Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778. Vater. Beyde recht! warum sagt man aber sein Geheimniß lieber einem unordentli- chen guten Jungen, als einem abgemessenern nach Maaß und Gewicht, oder nach Grund- sätzen gut Handlenden? Herr v. G. Weil jedes Geheimniß etwas unordentliches, etwas unregelmäßiges an sich hat. Ich hab immer gedacht, Geheimniß und Wunder sind mit einander verwandt. Vatr. Warum wählt man den unor- dentlichen guten Jungen lieber zum Freunde? Herr v. G. Weil er ein Freund fürs Ge- heimniß ist -- Vater. Und warum eine Mutter just den wildesten, aufgewecktesten unter ihren Buben zum Liebling, der Vater den gesetztesten? Herr v. G. Die Weiber brauchen Leute, die sich balgen; die Männer Leute, die ver- nünftig eine Pfeife rauchen. -- Vater. Ich wolte fragen und antworten; allein meine Fragen haben ihren Mann ge- funden. Herr v. G. Nun geb ich Karten? was dencken Sie von dem monarchischen Staat? -- (daß dich! Wie komm ich auf den monar- chischen Staat) ich wollte sagen vom Des- potismus der Empfindung? -- Vater.
Vater. Beyde recht! warum ſagt man aber ſein Geheimniß lieber einem unordentli- chen guten Jungen, als einem abgemeſſenern nach Maaß und Gewicht, oder nach Grund- ſaͤtzen gut Handlenden? Herr v. G. Weil jedes Geheimniß etwas unordentliches, etwas unregelmaͤßiges an ſich hat. Ich hab immer gedacht, Geheimniß und Wunder ſind mit einander verwandt. Vatr. Warum waͤhlt man den unor- dentlichen guten Jungen lieber zum Freunde? Herr v. G. Weil er ein Freund fuͤrs Ge- heimniß iſt — Vater. Und warum eine Mutter juſt den wildeſten, aufgeweckteſten unter ihren Buben zum Liebling, der Vater den geſetzteſten? Herr v. G. Die Weiber brauchen Leute, die ſich balgen; die Maͤnner Leute, die ver- nuͤnftig eine Pfeife rauchen. — Vater. Ich wolte fragen und antworten; allein meine Fragen haben ihren Mann ge- funden. Herr v. G. Nun geb ich Karten? was dencken Sie von dem monarchiſchen Staat? — (daß dich! Wie komm ich auf den monar- chiſchen Staat) ich wollte ſagen vom Des- potismus der Empfindung? — Vater.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0421" n="409"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker> <p>Beyde recht! warum ſagt man<lb/> aber ſein Geheimniß lieber einem unordentli-<lb/> chen guten Jungen, als einem abgemeſſenern<lb/> nach Maaß und Gewicht, oder nach Grund-<lb/> ſaͤtzen gut Handlenden?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker> <p>Weil jedes Geheimniß etwas<lb/> unordentliches, etwas unregelmaͤßiges an<lb/> ſich hat. Ich hab immer gedacht, Geheimniß<lb/> und Wunder ſind mit einander verwandt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Vatr.</hi> </speaker> <p>Warum waͤhlt man den unor-<lb/> dentlichen guten Jungen lieber zum Freunde?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker> <p>Weil er ein Freund fuͤrs Ge-<lb/> heimniß iſt —</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker> <p>Und warum eine Mutter juſt den<lb/> wildeſten, aufgeweckteſten unter ihren Buben<lb/> zum Liebling, der Vater den geſetzteſten?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker> <p>Die Weiber brauchen Leute,<lb/> die ſich balgen; die Maͤnner Leute, die ver-<lb/> nuͤnftig eine Pfeife rauchen. —</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker> <p>Ich wolte fragen und antworten;<lb/> allein meine Fragen haben <hi rendition="#fr">ihren Mann</hi> ge-<lb/> funden.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker> <p>Nun geb ich Karten? was<lb/> dencken Sie von dem monarchiſchen Staat? —<lb/> (daß dich! Wie komm ich auf den monar-<lb/> chiſchen Staat) ich wollte ſagen vom Des-<lb/> potismus der Empfindung? —</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [409/0421]
Vater. Beyde recht! warum ſagt man
aber ſein Geheimniß lieber einem unordentli-
chen guten Jungen, als einem abgemeſſenern
nach Maaß und Gewicht, oder nach Grund-
ſaͤtzen gut Handlenden?
Herr v. G. Weil jedes Geheimniß etwas
unordentliches, etwas unregelmaͤßiges an
ſich hat. Ich hab immer gedacht, Geheimniß
und Wunder ſind mit einander verwandt.
Vatr. Warum waͤhlt man den unor-
dentlichen guten Jungen lieber zum Freunde?
Herr v. G. Weil er ein Freund fuͤrs Ge-
heimniß iſt —
Vater. Und warum eine Mutter juſt den
wildeſten, aufgeweckteſten unter ihren Buben
zum Liebling, der Vater den geſetzteſten?
Herr v. G. Die Weiber brauchen Leute,
die ſich balgen; die Maͤnner Leute, die ver-
nuͤnftig eine Pfeife rauchen. —
Vater. Ich wolte fragen und antworten;
allein meine Fragen haben ihren Mann ge-
funden.
Herr v. G. Nun geb ich Karten? was
dencken Sie von dem monarchiſchen Staat? —
(daß dich! Wie komm ich auf den monar-
chiſchen Staat) ich wollte ſagen vom Des-
potismus der Empfindung? —
Vater.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |