich weiß aber nicht, ob es der lezte war. So hieng ich nie an deinem Mund, so fest nie, als an diesem Blick. Was ist aber in dei- nem Auge? Schwermuth, tiefe Schwer- muth? Um wen traurest du, Lieber, um wen? Kannst du um wen anders trauren, als um deine Mine? Ist sie tod, deine Mi- ne? Hat sie ausgekämpft, den schweren Kampf, die Dulderin? Mir liegt der Spruch so tief in der Seele: sey getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben; daß die Krone des Lebens vor mei- nen Augen schimmert. -- Liebe und An- dacht, pflegst du zu sagen, sind zwey Lieder auf eine Melodie. Ist denn die Liebe nicht,
wie
ſchreibſt du mir den erſten. — Alles uͤbrige wird dir Benjamin ſagen.
Wenn du es nicht ſelber endlich fuͤrs beſte gehalten haͤtteſt, dem Benjamin den Vor- hang unſrer Lieb’ aufzuziehen, ich waͤre ver- gangen in meinem Elend. Der Brief, den Benjamin von dir mitbringt, wird nicht gerechnet. Er an Sie zuerſt, wenn du an Ort und Stelle biſt, wo dich Gott hingeleiten wolle durch ſeinen heiligen Engel, dem ich, wie dir, eine gluͤckliche, gluͤckliche Reiſe wuͤn- ſche. Ich haͤng’ an einem deiner Blick’, ich weiß aber nicht, ob es der lezte war. So hieng ich nie an deinem Mund, ſo feſt nie, als an dieſem Blick. Was iſt aber in dei- nem Auge? Schwermuth, tiefe Schwer- muth? Um wen traureſt du, Lieber, um wen? Kannſt du um wen anders trauren, als um deine Mine? Iſt ſie tod, deine Mi- ne? Hat ſie ausgekaͤmpft, den ſchweren Kampf, die Dulderin? Mir liegt der Spruch ſo tief in der Seele: ſey getreu bis in den Tod, ſo will ich dir die Krone des Lebens geben; daß die Krone des Lebens vor mei- nen Augen ſchimmert. — Liebe und An- dacht, pflegſt du zu ſagen, ſind zwey Lieder auf eine Melodie. Iſt denn die Liebe nicht,
wie
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ſchreibſt du mir den erſten. — Alles uͤbrige
wird dir Benjamin ſagen.
Wenn du es nicht ſelber endlich fuͤrs beſte
gehalten haͤtteſt, dem Benjamin den Vor-
hang unſrer Lieb’ aufzuziehen, ich waͤre ver-
gangen in meinem Elend. Der Brief, den
Benjamin von dir mitbringt, wird nicht
gerechnet. Er an Sie zuerſt, wenn du an
Ort und Stelle biſt, wo dich Gott hingeleiten
wolle durch ſeinen heiligen Engel, dem ich,
wie dir, eine gluͤckliche, gluͤckliche Reiſe wuͤn-
ſche. Ich haͤng’ an einem deiner Blick’, ich
weiß aber nicht, ob es der lezte war. So
hieng ich nie an deinem Mund, ſo feſt nie,
als an dieſem Blick. Was iſt aber in dei-
nem Auge? Schwermuth, tiefe Schwer-
muth? Um wen traureſt du, Lieber, um
wen? Kannſt du um wen anders trauren,
als um deine Mine? Iſt ſie tod, deine Mi-
ne? Hat ſie ausgekaͤmpft, den ſchweren
Kampf, die Dulderin? Mir liegt der Spruch
ſo tief in der Seele: ſey getreu bis in den
Tod, ſo will ich dir die Krone des Lebens
geben; daß die Krone des Lebens vor mei-
nen Augen ſchimmert. — Liebe und An-
dacht, pflegſt du zu ſagen, ſind zwey Lieder
auf eine Melodie. Iſt denn die Liebe nicht,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/117>, abgerufen am 25.11.2024.
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