Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

bey der väterlichen Belagerung ungewöhn-
lich beherzt. Er hatte nicht Ruh noch Rast,
mich von seiner Schwester zu grüßen, und mir
ihren Brief, das Handgeld, so er, als un-
ser Vertrauter, genommen, zu überreichen.
Hier ist er. Ich hatte nicht Zeit, den Ben-
jamin in seinen neuen Posten einzuführen.
Ein Brief von Minen! -- wie konnt' ich
das? Ich bespart' also das Introduktions-
geschäft' auf eine gelegenere Zeit. --


Gottlob! daß du noch in Curland bist,
und gottlob! daß ich noch von dir Abschied
nehmen kann. Gottlob! gottlob! -- Ich bin
sehr darüber bekümmert, daß es so unordent-
lich bey unserm lezten Gespräch hergieng.
In Wahrheit, ich weiß kein Wort von dem,
was du mir zu guter lezt gesagt hast, oder
hast du mir nichts zu guter lezt gesagt?
Nichts? -- Was noch ärger ist, und was
mich noch mehr bekümmert, darf ich dir
nicht sagen. Du wirst es leider! zu sehr,
zu sehr wißen, und dir darüber Gedanken
machen! Ich fühl es, daß ich selbst, daß ich
dir auch kein Sterbenswort gesagt -- nichts

zu

bey der vaͤterlichen Belagerung ungewoͤhn-
lich beherzt. Er hatte nicht Ruh noch Raſt,
mich von ſeiner Schweſter zu gruͤßen, und mir
ihren Brief, das Handgeld, ſo er, als un-
ſer Vertrauter, genommen, zu uͤberreichen.
Hier iſt er. Ich hatte nicht Zeit, den Ben-
jamin in ſeinen neuen Poſten einzufuͤhren.
Ein Brief von Minen! — wie konnt’ ich
das? Ich beſpart’ alſo das Introduktions-
geſchaͤft’ auf eine gelegenere Zeit. —


Gottlob! daß du noch in Curland biſt,
und gottlob! daß ich noch von dir Abſchied
nehmen kann. Gottlob! gottlob! — Ich bin
ſehr daruͤber bekuͤmmert, daß es ſo unordent-
lich bey unſerm lezten Geſpraͤch hergieng.
In Wahrheit, ich weiß kein Wort von dem,
was du mir zu guter lezt geſagt haſt, oder
haſt du mir nichts zu guter lezt geſagt?
Nichts? — Was noch aͤrger iſt, und was
mich noch mehr bekuͤmmert, darf ich dir
nicht ſagen. Du wirſt es leider! zu ſehr,
zu ſehr wißen, und dir daruͤber Gedanken
machen! Ich fuͤhl es, daß ich ſelbſt, daß ich
dir auch kein Sterbenswort geſagt — nichts

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0113" n="107"/>
bey der va&#x0364;terlichen Belagerung ungewo&#x0364;hn-<lb/>
lich beherzt. Er hatte nicht Ruh noch Ra&#x017F;t,<lb/>
mich von &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter zu gru&#x0364;ßen, und mir<lb/>
ihren Brief, das Handgeld, &#x017F;o er, als un-<lb/>
&#x017F;er Vertrauter, genommen, zu u&#x0364;berreichen.<lb/>
Hier i&#x017F;t er. Ich hatte nicht Zeit, den Ben-<lb/>
jamin in &#x017F;einen neuen Po&#x017F;ten einzufu&#x0364;hren.<lb/>
Ein Brief von Minen! &#x2014; wie konnt&#x2019; ich<lb/>
das? Ich be&#x017F;part&#x2019; al&#x017F;o das Introduktions-<lb/>
ge&#x017F;cha&#x0364;ft&#x2019; auf eine gelegenere Zeit. &#x2014;</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">G</hi>ottlob! daß du noch in Curland bi&#x017F;t,<lb/>
und gottlob! daß ich noch von dir Ab&#x017F;chied<lb/>
nehmen kann. Gottlob! gottlob! &#x2014; Ich bin<lb/>
&#x017F;ehr daru&#x0364;ber beku&#x0364;mmert, daß es &#x017F;o unordent-<lb/>
lich bey un&#x017F;erm lezten Ge&#x017F;pra&#x0364;ch hergieng.<lb/>
In Wahrheit, ich weiß kein Wort von dem,<lb/>
was du mir zu guter lezt ge&#x017F;agt ha&#x017F;t, oder<lb/>
ha&#x017F;t du mir nichts zu guter lezt ge&#x017F;agt?<lb/>
Nichts? &#x2014; Was noch a&#x0364;rger i&#x017F;t, und was<lb/>
mich noch mehr beku&#x0364;mmert, darf ich dir<lb/>
nicht &#x017F;agen. Du wir&#x017F;t es leider! zu &#x017F;ehr,<lb/>
zu &#x017F;ehr wißen, und dir daru&#x0364;ber Gedanken<lb/>
machen! Ich fu&#x0364;hl es, daß ich &#x017F;elb&#x017F;t, daß ich<lb/>
dir auch kein Sterbenswort ge&#x017F;agt &#x2014; nichts<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0113] bey der vaͤterlichen Belagerung ungewoͤhn- lich beherzt. Er hatte nicht Ruh noch Raſt, mich von ſeiner Schweſter zu gruͤßen, und mir ihren Brief, das Handgeld, ſo er, als un- ſer Vertrauter, genommen, zu uͤberreichen. Hier iſt er. Ich hatte nicht Zeit, den Ben- jamin in ſeinen neuen Poſten einzufuͤhren. Ein Brief von Minen! — wie konnt’ ich das? Ich beſpart’ alſo das Introduktions- geſchaͤft’ auf eine gelegenere Zeit. — Gottlob! daß du noch in Curland biſt, und gottlob! daß ich noch von dir Abſchied nehmen kann. Gottlob! gottlob! — Ich bin ſehr daruͤber bekuͤmmert, daß es ſo unordent- lich bey unſerm lezten Geſpraͤch hergieng. In Wahrheit, ich weiß kein Wort von dem, was du mir zu guter lezt geſagt haſt, oder haſt du mir nichts zu guter lezt geſagt? Nichts? — Was noch aͤrger iſt, und was mich noch mehr bekuͤmmert, darf ich dir nicht ſagen. Du wirſt es leider! zu ſehr, zu ſehr wißen, und dir daruͤber Gedanken machen! Ich fuͤhl es, daß ich ſelbſt, daß ich dir auch kein Sterbenswort geſagt — nichts zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/113
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/113>, abgerufen am 24.11.2024.