Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.
braucht das Wort Naif, ich Laune; allein was beydes eigentlich sagen will, wißen wir, hohl mich der -- beyde nicht; ob wir es gleich gewiß so wißen, wie man das meiste weiß. So viel aber glaub ich, daß man nur von einer Frauen sagen kann, sie wäre naif; von unser einen aber, wir hätten Laune. -- -- Vater. Um Sie beym Wort zu halten, wenn man etwas philosophisches, etwas richtiges in der gemeinen Sprache sagt, ist man, dünckt mich, naif. In Einfalt rich- tig dencken und thun, heißt, naif seyn. Philosophie ohne Kunstwörter, würd ich eine naife Philosophie nennen. Launig ist man, wenn man, ohne auf sich acht zu haben, oder wenigstens diese Achtsamkeit merken zu laßen, spricht und handelt. Man kann auch, durch seinen Anzug, durch die Farbe im Kleid, Laune verrathen. Man könnte sagen, man wäre launig, wenn sich die Seele ohne Spie- gel angezogen hat. -- Herr v. G. Von der Laune auf die be- ste Welt. Wenn man dem Worte das Menschliche nimmt; könnte man sagen: Gott habe die Welt bey Laune gemacht. -- Was will man aber eigentlich mit der besten Welt? Leib- B b 4
braucht das Wort Naif, ich Laune; allein was beydes eigentlich ſagen will, wißen wir, hohl mich der — beyde nicht; ob wir es gleich gewiß ſo wißen, wie man das meiſte weiß. So viel aber glaub ich, daß man nur von einer Frauen ſagen kann, ſie waͤre naif; von unſer einen aber, wir haͤtten Laune. — — Vater. Um Sie beym Wort zu halten, wenn man etwas philoſophiſches, etwas richtiges in der gemeinen Sprache ſagt, iſt man, duͤnckt mich, naif. In Einfalt rich- tig dencken und thun, heißt, naif ſeyn. Philoſophie ohne Kunſtwoͤrter, wuͤrd ich eine naife Philoſophie nennen. Launig iſt man, wenn man, ohne auf ſich acht zu haben, oder wenigſtens dieſe Achtſamkeit merken zu laßen, ſpricht und handelt. Man kann auch, durch ſeinen Anzug, durch die Farbe im Kleid, Laune verrathen. Man koͤnnte ſagen, man waͤre launig, wenn ſich die Seele ohne Spie- gel angezogen hat. — Herr v. G. Von der Laune auf die be- ſte Welt. Wenn man dem Worte das Menſchliche nimmt; koͤnnte man ſagen: Gott habe die Welt bey Laune gemacht. — Was will man aber eigentlich mit der beſten Welt? Leib- B b 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0401" n="389"/> braucht das Wort Naif, ich Laune; allein<lb/> was beydes eigentlich ſagen will, wißen wir,<lb/> hohl mich der — beyde nicht; ob wir es<lb/> gleich gewiß ſo wißen, wie man das meiſte<lb/> weiß. So viel aber glaub ich, daß man<lb/> nur von einer Frauen ſagen kann, ſie waͤre<lb/> naif; von unſer einen aber, wir haͤtten<lb/> Laune. — —</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker> <p>Um Sie beym Wort zu halten,<lb/> wenn man etwas philoſophiſches, etwas<lb/> richtiges in der gemeinen Sprache ſagt, iſt<lb/> man, duͤnckt mich, naif. In Einfalt rich-<lb/> tig dencken und thun, heißt, naif ſeyn.<lb/> Philoſophie ohne Kunſtwoͤrter, wuͤrd ich eine<lb/> naife Philoſophie nennen. Launig iſt man,<lb/> wenn man, ohne auf ſich acht zu haben, oder<lb/> wenigſtens dieſe Achtſamkeit merken zu laßen,<lb/> ſpricht und handelt. Man kann auch, durch<lb/> ſeinen Anzug, durch die Farbe im Kleid,<lb/> Laune verrathen. Man koͤnnte ſagen, man<lb/> waͤre launig, wenn ſich die Seele ohne Spie-<lb/> gel angezogen hat. —</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker> <p>Von der Laune auf die be-<lb/> ſte Welt. Wenn man dem Worte das<lb/> Menſchliche nimmt; koͤnnte man ſagen: Gott<lb/> habe die Welt bey Laune gemacht. — Was<lb/> will man aber eigentlich mit der beſten Welt?<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B b 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Leib-</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [389/0401]
braucht das Wort Naif, ich Laune; allein
was beydes eigentlich ſagen will, wißen wir,
hohl mich der — beyde nicht; ob wir es
gleich gewiß ſo wißen, wie man das meiſte
weiß. So viel aber glaub ich, daß man
nur von einer Frauen ſagen kann, ſie waͤre
naif; von unſer einen aber, wir haͤtten
Laune. — —
Vater. Um Sie beym Wort zu halten,
wenn man etwas philoſophiſches, etwas
richtiges in der gemeinen Sprache ſagt, iſt
man, duͤnckt mich, naif. In Einfalt rich-
tig dencken und thun, heißt, naif ſeyn.
Philoſophie ohne Kunſtwoͤrter, wuͤrd ich eine
naife Philoſophie nennen. Launig iſt man,
wenn man, ohne auf ſich acht zu haben, oder
wenigſtens dieſe Achtſamkeit merken zu laßen,
ſpricht und handelt. Man kann auch, durch
ſeinen Anzug, durch die Farbe im Kleid,
Laune verrathen. Man koͤnnte ſagen, man
waͤre launig, wenn ſich die Seele ohne Spie-
gel angezogen hat. —
Herr v. G. Von der Laune auf die be-
ſte Welt. Wenn man dem Worte das
Menſchliche nimmt; koͤnnte man ſagen: Gott
habe die Welt bey Laune gemacht. — Was
will man aber eigentlich mit der beſten Welt?
Leib-
B b 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |