Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.
lage zum Geschmack. Alles zu berichtigen, ist ihre Sache. Man könnte den Geschmack eine Galanterie des Verstandes nennen. Er will sich bequemen. Der Mensch hat Appe- tit, heißt: der Wirth ißt an seiner Tafel gut. Der Mensch hat Geschmack, heißt: er macht, daß andere mit Appetit bey ihm eßen. Ein Genie trägt einen rothen Rock, oder so was; ein Geschmackvoller eine sanfte Farbe. Er will alle Leute bestechen, wenn man so sagen darf. Engländer haben Genie. Franzosen Geschmack. Deutsche beides. Wem es in einem Stück an Geschmack fehlt, wird schwer- lich irgendwo Geschmack zeigen. Der Ge- schmack ist aristocratischer Staat. Geschmack ist das allgemeine Gefallen. Gefühl ist ein Privatgefallen. Geschmack ist das Geschick, die Fähigkeit zu wählen, was jedem gefällt. Gefuhl hat man, Geschmack lernt man. -- Herr v. G. Von wem aber? Pastor. Die Pluralität entscheidet, nicht aber die Pluralität des Volcks, sondern von Leuten, die Gelegenheit gehabt haben, sich in der Welt umzusehen. Geschmackvolle Leute wißen zu treffen, was allgemein gefällt. Man hat indeßen Geschmack blos anderer wegen. Alles Schöne sucht und liebt man für die Ge- sell-
lage zum Geſchmack. Alles zu berichtigen, iſt ihre Sache. Man koͤnnte den Geſchmack eine Galanterie des Verſtandes nennen. Er will ſich bequemen. Der Menſch hat Appe- tit, heißt: der Wirth ißt an ſeiner Tafel gut. Der Menſch hat Geſchmack, heißt: er macht, daß andere mit Appetit bey ihm eßen. Ein Genie traͤgt einen rothen Rock, oder ſo was; ein Geſchmackvoller eine ſanfte Farbe. Er will alle Leute beſtechen, wenn man ſo ſagen darf. Englaͤnder haben Genie. Franzoſen Geſchmack. Deutſche beides. Wem es in einem Stuͤck an Geſchmack fehlt, wird ſchwer- lich irgendwo Geſchmack zeigen. Der Ge- ſchmack iſt ariſtocratiſcher Staat. Geſchmack iſt das allgemeine Gefallen. Gefuͤhl iſt ein Privatgefallen. Geſchmack iſt das Geſchick, die Faͤhigkeit zu waͤhlen, was jedem gefaͤllt. Gefuhl hat man, Geſchmack lernt man. — Herr v. G. Von wem aber? Paſtor. Die Pluralitaͤt entſcheidet, nicht aber die Pluralitaͤt des Volcks, ſondern von Leuten, die Gelegenheit gehabt haben, ſich in der Welt umzuſehen. Geſchmackvolle Leute wißen zu treffen, was allgemein gefaͤllt. Man hat indeßen Geſchmack blos anderer wegen. Alles Schoͤne ſucht und liebt man fuͤr die Ge- ſell-
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lage zum Geſchmack. Alles zu berichtigen,
iſt ihre Sache. Man koͤnnte den Geſchmack
eine Galanterie des Verſtandes nennen. Er
will ſich bequemen. Der Menſch hat Appe-
tit, heißt: der Wirth ißt an ſeiner Tafel gut.
Der Menſch hat Geſchmack, heißt: er macht,
daß andere mit Appetit bey ihm eßen. Ein
Genie traͤgt einen rothen Rock, oder ſo was;
ein Geſchmackvoller eine ſanfte Farbe. Er
will alle Leute beſtechen, wenn man ſo ſagen
darf. Englaͤnder haben Genie. Franzoſen
Geſchmack. Deutſche beides. Wem es in
einem Stuͤck an Geſchmack fehlt, wird ſchwer-
lich irgendwo Geſchmack zeigen. Der Ge-
ſchmack iſt ariſtocratiſcher Staat. Geſchmack
iſt das allgemeine Gefallen. Gefuͤhl iſt ein
Privatgefallen. Geſchmack iſt das Geſchick,
die Faͤhigkeit zu waͤhlen, was jedem gefaͤllt.
Gefuhl hat man, Geſchmack lernt man. —
Herr v. G. Von wem aber?
Paſtor. Die Pluralitaͤt entſcheidet, nicht
aber die Pluralitaͤt des Volcks, ſondern von
Leuten, die Gelegenheit gehabt haben, ſich in
der Welt umzuſehen. Geſchmackvolle Leute
wißen zu treffen, was allgemein gefaͤllt. Man
hat indeßen Geſchmack blos anderer wegen.
Alles Schoͤne ſucht und liebt man fuͤr die Ge-
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Zitationshilfe: | Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/502>, abgerufen am 23.07.2024. |