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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Farbe ohne Leinwand und Pinsel. Der Ver-
stand muß der Sinnlichkeit, und nicht diese
jenem untergeordnet seyn. Er ist der Com-
paß, der die Weltgegend zeigt, das Schiff
commandirt, und ihm die Richtung giebt.
Weltkenntniß heißt Menschenkenntniß, wie
das Haus nach dem Herrn, und nicht nach
Weib und Kind. --
Herr v. G. Was meinen Sie, Pastor! --
Man führt die Weiber bey der Rechten, um
sie obenan zu laßen. Unding! ich denck, Se.
Durchl. zur Rechten; allein ein Weib müßt
uns zur Lincken gehen, zum Beweis, daß sie
Schutz bedarf, und daß wir sie begleiten
oder beschützen. Es ist ein unnatürliches
Compliment, sie an der rechten Hand zu füh-
ren. Bey der Trauung ists, glaub ich,
nicht so!
Ich. Das Herz liegt ohne dies zur Lin-
cken.
(ich dacht an Minchen.)
Herr v. G. Zum ich, lieber Pastor, ge-
hört auch Lachen und Weinen, das eigent-
liche Lachen, das Lachen mit Leib und Seele,
ist blos dem Menschen eigen -- ich halte
viel aufs Lachen, und finds fürs beste Di-
gestiv.

Vater.
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Farbe ohne Leinwand und Pinſel. Der Ver-
ſtand muß der Sinnlichkeit, und nicht dieſe
jenem untergeordnet ſeyn. Er iſt der Com-
paß, der die Weltgegend zeigt, das Schiff
commandirt, und ihm die Richtung giebt.
Weltkenntniß heißt Menſchenkenntniß, wie
das Haus nach dem Herrn, und nicht nach
Weib und Kind. —
Herr v. G. Was meinen Sie, Paſtor! —
Man fuͤhrt die Weiber bey der Rechten, um
ſie obenan zu laßen. Unding! ich denck, Se.
Durchl. zur Rechten; allein ein Weib muͤßt
uns zur Lincken gehen, zum Beweis, daß ſie
Schutz bedarf, und daß wir ſie begleiten
oder beſchuͤtzen. Es iſt ein unnatuͤrliches
Compliment, ſie an der rechten Hand zu fuͤh-
ren. Bey der Trauung iſts, glaub ich,
nicht ſo!
Ich. Das Herz liegt ohne dies zur Lin-
cken.
(ich dacht an Minchen.)
Herr v. G. Zum ich, lieber Paſtor, ge-
hoͤrt auch Lachen und Weinen, das eigent-
liche Lachen, das Lachen mit Leib und Seele,
iſt blos dem Menſchen eigen — ich halte
viel aufs Lachen, und finds fuͤrs beſte Di-
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Vater.
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[403/0415] Farbe ohne Leinwand und Pinſel. Der Ver- ſtand muß der Sinnlichkeit, und nicht dieſe jenem untergeordnet ſeyn. Er iſt der Com- paß, der die Weltgegend zeigt, das Schiff commandirt, und ihm die Richtung giebt. Weltkenntniß heißt Menſchenkenntniß, wie das Haus nach dem Herrn, und nicht nach Weib und Kind. — Herr v. G. Was meinen Sie, Paſtor! — Man fuͤhrt die Weiber bey der Rechten, um ſie obenan zu laßen. Unding! ich denck, Se. Durchl. zur Rechten; allein ein Weib muͤßt uns zur Lincken gehen, zum Beweis, daß ſie Schutz bedarf, und daß wir ſie begleiten oder beſchuͤtzen. Es iſt ein unnatuͤrliches Compliment, ſie an der rechten Hand zu fuͤh- ren. Bey der Trauung iſts, glaub ich, nicht ſo! Ich. Das Herz liegt ohne dies zur Lin- cken. (ich dacht an Minchen.) Herr v. G. Zum ich, lieber Paſtor, ge- hoͤrt auch Lachen und Weinen, das eigent- liche Lachen, das Lachen mit Leib und Seele, iſt blos dem Menſchen eigen — ich halte viel aufs Lachen, und finds fuͤrs beſte Di- geſtiv. Vater. C c 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/415>, abgerufen am 24.11.2024.