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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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nen -- ich wolt auch nicht meine Jugend
verklügeln, um wie viel --
Herr v. G. Sie kommt freylich nicht wie-
der --
Pastor. Der Frühling ist das beste Stück
im Jahr.
Herr v. G. Und was ists am Ende! Es
ist ein elend, jämmerlich, kräncklich Ding
mit aller Menschen Leben, von Mutterleibe
an, bis sie in die Erde begraben werden.
Das Alter und die Jugend sind kranck. Das
Alter ist hecktisch, die Jugend hat das hitzige
Fieber -- Die Lunge hat keine Nerven --
Pastor. Besonders aber ists, daß Leute,
die vorzüglich im Trauerspiel weinen können,
es selten bey Vorfällen des gemeinen Lebens
thun. Sie haben sich verwöhnt. Sie sehen
im gemeinen Leben keinen König, keinen
Kayser leiden, und wer leidet so schön, als
im Trauerspiel, wer so großmüthig! In
der Tragödie sieht man eine Sonne unter
Wolken. Drey Ungewitter begrüßen sich um
sie herum, und machen Allianz und ver-
schwören sich -- Die Sonne aber, ihrer
Größe bewußt, ruht, und dann und wann
blickt sie auf, um die verwaysete, um ihre Kö-
nigin bekümmerte Erde zu trösten -- Da
ist
D d 2
nen — ich wolt auch nicht meine Jugend
verkluͤgeln, um wie viel —
Herr v. G. Sie kommt freylich nicht wie-
der —
Paſtor. Der Fruͤhling iſt das beſte Stuͤck
im Jahr.
Herr v. G. Und was iſts am Ende! Es
iſt ein elend, jaͤmmerlich, kraͤncklich Ding
mit aller Menſchen Leben, von Mutterleibe
an, bis ſie in die Erde begraben werden.
Das Alter und die Jugend ſind kranck. Das
Alter iſt hecktiſch, die Jugend hat das hitzige
Fieber — Die Lunge hat keine Nerven —
Paſtor. Beſonders aber iſts, daß Leute,
die vorzuͤglich im Trauerſpiel weinen koͤnnen,
es ſelten bey Vorfaͤllen des gemeinen Lebens
thun. Sie haben ſich verwoͤhnt. Sie ſehen
im gemeinen Leben keinen Koͤnig, keinen
Kayſer leiden, und wer leidet ſo ſchoͤn, als
im Trauerſpiel, wer ſo großmuͤthig! In
der Tragoͤdie ſieht man eine Sonne unter
Wolken. Drey Ungewitter begruͤßen ſich um
ſie herum, und machen Allianz und ver-
ſchwoͤren ſich — Die Sonne aber, ihrer
Groͤße bewußt, ruht, und dann und wann
blickt ſie auf, um die verwayſete, um ihre Koͤ-
nigin bekuͤmmerte Erde zu troͤſten — Da
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[417/0429] nen — ich wolt auch nicht meine Jugend verkluͤgeln, um wie viel — Herr v. G. Sie kommt freylich nicht wie- der — Paſtor. Der Fruͤhling iſt das beſte Stuͤck im Jahr. Herr v. G. Und was iſts am Ende! Es iſt ein elend, jaͤmmerlich, kraͤncklich Ding mit aller Menſchen Leben, von Mutterleibe an, bis ſie in die Erde begraben werden. Das Alter und die Jugend ſind kranck. Das Alter iſt hecktiſch, die Jugend hat das hitzige Fieber — Die Lunge hat keine Nerven — Paſtor. Beſonders aber iſts, daß Leute, die vorzuͤglich im Trauerſpiel weinen koͤnnen, es ſelten bey Vorfaͤllen des gemeinen Lebens thun. Sie haben ſich verwoͤhnt. Sie ſehen im gemeinen Leben keinen Koͤnig, keinen Kayſer leiden, und wer leidet ſo ſchoͤn, als im Trauerſpiel, wer ſo großmuͤthig! In der Tragoͤdie ſieht man eine Sonne unter Wolken. Drey Ungewitter begruͤßen ſich um ſie herum, und machen Allianz und ver- ſchwoͤren ſich — Die Sonne aber, ihrer Groͤße bewußt, ruht, und dann und wann blickt ſie auf, um die verwayſete, um ihre Koͤ- nigin bekuͤmmerte Erde zu troͤſten — Da iſt D d 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/429>, abgerufen am 24.11.2024.